Der Zorn der Trolle - Hardebusch, C: Zorn der Trolle
Pflanzen, modrig und süßlich. Genug Essen für einen ganzen Stamm, für viele Stämme. Die Dreeg hatten Azot die Kaverne gezeigt, ihre gewaltige Höhe, die neu geschlagenen Tunnel für das Wasser, all die Arbeit der Zwerge, die er mit allen Sinnen spüren konnte.
Sie hatten die Kaverne verwüstet, so viel Nahrung mitgenommen, wie sie tragen konnten, und waren weitergezogen. So muss es sein! Wer sein Leben an Orte und Dinge bindet, verliert es zusammen mit ihnen. In seinem tiefsten Inneren wusste Azot, dass er anders war. Und dass diese Andersartigkeit ihn stark machte, stärker als Mensch oder Zwerg, stärker sogar als die alten Trolle, die verzweifelt an ihrer Lebensweise festhielten. Man konnte ihn nicht verletzen, indem man ihm etwas nahm, denn er besaß nichts, was für ihn einen Wert hatte. Wer ihn töten wollte, musste zu ihm kommen und kämpfen, und Azot fürchtete keinen Gegner und keinen Kampf. Er sehnte sich vielmehr danach.
Kerr hatte das verstanden. Das konnte Azot in den Worten des Trolls hören. Aber Kerr war zu lange bei den Menschen gewesen und hatte zu viel auf andere Trolle gehört. So konnte er Azot zwar verstehen, aber er teilte nicht die Macht, über die Andas Brut verfügte und die aus Nichtachtung entsprang. Kerrs Herz hing an Dingen und an Trollen, ja sogar an Menschen. Eine Schwäche, die Azot bei sich niemals zulassen würde.
Ein Dreeg kam über und durch die Welt. Der Troll war fast an seinem Ziel angelangt. Wieder hatte er einen Ort aufgesucht, den alle anderen mieden. Einen Ort des Todes.
Seine Schritte waren unhörbar, doch er wusste, dass sie dennoch wahrgenommen wurden. Seine Bewegungen waren geschmeidig und lautlos, doch er wusste, dass er bereits entdeckt war. Grimmig fletschte er die Zähne. Die Jagd war umso besser, wenn nicht klar war, wer die Beute war und wer der Jäger.
Die Stille in dem breiten Gang war allumfassend. Aber über dem Geruch des Steins lag noch eine andere Note. Hier und da ein scharfer, trockener Geruch, geradezu beißend.
Seine Klaue strich über die Wand, und er spürte Widerstand. Er war sehr nah herangekommen. Erneut ein Dreeg, die wundervolle Klarheit des Herzschlags, die Umarmung der Welt. Azot wurde eins mit seiner Beute, mit seinem Jäger.
Sie brach aus der Wand hervor, dort, wo er den Tunnel gespürt hatte. Sie war schnell, glitt halb auf dem Boden, halb an der Wand entlang. Ihre langen Beine klackten auf dem harten Fels.
Geduckt warf sich Azot ihr entgegen, fing ihr Gewicht auf und riss sie herum. Ihre scharfen Beine kratzten über seine Haut, hinterließen Striemen. Sie zuckte vor, und ihr Geruch stieg in seine Nüstern, wild und stark; eine würdige Gegnerin. Er wollte sie packen, doch mit einer Drehung wand sie sich aus seinem Griff, fuhr herum und schlug ihre Mandibeln in sein Bein. Schmerz zuckte von der Wunde bis in seinen Bauch, feurig gleißend, wie das verhasste Licht der Zwerge.
Brüllend ließ er die Faust niedersausen, traf die Spinne auf den Rücken. Noch ein Schlag, und ihr harter Panzer knackte bereits unter der Wucht seiner Pranken. Wieder biss sie zu, pumpte tödliches Gift in seinen Leib. Voller Zorn griff Azot sie an einem Vorderbein und schleuderte sie herum. Zappelnd flog sie in den Gang, während Azot schwer atmend ihr noch zuckendes Bein zu Boden warf
und ihr nachsetzte. Sie versuchte zu fliehen, vielleicht vor Schmerzen oder aus Angst oder weil sie ihrem Gift vertraute, aber der Troll ließ sie nicht entkommen.
Er sprang sie an, drückte sie zu Boden und schlug ihr die Faust auf den Kopf. Ihre verbliebenen Beine kratzten über den Fels, sie schüttelte sich, aber Azot war gnadenlos in seiner Wut. Wieder und wieder schlug er zu, zerbrach ihren Panzer, zerquetschte ihre Augen, bis er ihren Schädel zu Brei geschlagen hatte und seine Faust blutfeucht war. Erst als sie sich nicht mehr bewegte, ließ er von ihr ab.
Als er sich keuchend erhob, zuckte der Schmerz wieder durch seine Seite. Er konnte das Gift in sich spüren, brennend und heiß, wie es ihn auffressen wollte. Es labte sich an seinen Eingeweiden und brannte sich eine feurige Spur durch seine Muskeln. Mit einem Seufzen rutschte der Troll an der Wand in die Knie. Sein Atem wurde langsamer, als die Schmerzen seine Brust erreichten. Vorsichtig tastete er nach der Wunde, wo sein Fleisch bereits wulstig hervortrat und sich langsam auflöste. Dies war eine von den Spinnen mit den gelben Flecken gewesen, keine Braune. Die Braunen spannten Netze in den Tunneln, die
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