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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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Beispiel an Tausende von technischen Ausdrücken erinnern, doch wenn er versuchte, sie auszusprechen, brachte er nur ein Grunzen hervor. Er entsann sich seiner Kindheit und seiner Freunde und seiner Ausbildung. Politik. Musik. Sport. Die Erde wollte für ihn nicht sterben.
    Dann blieb nur noch eine Erklärung: beide Welten waren real, und war in die falsche geraten.
    Die Sonne stand kurz vor dem Untergehen, und plötzlich ertönte ein Rasseln vom Gitter an dem einen Zellenende her.
    »Zeit zum Großreinemachen!« verkündete Innulari in zufriedenem Ton. »Und etwas zu trinken, wie Ihr es wolltet, mein Lord.«
    Wasser ergoß sich in die Zelle, stieg ständig höher. Es war an fünf Männern vorbeigeflossen, als es Wallie erreichte, und bei dem Dreck mußte er würgen – was qualvolle Folgen für seine geschundenen Bauchmuskeln hatte –, doch bald hatte es eine gewisse Tiefe und war verhältnismäßig sauber und angenehm kühl. Die Gefangenen lehnten sich darin zurück und plantschten und lachten … und tranken. Dieses zweimal täglich stattfindende Großreinemachen war die einzige Gelegenheit, im Gefängnis an Wasser zu kommen, versicherte ihm Innulari.
    Das Gericht verurteilt Sie zu einer Woche Amöbenruhr und zwei Wochen Septikämie auf Bewährung. Es wird sich in Kürze mit Ihrem Fall befassen.
    Nachdem das Wasser durch das andere Gitter abgeflossen war, wurde das Abendessen in einem Korb hereingebracht, der in der Reihe weitergereicht wurde – Küchenabfälle, meist verschimmeltes Obst und ein paar Fetzen verdorbenes Fleisch und harte Krusten, die Wallie auch nicht angerührt hätte, wenn er das Gefühl gehabt hätte, daß seine Zähne fest im Kiefer sitzen. Alles einigermaßen Genießbare war aus dem Korb gefischt worden, bevor er bei ihm ankam. Eine Woche in dieser Zelle würde einem Todesurteil gleichkommen.
    Dann ging die Sonne mit tropischer Plötzlichkeit unter; das Cello-Gesumme der Fliegen schwoll zum tausendfachen Violin-Gezirp der Stechmücken an. Innularis entschlossener Optimismus schwand offenbar ebenfalls, und er versank in Grübeln. Wallie drang mit Fragen nach den Einzelheiten seines Glaubens in ihn und hörte die gleiche schlichte Auffassung von der Reinkarnation, die er von dem Sklavenmädchen gehört hatte.
    »Das liegt doch auf der Hand, nicht wahr?« fragte der Heilkundige und hörte sich an, als ob er sich selbst ebenso überzeugen wollte wie Wallie. »Der Fluß ist die Göttin. So wie der Fluß von Stadt zu Stadt fließt, fließen unsere Seelen von Leben zu Leben.«
    Wallie hatte seine Bedenken. »Ihr könnt Euch nicht an frühere Leben erinnern, oder? Was ist dann die Seele, wenn sie nicht unser Geist ist?«
    »Ganz anders«, entgegnete der kleine Mann beharrlich. »Die Städte sind die Leben und der Fluß ist die Seele. Das ist eine Allegorie, an die wir uns halten können. Oder nehmen wir Perlen auf einer Schnur.«
    »Oh, Himmel und Hölle!« sagte Wallie leise. Er versank in Schweigen. Man konnte nicht eine Stadt auf einem Fluß bewegen, aber man konnte den Knoten einer Schnur lösen, die Perlen vertauschen und die Schnur wieder zubinden.
    Das Tageslicht verblaßte, und die unglaubliche Schönheit der Ringe stand am Himmel über ihm, schmale silberne Bänder, die den bloßen Mond so nichtssagend wie eine Glühbirne erscheinen lassen würden. Fr dachte an die Pracht des Wasserfalls, den sie das Göttliche Gericht nannten. Dies war eine sehr schöne Welt.
    Selbst ohne die Schmerzen, die ihm seine Verletzungen bereiteten, hätte er kaum schlafen können. Beinkrämpfe waren allen Gefangenen gemein; in der Zelle war entschieden mehr Stöhnen als Schnarchen zu hören. Das System der Ringe, das die Sklavin als Traumgott bezeichnet hatte, erwies sich als brauchbarer Zeitmesser. Der dunkle Fleck, der durch den Schatten des Planeten entstand, stieg kurz nach Sonnenuntergang im Osten auf und wanderte über den Himmel. Um Mitternacht sah er ihn in Form von zwei ganz genau gleichen Bogen, und in der Morgendämmerung verblaßte er.
    Ein neuer Tag brach an, und er war noch nicht zur Wirklichkeit erwacht.
    Der Morgen kam mit hellem Schein, und der Tag versprach so heiß wie der gestrige zu werden. Der Heilkundige Innulari machte einen enttäuschten Eindruck und gestand schließlich, daß an sehr regnerischen Tagen, wenn die Göttin den Platz des Göttlichen Gerichts nicht sehen konnte, keine Exekutionen stattfanden.
    Das Großreinemachen begann und hörte wieder auf. Die Gefangenen brüteten in

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