Der Zorn des Highlanders
eigenen Regeln. Er schaute stirnrunzelnd in die Richtung, in der sie verschwunden war. Zwar hatte er sie in dem Gemach untergebracht, das an seines anschloss. Aber es hätte ihn nicht überrascht, wenn alle Türen fest verriegelt gewesen wären. Stattdessen hieß ihn Avery mit einem Lächeln und all der Leidenschaft, die ein Mann sich nur wünschen konnte, in ihren Armen willkommen. Sie kleidete sich beständig auf eine Art, die für seine Augen ein Festmahl war. Sie betrug sich, als ob zwischen ihnen alles in schönster Ordnung sei, als ob das Ende ihrer Beziehung nicht schon in nächster Nähe liegen würde. Und sie war entzückend liebenswürdig, verweigerte sich ihm nie, wo auch immer er sie aufspürte. Dahinter musste ein Plan stecken. Er fand nur nicht heraus, was sie damit zu erreichen hoffte.
»Machen dich diese Mädchen zum Trinker, Junge?«
»Das ist der Überlegung wert, Iain«, murmelte er und lächelte den älteren Mann matt an. »Jedes Mal, wenn wir uns zum Essen niedersetzen, erwarte ich, dass sie mit ihrem Besteck brutal aufeinander losgehen.«
Iain nickte. »Diese geballte weibliche Wut, die in der Luft liegt, kann einem Mann den Appetit verderben und seiner gesunden Verdauung schwer zusetzen.«
»Es ermüdet mich.«
»Ja, du siehst müde aus, Junge.«
Leargan lachte und schüttelte den Kopf. »Unser Laird ist nicht nur müde, weil er dem wütenden Krieg zwischen den Mädchen aus dem Weg gehen will. Wenn er nicht davor davonrennt, dann rollt er sich mit …«
»Leargan«, knurrte Cameron, überrascht, dass Leargan im Begriff war, eine so wenig schmeichelhafte Äußerung über Avery zu machen.
»Ach, Cousin, du weißt doch, dass ich Avery niemals beleidigen würde. Vermutlich ist es der Neid, der aus mir spricht. Ich würde für ein Mädchen, das so süß und feurig, so bereitwillig und leidenschaftlich ist, mein bestes Schlachtross hingeben. Man findet nicht oft Mädchen, die die körperliche Liebe wirklich genießen.« Leargan zwinkerte. »Zumindest klang es heute Nachmittag in den Stallungen so.« Er und Iain lachten, als Cameron rot wurde.
»Offensichtlich muss ich ein bisschen vorsichtiger sein.« Cameron legte die Stirn in Falten und trommelte mit den Fingern auf die Lehne seines Sitzes. »Genau genommen glaube ich, dass Avery etwas ausheckt.«
»Um Gottes willen«, schimpfte Leargan mit lachender Stimme. »Und was könnte das sein? Dich auszulaugen, damit du nach ihrer Abreise jahrelang für keine andere Frau mehr zu gebrauchen bist?«
Cameron beschloss, die Ironie seines Cousins zu übergehen. »Sie ist zu liebenswürdig.« Er warf seinen Cousins finstere Blicke zu, als beide die Augen verdrehten. »Ich schicke sie weg. Ich zwinge ihren Bruder dazu, eine Frau zu heiraten, von der er wiederholt gesagt hat, dass er sie nicht will. Da ist es doch nicht töricht, sich zu wundern, dass sie sich benimmt, als sei alles in Ordnung, dass es keinen Ärger und keinen Streit gibt und, verdammt noch mal, dass sie mich noch immer in ihrem Bett willkommen heißt. Avery ist ein stolzes Mädchen mit beträchtlichem Temperament. Warum ist sie so liebenswürdig? «
»Nun, zu Katherine ist sie eindeutig nicht liebenswürdig«, stellte Iain fest.
»Das stimmt. Gelegentlich frage ich mich, ob ich ihnen eine Wache zuteilen soll, um sicherzustellen, dass sie sich nicht gegenseitig umbringen.« Cameron fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Ich habe allerdings erwartet, dass sich einiges – eine ganze Menge – von dieser Wut gegen mich richtet.«
»Vielleicht versteht Avery, dass du keine andere Wahl hast.«
»Schon, aber manchmal habe ich den Eindruck, sie wartet darauf, dass ich einen anderen Weg finde, um dieses Problem zu lösen.«
»Das war wahrscheinlich der Fall, bevor sie gesehen hat, dass Katherine tatsächlich ein Kind erwartet«, warf Leargan ein.
»Avery bestreitet beharrlich, dass ihr Bruder der Vater ist«, erinnerte ihn Cameron.
»Aber das bedeutet, dass du einer Schwester helfen musst, die unverheiratet schwanger ist und inzwischen schon einen dicken Bauch bekommt. Die Zeit reicht wirklich nicht, um herauszufinden, wer nun recht hat und wer nicht, oder ob Lügen erzählt wurden. Das Kind braucht einen Vater. Katherine beschuldigt Sir Payton. Du hast keine andere Wahl, als diesen Mann so bald wie möglich vor den Altar zu holen. Was immer Avery sonst noch fühlen mag, sie besitzt den Verstand, diese Wahrheit zu erkennen und zu wissen, dass du schwer in die Ecke gedrängt worden
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