Der zögernde Schwertkämpfer
alle dran!«
Wallie lachte und hatte das Gefühl, daß er in Zukunft ziemlich gut mit ihm auskommen würde. »Das hoffe ich doch sehr«, sagte er. »Ich habe jedenfalls die Absicht, meine zu behalten! Aber hör zu, Vasall, ich weiß, daß ich ein guter Schwertkämpfer bin, und einige sehr merkwürdige Dinge sind mir widerfahren. Ich werde versuchen, dir ein guter Herr und Lehrmeister zu sein, aber ich bin kein Supermann. Ich bin nicht einer von diesen Helden, wie sie in den Epen gepriesen werden.«
»Nein, mein Gebieter«, antwortete Nnanji höflich.
Das war das einzige, was er Wallie nicht glaubte.
BUCH DREI
WIE DER SCHWERTKÄMPFER
EINEN NAMEN ERHIELT
Die Mannschaftsunterkünfte befanden sich in einem massiven Marmorbau mit Baikonen und Bogenfenstern, der etwa an einen maurischen Palast des Mittelalters erinnerte. Tarru hatte ihre Ankunft ankündigen lassen, und so wurde der Besucher von der Dienerschaft begrüßt; sie bestand ausschließlich aus Veteranen oder Versehrten Kämpfern, die die Waffen aus der Hand gelegt hatten. Der oberste Kammerherr hatte zwar noch alle Gliedmaßen, doch er war alt und gebeugt, hielt den grauen Kopf wie eine Schildkröte vorgereckt, und seine Gesten waren unter dem gekrümmten Rumpf versteckt, als er sich als Coningu der Fünften Stufe vorstellte. Mit geübtem Auge erfaßte er Wallies Zustand auf den ersten Blick, verkürzte die Formalitäten und fragte nach den Bedürfnissen seiner Lordschaft.
»Ein heißes Bad, Verbände, Essen, ein Bett?« Coningu nickte einem Untergebenen zu und ging dann voraus auf einer Marmortreppe, deren Breite für eine vierspurige Autobahn ausgereicht hätte. Offenbar waren alle Gebäude, die dem Tempel angegliedert waren, nach dem gleichen gigantischen Maßstab errichtet worden, und die Decken waren so hoch, daß man drei Treppenabsätze erklimmen mußte, um das nächste Stockwerk zu erreichen. Wallie wagte nicht, sich umzusehen, aus Angst, er könnte Blutspuren auf jeder Stufe hinterlassen, die die Sklaven wegwischen müßten. Endlich kamen sie im oberen Stockwerk an und gingen durch einen Korridor von entsprechenden Ausmaßen, bis Coningu eine Tür öffnete und zur Seite trat.
Wallie war beeindruckt. Der Raum war groß und luftig – der Boden aus glattem Holz mit prächtigen Teppichen darauf, Wände aus kühlem Marmor mit leuchtenden Wandbehängen und eine unglaublich hohe getäfelte Decke mit verblaßten Fresken, die aus der Sixtinisehen Kapelle hätten stammen können. Es standen vier Betten darin und etliche andere Möbelstücke, doch der Raum war so weitläufig, daß er nicht im geringsten vollgestopft wirkte. Dann bemerkte er, daß Coningu zu einer anderen Tür weiterging – dies war erst der Vorraum.
Das eigentliche Gästezimmer war dreimal so groß, mit einem Bett von der Größe eines Schwimmbeckens. Fenster mit heruntergelassenen Jalousien gingen zu beiden Seiten auf Balkone hinaus und ließen einen angenehm kühlen Lufthauch durch den Raum streifen. Die Teppiche und Wandbehänge waren vorzügliche Kunstwerke, und das Holz strahlte in poliertem Glanz. Nnanjis Gesichtsausdruck nach zu schließen, hatte er diesen Teil der Unterkünfte noch nie gesehen und war überwältigt.
»Was hältst du davon?« murmelte Wallie und hoffte, daß es Coningu nicht hörte. »Reicht uns das, oder sollen wir sehen, ob es die Straße weiter runter noch was Besseres gibt?«
Nnanji starrte ihn verwirrt an. Coningu hatte es gehört und lächelte mit einem Seitenblick, der keine Regung verriet.
»Es ist großartig«, beeilte sich Wallie ihm zu versichern. »Eines Königs würdig.«
»Es hat bestimmt schon viele davon beherbergt, mein Lord«, erwiderte der Kammerherr geschmeichelt.
Wallie konnte sich einen kleinen Scherz nicht verkneifen. »Knastbrüder auch schon? Wißt Ihr, wo ich letzte Nacht geschlafen habe?«
Über Coningus Gesicht huschte ein spöttisches Lächeln. »Auch die, mein Lord, möchte ich annehmen. Das Tempelgericht mußte sich schon mehrmals umstimmen lassen.«
Für den Augenblick hatte Wallie seine wunden Füße vergessen, und er sah sich gründlich um. Er entdeckte einen Klingelzug und einen schweren faßgroßen Behälter, verziert mit Nymphen und Blumen im Halbrelief. Er kam zu dem Schluß, daß das der Nachttopf sein mußte. Die verzierten Wandlampen bestanden offenbar aus purem Gold. Eine wuchtige geschnitzte Truhe war voll mit Florettdegen, Fechtmasken und Hanteln – alles, was ein Schwertkämpfer im Urlaub sich
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