Der Zirkel Des Daemons
von einer Welle zur anderen. Eine leichte Übelkeit durchflutete Nick und er schloss die Augen.
»Aber ich sollte dich warnen«, sagte er. »Möglicherweise muss ich gleich kotzen - oder ich werde ohnmächtig.«
»Oh«, sagte Mae. »Wie sexy.«
Merkwürdigerweise veranlasste ausgerechnet diese Ankündigung Mae, sich von der Tür zu lösen, an der sie wie festgeklebt gestanden hatte. Sie kam zum Bett, zog ihren iPod aus der Tasche und fummelte daran herum, entwirrte die Ohrstöpsel, deren Kabel sie um das Gerät gewickelt hatte.
»Vielleicht brauchst du einfach nur eine Ablenkung«, sagte sie.
Unwillkürlich streckte Nick die Arme aus und zog sie zu sich aufs Bett. Mae stieß einen erschrockenen Laut aus, halb Keuchen, halb Lachen. Mit einem Ruck hatte er sie unter sich gerollt. Es waren seine Stärke und die Art, wie er sie anfasste, die die meisten Mädchen mochten.
Er schaute zu ihr hinunter, beugte sich dann zu ihr, hauchte ihr leicht ins Ohr und fühlte, wie sie zitterte. »Vielleicht«, murmelte er.
Die Morgensonne verwandelte die weißen Laken in pures Gold. Er sah das Aufblitzen in ihren Augen unter den schwer gewordenen Lidern und lächelte sie an. Er lag über ihr, hielt sie fest umklammert. Sein Gewicht ruhte auf seinen Armen und das Schwanken des Schiffes und ihr Ausatmen hoben ihre Hüften seinem Körper entgegen. Ihr Atem wurde zu einem Zittern, das sich langsam über ihren Leib ausbreitete. Sie hob die Hände und strich damit über die Wölbungen seiner angespannten Armmuskeln.
Er sollte das nicht tun. Alan mochte sie. Er war wütend auf Alan, aber er würde nicht ewig wütend sein. Alan war sein Bruder, und er sollte das nicht tun, aber Alan hatte zugelassen, dass er seekrank wurde, und Mae wollte ihn - Nick.
Alles war warm, weiß und golden und lächerlich pink, ihre Kurven und die zerknitterten Falten des Lakens, alles verschwamm und verzerrte sich, denn er verlor langsam das Bewusstsein.
Mae schob ihn sanft von sich und drehte ihn auf den Rücken. Er ließ es zu und legte einen Arm über die Augen.
»Ich möchte nicht, dass du ein falsches Bild von mir bekommst«, sagte Nick. »Unter normalen Umständen hättest du jetzt was erleben können.«
»Ich wollte sowieso gerade ein bisschen romantische Musik vorschlagen«, sagte Mae und bemühte sich tapfer, die Erregung in ihrer Stimme zu unterdrücken. Ihr Atem war warm und zitternd, genauso wie eben, als sie unter ihm gelegen hatte.
Sie steckte ihm einen Ohrstöpsel ihres iPod ins Ohr und den anderen in ihr eigenes. Dann legte sie sich neben ihn. Das Boot wiegte sie beide sanft hin und her, und Nick hätte sich wohlfühlen können, wenn ihm nicht so übel gewesen wäre. Er kämpfte darum, wach zu bleiben, während er der Musik zuhörte, die ihn vage an die Trommeln des Jahrmarkts der Kobolde erinnerte.
»Das ist irgendwie schön.«
»Vielleicht können wir mal zusammen zu einem Konzert gehen«, murmelte Mae.
»Vielleicht«, sagte Nick.
Maes warmes Gewicht zog seinen Körper leicht auf ihre Bettseite, zumindest schien es so. Aber vermutlich rückte er zu ihr, weil er genau dort sein wollte. Die Sonne malte staubig goldene Streifen in die Dunkelheit, ehe Nick die Augen schloss und die Trommeln sich dem Rhythmus seines Herzens anpassten. Mae hatte einen Fuß unter sein Bein geschoben, und kurz bevor er endgültig
das Bewusstsein verlor, spürte er, wie ihre Hand ihm sanft eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. Es war eine überflüssige Geste, aber sie war - wie die Musik - irgendwie schön.
Das Letzte, worüber er sich - nur kurz - Gedanken machte, war die Frage, ob sie ihn gerade um eine Verabredung gebeten hatte.
11
Antworten
D IE STRASSE IN DURHAM, in der Maries Schwester lebte, kam Nick vertraut vor. Er war sich sicher, dass er noch nie in Durham gewesen war. Die Stadt war ihm völlig unbekannt, aber als er den zerbeulten Wagen zwischen den glänzenden, sauberen Autos am Straßenrand abstellte, ging ihm auf, warum ihm die Straße so bekannt vorkam.
Sie erinnerte ihn an die Straße, in der Mae und Jamie wohnten, an ihr Haus und an die Häuser von Schulkameraden und Freundinnen, an deren Namen er sich nicht mehr erinnern konnte. Häuser mit sorgfältig gepflegten Gärten, frisch gestrichenen Haustüren und einem allumfassenden Hauch des Wohlstands. Hier, so besagten die üppig blühenden Blumenbeete, fühlten sich die Menschen wohl, die Familien waren in Sicherheit und - am allerwichtigsten - die Kinder wurden
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