Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Duncan
Vom Netzwerk:
erschöpfter Geist konnte sich sehr gut vorstellen, wie eine Gedankenblase wie in einem Comic-strip aus Nnanjis Kopf aufstieg. Darin stand etwa folgendes: »Erst Hardduju, dann Tarru, dann die Sache mit den Heiligen Müttern, und dann unterhält er sich auch noch mit Göttern! Wuff! Was für ein Boß!«
    Walli hegte die feste Hoffnung, daß es zu keinen weiteren Duellen mehr kommen würde, also brauchte er ihn nicht mehr; doch wie würde man einen so anhänglichen Gefolgsmann los, ohne ihn zu beleidigen und zu verletzen?
    Sie zogen hintereinander durch schmale Korridore, Treppen hinunter, durch weitere Gänge, und schließlich traten sie auf der Rückseite des Tempels ins grelle Tageslicht. Dort standen einige große Häuser, vor denen Sklaven Blumenbeete pflegten, samtglatte Rasen mit Sicheln in Bestform trimmten und Wasserkarren umherzogen. Sie kamen an den Rand eines großen Hofs, den Wallie kannte – es war der Paradeplatz, den er am Morgen überquert und dann noch einmal überquert hatte.
    »Halt!« krächzte er. Er wankte schlaff zu einer niedrigen Mauer, die den letzten der Blumengärten umgab. Er sank an der Mauer unter einem schattenspendenden Baum nieder und zerfloß förmlich. Üppige Blüten schickten ihm das Summen von Bienen und einen betäubenden Duft. Er mußte seit Stunden auf den Beinen sein, denn die Sonne neigte sich bereits, und die Schatten wurden länger. Er bettete den Kopf eine Zeitlang in die Hände. Erschöpfung, Mangel an Essen, emotionale Überbeanspruchung …
    Nach einer Weile blickte er auf und sah einen zu Tode erschreckten Ausdruck im Gesicht seines Vasallen.
    »Mir geht’s gut«, sagte Wallie. »Ich hatte nur einen etwas anstrengenden Tag.« Er erntete ein unsicheres Nicken. »Ich habe gesagt, daß ich mich mit Göttern unterhalte, verdammt, nicht daß ich einer bin!« Das löste ein sehr schwaches Lächeln aus. »Setz dich her zu mir, Nnanji. Erzähl mir, warum niemand um Hardduju trauert.«
    Nnanji faltete seine spinnendünnen Glieder und ließ sich neben seinem Gebieter an der Wand nieder. Vorsicht und Verachtung jagten sich abwechselnd in seinem Gesicht, bis die Verachtung schließlich gewann. »Er war verabscheuungswürdig, mein Gebieter, verletzte seine Eide. Er ließ sich bestechen.«
    Wallie nickte. Kein Wort über Sadismus?
    Dann wagte Nnanji einen Vorstoß. »Mein Gebieter? Warum haben die Priester überhaupt je einen solchen Mann zum Obersten Anführer gemacht? Er war eine Schande für unsere ehrenwerte Zunft.«
    »Vielleicht war er damals, als sie ihn mit dem Amt betrauten, noch ein anständiger Mensch?«
    Nnanji sah ihn verständnislos an. »Mein Gebieter?«
    »Macht verdirbt den Charakter, Nnanji!« Das war ein Problem, mit dem er sich an diesem Tag schon eingehend beschäftigt hatte, doch für Nnanji war diese Idee offenbar vollkommen neu, und Wallie erklärte es ihm, indem er ihm erzählte, wie ihm die Menge zugejubelt hatte.
    »Ich danke Euch, mein Gebieter«, sagte sein Vasall feierlich. »Ich werde daran denken, wenn ich dereinst einen hohen Rang einnehme.« Nnanji war natürlich ein Idealist und somit ein Romantiker.
    Wallie sagte hoffnungsvoll: »Nnanji, die Schwierigkeiten sind jetzt wohl ausgestanden. Möchtest du, daß ich dich aus deinen Eiden entlasse?«
    Nnanjis Gesichtsausdruck ließ erkennen, daß er lieber durch eine Getreidemühle gedreht oder blutsaugenden Zecken zum Fraß vorgeworfen würde. »Nein, mein Gebieter!«
    »Nicht einmal aus dem dritten? Das ist ein ziemlich fürchterlicher Eid, mein guter Eleve. Ich kann dir alles mögliche befehlen – Morde, abartige, ja widerwärtige Handlungen.«
    Nnanji grinste nur – sein Held würde so etwas niemals tun. »Ich fühle mich geehrt, an ihn gebunden zu sein, mein Gebieter.« Wahrscheinlich war er glücklicher als je in seinem Leben, da er in seinen eigenen Augen in dem Glanz strahlte, den der Ruhm auf ihn abwarf.
    »Nun gut«, sagte Wallie zögernd. »Doch wenn du irgendwann von diesem Gelöbnis entbunden werden möchtest, mußt du es sofort sagen. Das Sutra sagt, daß es aufgehoben werden kann, sobald die unmittelbare Notwendigkeit nicht mehr besteht.«
    Nnanji öffnete den Mund, schloß ihn wieder, sah Wallie an, dann seine Füße; dann beschloß er, etwas zu wagen.
    »Ihr habt eine Mission für die Göttin zu erfüllen, mein Gebieter«, sagte er leise. Er hatte es nicht als Frage ausgesprochen, doch er wurde offensichtlich von Neugier gequält.
    Nnanji bildete sich also ein, daß er dabei auch

Weitere Kostenlose Bücher