Der Zorn des Highlanders
Gefühle im Zaum zu halten, als sie die Tränen ihrer Frauen trockneten. Es wunderte ihn nicht, dass jeder seiner Tante Bethia besonders viel Aufmerksamkeit schenkte und sich besonders viel Mühe mit ihr gab. Trotz der schrecklichen Erfahrungen ihrer Tochter Sorcha hatte sich Bethia während der jüngsten Schwierigkeiten erstaunlich gut gehalten, während all der Wochen, in denen man nichts über das Schicksal ihrer anderen Tochter Gillyanne wusste. Bestimmt waren diese Tage für sie unendlich qualvoll gewesen, doch erst heute sah Payton seine Tante Bethia einem Zusammenbruch nahe. Sie war zwar zierlich, doch offensichtlich sehr viel stärker, als er je angenommen hatte. Dieser Gefühlsausbruch bestätigte ihn allerdings darin, dass er die beiden Boten zu Recht bei den Wachen gelassen und seiner Familie die Neuigkeiten alleine überbracht hatte.
»Wo sind sie?«, wollte sein Vater wissen.
»Auf Cairnmoor, in der Obhut eines Sir Cameron MacAlpin«, antwortete ihm Payton.
»Warum hat er sie nicht nach Hause geschickt?«, fragte seine Mutter.
»Weil er im Gegenzug für die beiden etwas haben will.«
»Lösegeld? Wie viel will er?«, fragte Sir Eric. »Ich gebe Lösegeldforderungen nur ungern nach, aber …«, er warf einen Blick auf seine Frau, auf Bethias geballte Fäuste, nahm sie in seine und hauchte einen Kuss darauf, »… wir werden alles tun, um unsere kleine Gilly zurückzubekommen.«
»Und deine Schwester«, bestätigte Sir Nigel, der seinen Sohn eingehend musterte. »Wie viel?«
»Das ist die falsche Frage. Ihr solltet lieber fragen: Wen?«, antwortete Payton ruhig.
»Wen?« Nachdem seine Mutter einen Augenblick in tiefer Nachdenklichkeit versunken war, riss sie die Augen auf. »MacAlpin! Merde, das ist doch dieses verkommene Mädchen, oder nicht?«
»Gisèle, gibt es da etwas, das du mir vorenthalten hast?« Nigel sprach gelassen, aber ihm war seine Verärgerung deutlich anzumerken.
»Nein, Maman, lass es mich erklären«, sagte Payton. »Als ich das letzte Mal am Hof war, war auch ein junges Mädchen da, das versucht hat, seine Tricks an mir auszuprobieren. Da sie aus gutem Haus stammt und am Hof einen Ehemann finden sollte, tat ich mein Bestes, um ihr aus dem Weg zu gehen. Ein paar Mal zwang mich dieses Mädchen dazu, ihr meine Abneigung deutlicher zu zeigen, als mir lieb war. Es stellte sich aber heraus, dass sie nicht an Weigerungen gewöhnt war. Nach meiner Rückkehr hierher habe ich gedacht, dass diese Geschichte vorbei ist. Doch dann erhielt ich Nachricht von ihrem Vormund. Sie beschuldigte mich der Vergewaltigung.« Payton hob die Hand, um die lautstarken Unmutsbekundungen zum Schweigen zu bringen, auch wenn sie ihn erfreuten. »Er forderte mich auf, unverzüglich nach Cairnmoor zu kommen, um das Mädchen, das ich geschändet hätte, zu heiraten – eine Lady Katherine MacAlpin.«
Nigel fluchte.
»Ich fange an, unser Problem zu verstehen.«
»Mein Problem«, warf Payton ein und beeilte sich, seine Geschichte weiterzuerzählen. »Ich habe darauf geantwortet, dass sie lügt, und den Mann aufgefordert, erst einmal Zeugen zu finden, die etwas anderes behaupten können.«
»Nicht sehr diplomatisch.« – »Nein, aber ich fühle mich dem Mädchen gegenüber nicht verpflichtet. Darauf haben sie mich beschuldigt, ich hätte sie geschwängert. Auch das habe ich entschieden abgestritten. Na ja, das Ganze ging noch eine Zeit hin und her, aber dann war plötzlich Ruhe. Ich habe geglaubt, dass die Wahrheit schließlich doch ans Tageslicht gekommen ist, und seither nicht mehr daran gedacht – vielleicht nur gelegentlich, weil ich eine Entschuldigung der MacAlpins für angebracht hielt.« Payton sah auf den Brief hinunter, den er in der Hand hielt. »Es scheint, als hätte Katherines Vormund nur auf die Rückkehr ihres Bruders, Sir Cameron, gewartet.«
»Und jetzt beschuldigt dich Sir Cameron der Vergewaltigung?«
»Irgendetwas muss ans Licht gekommen sein, denn das tut er nicht. Aber Katherine behauptet immer noch, dass ich ihr Liebhaber war und der Vater ihres Kindes bin. Wenn ich nach Cairnmoor gehe und seine Schwester als Braut akzeptiere, wird er uns Avery und Gillyanne zurückgeben.«
»Wie sind unsere Mädchen ihm in die Hände gefallen?«
»Er ist scheinbar im Sold eines gewissen Sir Charles DeVeau gestanden.« Payton grinste flüchtig über den fantasievollen Fluch, den seine Mutter ausspie. »Er hat sich aber geweigert, an dem Angriff auf die Lucette teilzunehmen, und wollte weg von
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