Der Zorn des Highlanders
stehen.« Anne zog Avery das goldene Kleid aus und half ihr in das grüne. »Bei dem ist es ähnlich. Ihr könnt es morgen tragen.«
Als auch dieses Kleid ausgezogen war und Anne sich auf das Bett setzte, um das goldene abzuändern, beobachtete Avery sie und ein kleiner Verdacht stieg in ihr auf. »Katherine ist überraschend großzügig.«
»Ja«, knurrte Anne, ohne von ihrer Näharbeit aufzusehen. »Ich habe noch verschiedene andere Kleider, die ich ebenfalls ändern werde. Ihr könnt während Eures Aufenthalts hier einige hübsche, teure Gewänder tragen.«
»Anne, hat Katherine diese Kleider wirklich freiwillig hergegeben oder ausgeliehen?«
»Ihr wisst, dass sie das nicht getan hat. Sie hat mir auf Befehl ihres Bruders eines gegeben – ein ziemlich hässliches braunes Ding. Tja, ihre Magd hat mir gezeigt, wo dieses verzogene Mädchen ihre alten Kleider aufbewahrt, die sie voller Wut versteckt hatte. Und Thérèse und ich haben uns selbst bedient. Gillyanne wird ebenfalls sehr gut aussehen.«
»Schön, aber das wäre nicht nötig gewesen.«
»Oh doch, es ist nötig.« Anne sah Avery an. »Ihr seid eine Dame von Stand, Gilly ebenfalls. Ihr kleidet euch wie die Damen, die Ihr seid.«
»Um Katherine zu beeindrucken?«
»Genau.«
»Ich glaube nicht, dass sie beeindruckt ist, selbst wenn ich von Kopf bis Fuß in Juwelen stecken würde.«
»Nein, wahrscheinlich nicht, aber wenigstens wird ihrer üblichen Arroganz etwas entgegengehalten, wenn Ihr sehr schön ausseht.«
Avery begriff und nickte. »Diese Waffe soll mir also die Stärke verleihen, irgendwelchen Bemerkungen über mein Aussehen zuvorzukommen.«
»Und unserem Laird in Erinnerung rufen, wer und was Ihr seid«, sagte Anne fest. »Ihr seid eine Lady, ein junges Mädchen von Adel, mit dem er geschlafen hat. Er schwingt Reden darüber, dass er den guten Namen seiner Schwester retten muss. Na, es ist an der Zeit, dass er sich daran erinnert, dass auch Ihr einen guten Namen habt.«
»Ich möchte nicht, dass er nur aus Ehrgefühl zu mir hält. Ich möchte, dass er mir nachkommt, weil er sein leeres Bett und das Verlangen nach mir keine weitere Nacht erträgt, weil er es nicht aushält, einen einzigen Tag ohne mich zu sein.«
»Oh, er wird Euch ganz bestimmt nacheilen, Mädchen. Alle, die mit Euch zusammen gereist sind und Euch zusammen beobachtet haben, glauben daran. Aber Männer sind seltsame Wesen.« Sie lächelte flüchtig, als Avery lachte. »Sie können vielleicht ihre Gefühle erkennen, zögern aber, offen davon zu sprechen. Sie würden schneller handeln, wenn sie einen guten, männlichen Grund vorschützen könnten, zum Bespiel die Familienehre. In diesem Fall könnte Cameron das tun, was er tun möchte: Euch mutig und tollkühn zurückerobern – und alle Männer würden ihm auf den Rücken klopfen und ihn einen guten Jungen nennen. Es liegt am Mädchen, ihren Geliebten in einem intimen Moment dazu zu bringen, von mehr zu sprechen als bloß von Ehre, Rechten und Pflichten.«
»Und was ist, wenn das Mädchen meint, dass hinter seinen Handlungen nichts weiter als Ehrgefühl steckt?«
»Avery, es ist schade, dass Ihr es nicht sehen könnt und dass es, vielleicht nur im Augenblick, auch dieser Esel nicht sehen kann. Aber vertraut mir, es ist da. Kein Mann kann sich einem Mädchen gegenüber so töricht benehmen und dabei keine tiefen Gefühle für sie empfinden.«
»Du meinst also, falls er mir nachkommt, soll ich mich nicht sträuben, selbst wenn er nur von Ehre und Pflicht redet? Du meinst, ich sollte meinen armen Stolz mit Gewalt zum Schweigen bringen und mit ihm gehen?« Avery seufzte, als Anne nickte. »Weil ich all das Verlangen und die Sehnsucht empfinden werde, die ich mir von ihm wünsche, muss ich das wohl.«
»Ja, und sobald Ihr mit ihm allein seid, nehmt einen kräftigen Knüppel und prügelt seinen eigensinnigen Stolz aus ihm heraus, bis er Euch sagt, was Ihr hören wollt.«
Avery lachte. »Ich werde auf deinen Rat hören, Anne. Jetzt habe ich einen Plan, an den ich mich halten kann. Das Einzige, was ich noch tun kann, ist beten, dass das Schicksal uns freundlich gesinnt ist – trotz allem, was in den nächsten Wochen zweifelsohne schieflaufen wird.«
19
»Sie leben?« – »Ja, Maman, und sind unverletzt.« Payton lächelte ein wenig, während er seine Eltern, Tanten und Onkel beobachtete. Die Frauen weinten und umarmten sich gegenseitig, wandten sich dann den Männern zu und umarmten diese.
Die Männer bemühten sich, ihre
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