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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
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Junge lachte. »Ihr habt gedacht, Ihr bekämt die Aufgabe, einen Drachen zu töten oder eine Revolte niederzuschlagen oder so etwas, ja? Eure Mission ist viel wichtiger als all dieses.«
    »Aber, Meister, ich verstehe nicht.«
    »Natürlich nicht. Ich spreche in delphischen Rätseln – das ist alter Brauch bei den Göttern.«
    Wallie schlug die Augen nieder; da stand er auf seinem Felssims, und seine Euphorie, die ihn gerade noch durchwallt hatte, schwand dahin. Warum gibt man einem Mann eine Aufgabe und sagt ihm dann nicht, um was es sich handelt? Ihm fiel dazu nur ein Grund ein – der Halbgott mißtraute ihm. Worauf richtete sich sein Mißtrauen – Wallies Mut oder seine Ehrenhaftigkeit? Dann zuckten plötzlich seine Nackenmuskeln, so daß sein Kopf nach hinten gerissen wurde und er dem grinsenden Jungen auf dem höhergelegenen Felsen ins Gesicht sehen mußte.
    »Das ist wie die Sache mit dem Glauben«, sagte der Junge sanft. »Ihr werdet selbst Entscheidungen treffen müssen. Eine große Tat, die aus eigenem Willen vollbracht wird, befriedigt die Götter mehr als eine, die auf Befehl ausgeführt wird.«
    Das hörte sich für Wallie verdächtig nach einer Spielregel an. Der Gott schien seinen Gedanken lesen zu können, und er runzelte die Stirn, dann lachte er.
    »Geh und sei ein Schwertkämpfer, Shonsu! Sei ehrenhaft und tapfer. Und freue dich des Lebens, denn die Welt ist zu deinem Ergötzen da. Deine Aufgabe wird dir schon noch enthüllt werden. Du wirst mein Rätsel zur gegebenen Zeit lösen.«
    »Werde ich Oberster Anführer der Tempelwache sein, so wie es der Priester wollte?«
    Der Junge schnaubte: »Warum Perlen vor die Säue werfen? Der Tempel braucht keinen Shonsu.« Er bedachte Wallie mit einem seiner durchdringenden Blicke und fuhr fort: »Genausogut hätte man Napoleon Bonaparte zum König von Elba machen können!«
    »Aber was hat es mit diesem Bruder auf sich?« fragte Wallie beharrlich weiter. »Ihr habt mir die Sprache und besondere Fähigkeiten verliehen, Meister, aber was ist mit den anderen Erinnerungen? Heimat und Familie? Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll oder wie mein Bruder aussieht. Ich werde einen Fehler nach dem anderen machen, schon bei so einfachen Dingen wie Tischmanieren …«
    Wieder brach das Kind in schallendes Gelächter aus. »Wer wird an den Tischmanieren eines Siebentstuflers Anstoß nehmen? Wenn ich Euch sämtliche Erinnerungen Shonsus geben würde, dann wäret Ihr Shonsu und würdet die gleichen Fehler machen, die er gemacht hat. Ihr denkt nicht wie Shonsu, und das gefällt mir. Ihr werdet Anleitungen bekommen.«
    Wallie war erleichtert. »Es werden also weitere Wunder geschehen?«
    »Vergeßt nicht, was ich Euch über Wunder gesagt habe«, warnte der Junge mit hochgezogenen Augenbrauen. »Die Götter vollbringen Wunder, wenn ihnen danach zumute ist, selten auf Bitten und niemals auf Befehl. Honakura ist ein guter Mann – ihm könnt Ihr trauen. Bringt ihn dazu, daß er Euch die Geschichte über das siebzehnte Sutra erzählt. Sie paßt sehr gut zu Eurem Fall.« Er lächelte über einen ganz persönlichen Witz, und Wallie fragte sich, ob das Sutra in diesem Moment durch ein Wunder geändert worden war. Er hatte nicht vor zu fragen.
    »Ja, Meister.«
    Der Junge zog erneut die Augenbrauen hoch und musterte ihn von oben bis unten. »Ihr seht immer noch nicht wie ein Held aus, eher wie dessen Opfer. Das Schwert hat Euch die Göttin geschickt, aber ich habe auch ein Geschenk für Euch.«
    Er brach ein Stück von dem Kristall ab und warf es hinunter. Wallie fing es auf. In seiner Hand glitzerte eine silberne Haarspange mit einem riesigen Saphir als Gegenstück zu dem Juwel auf dem Schwert; blaues Licht funkelte und blitzte darin. Wieder konnte er hören, wie hinter seinem Rücken die Messer gewetzt wurden, doch er dankte dem Gott, raffte seine Haare hoch und befestigte sie mit der Spange.
    »Schon deutlich besser!« sagte der Junge. »Ihr hattet keinen besonders guten Eindruck von dieser Welt, als wir durch die Stadt gingen. Wie denkt Ihr jetzt darüber?«
    »Jetzt weiß ich es besser, Meister«, sagte Wallie schnell, aber voller Ernst. »Es gab die gleiche Armut auf der Erde, und ich habe dort nichts dagegen unternommen. Es ist nicht sehr lange her, daß auch dort Diebe mit dem Tode bestraft oder Gefangene gefoltert wurden. Das geschieht auch heute noch vielerorts. Ich werde mir nicht mehr anmaßen, der Göttin Ratschläge zu geben, wie Sie Ihre Welt zu führen hat.«
    Der

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