Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle

Titel: Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
Vom Netzwerk:
erzählst, werde ich dir ein Gift ins Essen mischen, das dich deiner Manneskraft für immer beraubt.«
    Einen Moment lang zögerte der Bote verdutzt, dann ging er mit gesenktem Haupt voran.
    »Ich habe nichts gehört«, murmelte er schließlich, worauf sie antwortete: »Dann ist es ja gut.«
    Nachdenklich folgte sie ihm. In ihrer Heimat wäre sie vielleicht vorsichtiger gewesen, wenn der Gastgeber sie zu so später Stunde zu sich rufen ließ. Unter anderen Umständen wäre sie davon ausgegangen, dass der Voivode ein gewisses persönliches Interesse an ihr hatte. Aber das hier war weder Ştens Art, noch gingen seine Gefühle für sie über eine väterliche Zuneigung hinaus, dessen war sie sich sicher. Ihre Gedanken wanderten zu Voica, die sich wegen eines kleinen Ausrutschers derartige Sorgen machte. Natürlich war es nicht sonderlich schlau, auf die honigsüßen Worte des erstbesten Galans hereinzufallen. Andererseits erschien Mihales der jungen Dyrierin nicht gerade wie ein notorischer Weiberheld. Im Gegenteil, er war schüchtern, und sie hatte ihn schon einmal mit einer einfachen Frage so sehr aus der Fassung gebracht, dass er gestottert hatte. Die Vermutung lag nahe, dass er durchaus ernste Absichten
hatte. Und wenn nicht: es hat ihr gefallen. Ihm doch hoffentlich auch, und dann ist ja alles gut. Warum musste in Wlachkis selbst ein kleines Liebesabenteuer eine so große Bedeutung besitzen? Barbaren!
    Als der Diener sie durch den Vorsaal in die große Halle führte, war sie verblüfft. Mit dieser Versammlung von Menschen an den Tischen hatte sie nicht gerechnet. Und dann fiel ihr Blick auf die Wesen, die sich im hinteren Teil des Saals befanden, und ihr stockte der Atem. Sie wusste sofort, um was für Kreaturen es sich handelte; immerhin hatte ihr Vater selbst eine Abhandlung über Trolle geschrieben. Doch die Beschreibungen zu lesen war etwas vollkommen anderes, als die gewaltigen, fremdartigen Wesen leibhaftig zu sehen. Der eine war an die drei Schritt groß, die beiden anderen noch größer. Die Menschen an den Tischen wirkten neben ihnen beinahe zwergwüchsig.
    »Artaynis, ich hoffe, wir haben Euch nicht geweckt?«, fragte Şten, der sich am anderen Ende der Halle erhob. Neben ihm saßen Ionnis und Natiole, die sie beide anblickten. Als Ionnis ihr ein rasches Lächeln schenkte, schlug ihr Herz einen Schlag lang schneller. Seine Freude, sie zu sehen, war offenkundig. Ebenso offenkundig wie der mürrische Gesichtsausdruck Natioles.
    »Nein, ich war noch wach«, erklärte sie und ging langsam an den Tischen vorbei auf den Voivoden zu. Nur im vorderen Teil der Halle waren Kerzen und Schalen aufgestellt worden. Im hinteren Bereich herrschte zwischen den Säulen Dunkelheit, in die sich zwei der Trolle zurückgezogen hatten. Der dritte stand weiter vorn, direkt bei Şten, und er schien Artaynis mit freundlicher Neugier anzublicken, auch wenn sie sich nicht sicher war, ob sie den Ausdruck auf seinem grauen Antlitz richtig deuten konnte. Sie fragte sich, ob die Haut, die wie Stein aussah, wohl ebenso hart war.
    »Wir haben Fragen zur Geschichte Eurer Heimat, die
keiner in dieser Runde beantworten konnte«, sagte der Voivode mit lauter Stimme. »Deshalb haben wir Euch rufen lassen. Die anderen, die Ihr hier seht, gehören meinem Rat an. Und die Trolle sind unsere Gäste.«
    Dann begann der Voivode, die Mitglieder seines Beraterstabes aufzuzählen. Schon nach wenigen Namen verlor Artaynis die Übersicht und nickte nur stets freundlich, wenn ein weiterer Würdenträger vorgestellt wurde. Zwischendurch huschten ihre Blicke immer wieder zurück zu den Trollen, deren Anblick sie faszinierte. Es war weniger ihre Exotik, die sie beeindruckte, sondern vielmehr die beinahe schon greifbare Körperlichkeit. Diese Wesen nahmen ihren Platz selbstbewusst und stolz ein, und sie strahlten dieses Selbstbewusstsein spürbar aus.
    Ihr Vater hatte manchmal von seinen Begegnungen mit den Trollen berichtet, und die zahlreichen Kinder im Haus hatten seinen gruseligen Geschichten von hauerbewehrten Menschenfressern nur allzu gern gelauscht. Mit an die Stirn gelegten Fingern hatte er die Hörner gezeigt und war fauchend und knurrend hinter der kreischenden Schar hergelaufen, nur um sich schließlich von ihnen zu Boden ringen zu lassen, als sie sich von Kindern in die mächtigen Helden der Sagen verwandelten. Die Erinnerung ließ sie lächeln, und endlich war Şten mit seiner Vorstellung fertig.
    »Ich hoffe, man wird mir verzeihen, wenn ich mir

Weitere Kostenlose Bücher