Der Zorn der Götter
herum.«
Kelly blickte Diane ungläubig an. »Wissen Sie etwa nicht, wohin wir gehen wollen?«
»Ich weiß es, wenn wir dort sind.«
Wieso bin ich bloß umgekehrt?, fragte sich Kelly.
Während der Fahrt saßen sie schweigend nebeneinander. Nach knapp zwanzig Minuten überquerten sie die Brooklyn Bridge.
»Wir suchen ein Hotel«, erklärte Diane dem Fahrer.
»Wollen Sie ein nettes Hotel? Ich kenne eins. Das Adams. Es wird Ihnen gefallen.«
Das Adams Hotel war ein vierstöckiger Ziegelbau mit einer Markise über dem Eingang und einem Portier, der die Gäste an der Tür empfing.
»Gefällt es Ihnen?«, fragte der Fahrer, als das Taxi am Straßenrand hielt.
»Das sieht gut aus«, sagte Diane.
Kelly sagte nichts.
Der Portier begrüßte sie, als sie aus dem Taxi stiegen.
»Guten Tag. Steigen Sie bei uns ab?«
Diane nickte. »Ja.«
»Haben Sie Gepäck?«
»Die Fluggesellschaft hat unsere Koffer verschlampt«, erwiderte Diane rasch. »Können wir hier irgendwo einkaufen und uns ein paar Kleidungsstücke besorgen?«
»Am Ende des Blocks ist ein sehr schönes Damenbekleidungsgeschäft. Aber vielleicht möchten Sie vorher einchecken. Dann können Sie sich Ihre Sachen direkt auf Ihr Zimmer schicken lassen.«
»Gut. Sind Sie sicher, dass noch ein Zimmer für uns frei ist?«
»Um diese Jahreszeit sollte das kein Problem sein.«
Der Angestellte an der Rezeption reichte ihnen die Anmeldeformulare. Kelly unterschrieb ihres und sagte laut: »Emily Brontë.«
Diane warf dem Mann an der Rezeption einen kurzen Blick zu, um festzustellen, ob ihm der Name irgendwie bekannt vorkam. Nein.
Diane trug sich unter Mary Cassatt ein.
Der Angestellte nahm die Anmeldescheine. »Möchten Sie mit Kreditkarte bezahlen?«
»Ja, wir …«
»Nein«, warf Diane rasch ein.
Kelly blickte sie an und nickte zögernd.
»Gepäck?«
»Das kommt noch. Wir sind gleich wieder da.«
»Sie haben Suite Nummer fünf-eins-fünf.«
Der Angestellte blickte ihnen hinterher, als sie hinausgingen. Zwei wahre Schönheiten. Und allein. Was für ein Jammer.
Das Geschäft hieß »For Madame« und bot alles, was das Herz begehrte. Hier gab es Damenkleidung jedweder Art, aber auch eine Lederwarenabteilung, in der man Handtaschen und Koffer kaufen konnte.
Kelly blickte sich um und sagte: »Sieht so aus, als hätten wir Glück gehabt.«
Eine Verkäuferin kam zu ihnen. »Kann ich Ihnen behilflich sein?«
»Wir sehen uns nur um«, erklärte ihr Diane.
Die Verkäuferin sah zu, wie die beiden sich mit suchenden Blicken durch die einzelnen Abteilungen bewegten.
»Schauen Sie!«, sagte Kelly. »Strümpfe.« Sie nahm ein halbes Dutzend. Diane tat es ihr gleich.
»Strumpfhosen …«
»BHs.«
»Slips.«
Nach kurzer Zeit hatte jede von ihnen beide Arme voller Wäschestücke.
Die Verkäuferin kam herbeigeeilt, um ihnen behilflich zu sein, und trug die Einkäufe der ungewöhnlichen Kundinnen zum Kassentisch, während Diane und Kelly ihren Einkauf fortsetzten.
Kelly betrachtete eine Reihe Hosen, die an einem Ständer hingen. Sie suchte vier aus und wandte sich dann an Diane.
»Man weiß ja nie, wann wir wieder zum Einkaufen kommen.«
Diane nahm ebenfalls vier Hosen und ein gestreiftes Sommerkleid.
»Das können Sie nicht tragen«, sagte Kelly. »Mit Streifen wirken Sie zu dick.«
Diane wollte das Kleid bereits zurückhängen, warf dann einen Blick zu Kelly und reichte es der Verkäuferin. »Ich nehme das hier.«
Die Verkäuferin sah voller Erstaunen zu, wie Kelly und Diane die übrigen Ständer durchgingen. Am Ende hatten sie vier Koffer voller Kleidung gekauft.
Kelly schaute sich die Sachen an und grinste. »Das sollte eine Weile reichen.«
Als sie zur Kasse kamen, fragte die Kassiererin: »Möchten Sie bar oder per Kreditkarte bezahlen?«
»Mit Kredit …«
»Bar«, sagte Diane.
Kelly und Diane öffneten ihre Handtaschen und teilten sich die Rechnung. Beide hatten den gleichen Gedanken: Allmählich wird das Bargeld knapp.
»Wir wohnen im Adams«, sagte Kelly zu der Kassiererin.
»Könnten Sie uns das vielleicht …«
»Möchten Sie, dass wir Ihnen die Sachen liefern? Selbstverständlich. Wie heißen Sie?«
Kelly zögerte einen Moment. »Charlotte Brontë.«
Diane warf ihr einen kurzen Blick zu und sagte rasch:
» Emily. Emily Brontë.«
Kelly erinnerte sich wieder. »Richtig.«
Die Kassiererin betrachtete sie mit großer Verwunderung. Sie wandte sich an Diane. »Und wie heißen Sie?«
»Ich … äh …« Diane überlegte
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