Der Zorn der Götter
behelligen musste. Wenn ich irgendetwas für Sie tun kann – wenn Sie irgendetwas brauchen –, stehe ich Ihnen jederzeit zu Diensten.«
Diane brachte kaum ein Wort hervor. »Vielen Dank. Ich … danke Ihnen.« Sie wandte sich um und ging wie betäubt hinaus.
Als Diane in die Eingangshalle kam, hörte sie, wie die Frau an der Rezeption mit jemandem sprach. »Wenn man abergläubisch wäre, könnte man meinen, es läge ein Fluch auf der KIG. Und jetzt auch noch Ihr Mann, Mrs. Harris. Wir waren alle völlig fassungslos, als wir von dieser schrecklichen Sache erfuhren. So zu sterben ist einfach furchtbar.«
Solche Worte kamen Diane sehr bekannt vor. Was war dem Mann zugestoßen? Diane drehte sich um, um festzustellen, mit wem die Empfangsdame sprach. Es war eine hinreißend aussehende junge Afroamerikanerin, die eine schwarze Hose und einen seidenen Rollkragenpulli trug. Sie hatte einen großen Smaragdring und einen mit Diamanten besetzten Ehering an den Fingern. Diane hatte mit einem Mal das Gefühl, dass sie unbedingt mit ihr sprechen musste.
Als sie gerade zu ihr gehen wollte, kam Tanners Sekretärin an die Rezeption. »Mr. Kingsley würde jetzt gern mit Ihnen sprechen.«
Diane blickte Kelly Harris nach, als sie in Tanners Büro verschwand.
Tanner erhob sich und begrüßte Kelly. »Danke, dass Sie gekommen sind, Mrs. Harris. Hatten Sie einen angenehmen Flug?«
»Ja, danke.«
»Darf ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee oder …?«
Kelly schüttelte den Kopf.
»Ich bin mir darüber im Klaren, wie schwer es zurzeit für Sie sein muss, Mrs. Harris, aber ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen.«
Im Überwachungsraum betrachtete Retra Tyler Kelly auf dem Bildschirm, während sie das Gespräch aufzeichnete.
»Sind Sie und Ihr Mann gut miteinander ausgekommen?«, fragte Tanner.
»Sehr gut.«
»Würden Sie sagen, dass er ehrlich zu Ihnen war?«
Kelly schaute ihn verdutzt an. »Wir hatten keine Geheimnisse voreinander. Mark war der ehrlichste und offenste Mensch, den ich jemals kennen gelernt habe. Er …« Sie stockte und konnte kaum weiter sprechen.
»Hat er des Öfteren mit Ihnen über seine Arbeit gesprochen?«
»Nein. Marks Arbeit war sehr … kompliziert. Wir haben kaum darüber gesprochen.«
»Hatten Sie und Mark viele russische Freunde?«
Kelly blickte ihn verständnislos an. »Mr. Kingsley, ich weiß nicht, was diese Fragen …«
»Hat Ihr Mann Ihnen erzählt, dass er ein großes Geschäft abschließen wollte und demnächst eine Menge Geld verdienen würde?«
Kelly wurde allmählich ungehalten. »Nein. Aber wenn dem so gewesen wäre, hätte es mir Mark bestimmt erzählt.«
»Hat Mark jemals eine Olga erwähnt?«
Kelly hatte mit einem Mal ein ungutes Gefühl. »Mr. Kingsley, was soll das Ganze eigentlich?«
»Die Pariser Polizei hat in der Hosentasche Ihres Mannes eine Mitteilung gefunden. Darin ist von einer Belohnung für gewisse Auskünfte die Rede, und sie ist mit ›Alles Liebe, Olga‹ unterschrieben.«
Kelly saß da wie vom Donner gerührt. »Ich … ich weiß nicht, was …«
»Aber Sie sagten doch, er hätte mit Ihnen über alles gesprochen.«
»Ja, aber …«
»Aus dem, was wir bislang in Erfahrung bringen konnten, schließen wir, dass Ihr Mann offenbar etwas mit dieser Frau zu tun hatte und …«
»Nein!« Kelly sprang auf. »Das sieht Mark ganz und gar nicht ähnlich. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass wir keinerlei Geheimnisse voreinander hatten.«
»Aber irgendein Geheimnis muss er gehabt haben, und das hat Ihren Mann das Leben gekostet.«
Kelly wurde mit einem Mal schwindlig. »Sie – Sie müssen mich entschuldigen. Ich fühle mich nicht wohl.«
Er wirkte plötzlich zerknirscht. »Das kann ich verstehen. Ich möchte Ihnen helfen, so weit ich kann.« Tanner reichte ihr seine geprägte Visitenkarte. »Unter dieser Nummer können Sie mich jederzeit erreichen, Mrs. Harris.«
Kelly nickte, ohne ein Wort hervorzubringen, und ging blind vor Tränen hinaus.
Kellys Gedanken überschlugen sich, als sie das Gebäude verließ. Wer war Olga? Was hatte Mark mit den Russen zu tun? Und warum sollte er …?
»Entschuldigen Sie bitte. Mrs. Harris?«
Kelly wandte sich um. »Ja?«
Eine attraktive Blondine stand vor dem Firmengebäude.
»Ich heiße Diane Stevens. Ich würde gern mit Ihnen sprechen. Auf der anderen Straßenseite gibt es ein Café, wo wir …«
»Tut mir Leid. Ich … ich kann jetzt nicht reden.« Kelly wollte weitergehen.
»Es geht um Ihren Mann.«
Kelly
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