Der Zirkus der Abenteur
plötzlich verschwunden ist. Der König ist fort, aber es ist niemand da, um ihn zu ersetzen.«
Gussel brach in Tränen aus. »Was ist mit meinem Onkel geschehen? Wo ist er? Ich will nicht König sein.«
»Halt den Mund!« sagte Jack wütend. »Soll alle Welt erfahren, daß du der Prinz bist? Wenn dich jemand verrät, wird der Graf dich sofort gefangennehmen lassen.
Geh in den Wagen und verhalte dich mucksmäuschenstill!«
Vorsicht, wilde Bären!
Hastig schob Jack auch die beiden Mädchen in Pedros Wagen. Welch ein Pech, daß die Kinder gerade inmitten dieses Aufruhrs beim Zirkus eintrafen! Alle Schausteller hatten ihre Wagen verlassen und standen aufgeregt schwatzend in kleinen Gruppen beieinander. Sie sahen recht fantastisch aus, denn die meisten hatten in der Hast nur Jacken und Mäntel über ihre Nachtkleider geworfen.
Ausgerechnet jetzt, da Gussel ins Lager kam, wimmelte der Platz von Menschen.
Auch Pedro machte sich Sorgen. Er wußte noch viel besser als Jack, in welche Ungelegenheiten die Zirkusleute geraten würden, wenn man Gussel bei ihnen entdeckte. Man würde bestimmt alle ohne Ausnahme ins Gefängnis werfen. Er zog Jack beiseite.
»Jack, ich muß Ma ins Vertrauen ziehen«, flüsterte er erregt. »Es geht nicht anders. Sie kann Gussel am besten bei sich verstecken.«
Jack blieb nichts anderes übrig, als seine Zustimmung zu geben. Besorgt blickte er Pedro nach, der zu seiner Mutter lief und heftig auf sie einredete. Dann verschwanden die beiden in Mas Wagen und machten die Tür hinter sich zu. Jack blickte zu Philipp hin. Dieser schien ganz verwirrt von dem Trubel zu sein, in den er so plötzlich geraten war.
Gussel und die Mädchen spähten neugierig aus dem Fenster von Pedros Wagen. Welch ein Menschengewühl, welch ein ohrenbetäubender Lärm! Lucy sehnte sich fast nach der Stille des Turmzimmers zurück. Was war denn eigentlich los? Wo war Jack? Warum ließ er sie schon wieder allein, anstatt ihr zu erklären, was das alles zu bedeuten hatte?
Nach einem Weilchen kam Pedro wieder aus Mas Wagen heraus. »Alles in Ordnung«, sagte er zu Jack. »Ma hat die Sache in die Hand genommen. Sie hat kein bißchen Angst davor, den Prinzen bei sich zu verstecken. So was macht ihr Spaß. Sie wird ihm Mädchenkleider anziehen und eine Schleife in die Haare binden. Und dann wird sie den Leuten erzählen, er sei ihre Enkelin und für ein paar Tage bei ihr zu Besuch.«
Jack kicherte. »Gussel wird wütend sein, wenn er als Mädchen herumlaufen soll, und ein furchtbares Theater machen.«
»Das wird Ma wenig rühren«, entgegnete Pedro. »Sie wird ihm ein paar Klapse geben, wenn er nicht folgsam ist. Und ihre Hand ist ziemlich hart. Ich will ihn gleich zu ihr bringen. Paß auf, bald wird kein Mensch Prinz Aloysius wiedererkennen!«
Er verschwand eilig. »Armer Gussel!« sagte Philipp grinsend. »Aber er wird ein wunderschönes Mädchen sein. Die Idee ist glänzend.«
Plötzlich ertönte lautes Rufen und Schreien von der anderen Seite des Lagers her. Die Menge drängte kreischend zu den beiden Jungens hin. »Die Bären!« hörten sie immer wieder rufen. »Die Bären sind ausgebrochen.«
Toni kam auf Jack zugestürzt. »Wo ist dein Freund?
Ach, da steht er ja. Er muß uns helfen. Die Bären sind los. Sie haben drei Stangen aus ihrem Käfig gebrochen.
Fank kann sich nicht aus dem Bett rühren.«
Philipp wußte noch gar nichts von den Bären. Rasch erklärte Jack ihm die Lage, während sie zu dem anderen Teil des Platzes liefen. »Hoffentlich kannst du etwas ausrichten, Philipp. Toni half mir, euch zu befreien, weil ich sagte, du würdest mit den Bären fertig werden. Es wäre ein großer Verlust für den Zirkus, wenn sie womöglich erschossen werden müßten.«
Einer der Bären befand sich noch in dem Käfig. Von dem Lärm der Menschen gereizt, fauchte und knurrte er furchterregend. Niemand wagte sich an ihn heran. Die beiden Schimpansen heulten vor Entsetzen. Madame Fifi sah nach, ob ihr Käfig auch gut verschlossen war, und lief dann eiligst zu den Jungens.
»Geht nicht zu nah an den Bären ran, Jungens! Es ist lebensgefährlich. Und nehmt euch auch vor den beiden anderen in acht, die ausgebrochen sind.«
»Man müßte das Loch im Käfig verstellen«, meinte Philipp. »Sonst kommt der dritte Bär auch noch raus.«
Keiner wollte in die Nähe des Käfigs gehen. Aber die kleine Madame Fifi zeigte Mut und Tatkraft. Sie holte eine brennende Fackel und steckte sie direkt vor dem Loch in den Erdboden. Der
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