Der Zorn der Götter
dass Mark der Star des Abends war. Er wollte es mir aus lauter Bescheidenheit nicht verraten. Kelly sah, wie Mark aufstand und unter dem Beifall des Publikums auf die Bühne ging.
»Er hat mir kein Wort davon gesagt«, sagte Kelly zu Sam Meadows.
Meadows lächelte. »Das ist typisch Mark.« Er musterte Kelly einen Moment lang. »Wissen Sie, er ist hoffnungslos in Sie verliebt. Er möchte Sie heiraten.« Er stockte einen Moment. »Ich kann nur hoffen, dass es keine schmerzliche Erfahrung für ihn wird.«
Als Kelly das hörte, bekam sie mit einem Mal ein schlechtes Gewissen. Ich kann Mark nicht heiraten. Er ist ein toller Freund, aber ich bin nicht in ihn verliebt. Was habe ich bloß getan? Ich will ihm nicht wehtun. Vielleicht sollte ich lieber nicht mehr mit ihm ausgehen. Niemals könnte ich einem Mann das geben, was er von einer Frau erwartet. Wie soll ich es ihm nur sagen?
»Haben Sie überhaupt gehört, was ich gesagt habe?«
Dianes aufgebrachte Stimme riss Kelly aus ihren Träumereien. Der prachtvolle Ballsaal löste sich in Wohlgefallen auf, und sie war wieder in einem heruntergekommenen Hotelzimmer, zusammen mit einer Frau, der sie am liebsten nie begegnet wäre.
»Tanner Kingsley hat gesagt, jemand holt uns in einer halben Stunde ab«, sagte Diane mit drängendem Tonfall.
»Das haben Sie mir schon gesagt. Na und?«
»Er hat nicht gefragt, wo wir sind.«
»Vermutlich nimmt er an, dass wir noch in Ihrer Wohnung sind.«
»Nein. Ich habe ihm gesagt, dass wir auf der Flucht sind.«
Einen Moment lang herrschte Schweigen. Kelly spitzte den Mund zu einem lautlosen, lang gezogenen »Oh«.
Sie drehte sich um und warf einen Blick auf die Uhr, die auf dem Nachttisch stand.
Der chinesische Portier blickte auf, als Flint das Foyer des Mandarin Hotels betrat. »Kann ich Ihnen helfen?« Er sah Flints Grinsen und lächelte ebenfalls.
»Meine Frau und ihre Freundin sind vor kurzem hier abgestiegen. Meine Frau ist blond. Ihre Freundin ist ’ne Schwarze, ein heißer Zahn. Welches Zimmer haben sie?«
»Zimmer zehn, aber ich kann Sie leider nicht durchlassen. Sie müssen vorher anru …«
Flint hob eine mit Schalldämpfer bestückte 45er Ruger und jagte dem Portier eine Kugel in die Stirn. Dann schob er die Leiche hinter die Rezeption und ging mit gezückter Pistole den Gang entlang. Vor Zimmer Nummer zehn blieb er stehen, trat einen Schritt zurück, stürmte dann mit der Schulter voran vorwärts und brach die Tür auf.
Im Zimmer war keiner, aber er hörte, dass im Bad die Dusche lief. Er ging zur Badezimmertür und stieß sie auf. Die Dusche war voll aufgedreht, der zugezogene Plastikvorhang wogte hin und her. Flint gab vier Schüsse auf den Vorhang ab, wartete einen Moment und zog ihn dann auf.
Hier war niemand.
Von einem Imbiss auf der anderen Straßenseite aus hatten Diane und Kelly zugesehen, wie Flint mit seinem Geländewagen vorfuhr und in das Hotel ging.
»Mein Gott«, hatte Kelly gesagt, »das ist der Mann, der mich kidnappen wollte.«
Sie warteten eine Weile. Als Flint ein paar Minuten später wieder herauskam, grinste er wie eh und je, aber sein Gesicht war vor Wut verzerrt.
Kelly wandte sich an Diane. »Da zieht Godzilla seines Weges. Wie soll’s jetzt weitergehen?«
»Wir müssen von hier weg.«
»Und wohin? Die überwachen bestimmt sämtliche Flughäfen, Bahnhöfe und Busbahnhöfe …«
Diane dachte einen Moment lang nach. »Ich kenne einen Ort, an dem keiner an uns rankommt.«
»Lassen Sie mich raten. Das Raumschiff, das Sie hierher gebracht hat?«
25
Auf dem Neonschild über der Tür stand WILTON HOTEL FOR WOMEN.
Kelly und Diane gingen ins Foyer und trugen sich unter falschen Namen ein. Die Frau an der Rezeption reichte Kelly einen Schlüssel. »Suite Nummer vier-zwo-vier. Haben Sie Gepäck?«
»Nein, wir …«
»Es ging verloren«, warf Diane ein. »Morgen früh müsste es hier sein. Übrigens, unsere Männer wollen uns demnächst abholen. Könnten Sie sie auf unser Zimmer schicken und …«
Die Frau an der Rezeption schüttelte den Kopf. »Tut mir Leid. Männer dürfen nicht nach oben.«
»Oh?« Diane bedachte Kelly mit einem zufriedenen Lächeln.
»Wenn sie sich hier unten mit Ihnen treffen möchten …«
»Ist schon gut. Dann müssen sie eben ohne uns zurechtkommen.«
Suite Nummer 424 bestand aus einem geschmackvoll eingerichteten Wohnzimmer mit einer Couch, mehreren Sesseln, Tischen und einem Kleiderschrank und einem Schlafzimmer mit zwei bequem aussehenden
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