Der Zorn des Highlanders
Mann zu sein. Die Verwandten, die zu ihnen ziehen, bemühen sich ganz bestimmt darum, sie zur Vernunft zu bringen. Es sieht so aus, als hättet Ihr mit ihm einen guten Mann gewählt: als Verwalter für die Ländereien und als Verbündeten, auf den Ihr zählen könnt. Auf ihn und seine ganze Familie. Sie wissen, dass Ihr den Jungen hättet zwingen können, Katherine zu heiraten. Ihr hättet die beiden ohne Geld hinauswerfen können. Sie haben nie solche Geschenke erwartet, und genau so sehen sie es – als Geschenke.«
»Ich wollte Katherine nicht mehr hier haben, aber ich konnte sie auch nicht ohne alles fortscheuchen«, sagte Cameron leise.
»Und sie wird in guter Obhut sein, auch wenn sie vielleicht meint, sie leidet. Bald wird sie den Unterschied kennen zwischen dem, was sie für notwendig hält, und dem, was wirklich notwendig ist. Malcolm ist jetzt Ritter und Laird eines kleinen Besitzes, mit seinem Bruder als rechter Hand. Sir Saunders, ein mittelloser Laird, konnte zusehen, wie zwei seiner jüngeren Söhne weitaus mehr erreicht haben, als er ihnen jemals hätte ermöglichen können. Also ist alles in bester Ordnung, und die meisten sind sehr glücklich. Abgesehen von Euch . Abgesehen von meiner Schwester. Und jetzt lasst uns endlich darüber sprechen.«
Cameron sah Payton an und rief sich ins Gedächtnis, dass dieser Mann acht Jahre jünger war als er. Dies nahm Paytons Worten nichts von ihrem Nachdruck. Cameron hätte ihn gerne scharf darauf hingewiesen, dass die Angelegenheit zwischen ihm und Avery Payton nichts anging. Doch er wusste, dass das eine Lüge wäre. Avery war Paytons Schwester, seine Blutsverwandte. Payton war darüber hinaus ein junger Mann, dem er Unrecht getan hatte und dessen Leben dadurch beinahe zerstört worden wäre. Er musste sich einer Auseinandersetzung über Avery stellen und versuchen, sich nicht anmerken zu lassen, wie sehr ihn das innerlich zerriss.
»Es gibt wirklich nichts, worüber man da sprechen müsste«, sagte Cameron in einem letzten Versuch, diese Unterhaltung zu verhindern. Sie würde nur all die Gefühle wieder aufrühren, die er im Alkoholrausch und im Katzenjammer, der dem Exzess gefolgt war, erfolgreich verdrängt hatte.
»Selbst wenn mir meine Schwester nicht erzählt hätte, dass da etwas war, hätte es mir beinahe jeder auf Cairnmoor erzählt. Es ist gut, dass Avery als Erste mit mir gesprochen hat.« Payton blickte Cameron mit einer gehobenen Augenbraue an. »Manche Brüder würden vielleicht die Neigung verspüren, Euch Schaden zuzufügen. Ganz bestimmt wäre mein Vater begeistert, Euch langsam in kleine Stücke zu hacken. Und es besteht die große Möglichkeit, dass Maman ihm dabei hilft.«
»Immerhin bin ich noch am Leben«, knurrte Cameron. »Da Euer Vater meine Tore nicht stürmt und nicht versucht, mich umzubringen, muss ich annehmen, dass Avery nichts gesagt hat.«
»Das würde sie auch nicht. Also, wollt Ihr meine Schwester?«
Die unverblümte Frage schreckte Cameron auf, sodass er ehrlich antwortete. »Ja. Aber das tut nichts zur Sache. Ich habe sie ohne ein Wort fortgeschickt«, fügte er mit gedämpfter Stimme hinzu. »Und das alles wegen einer Lüge. Ich hätte …«
»Nein«, widersprach Payton und hob eine Hand, um Cameron zu unterbrechen. »Nicht mir müsst ihr sagen, was Ihr hättet tun oder sagen sollen. Ihr müsst es Avery sagen.« Er beugte sich zu Cameron. »Wollt Ihr Avery heiraten?«
»Ja.«
Cameron war über die Schnelligkeit seiner Antwort überrascht. Er hatte damals, als er den Verrat seiner ersten Verlobten aufgedeckt hatte, sofort erklärt, nie wieder heiraten zu wollen. Seitdem hatte es keine Frau gegeben, um deretwillen er einen Gesinnungswandel auch nur in Betracht gezogen hatte. Keine – bis auf Avery.
Seit sie fort war, versuchte er, sie aus seinen Gedanken und seinem Herzen zu verbannen. Es war ihm nicht geglückt. Eine Woche lang hatte er sich davon überzeugen wollen, dass allein ihre starke Leidenschaft sie miteinander verband, dass er einfach nur bedauerte, diese Affäre zu beenden, bevor die Leidenschaft erloschen war. Diese Selbsttäuschung hatte sich an jenem Abend im Garten in Luft aufgelöst, und er hatte nur allzu klar erkannt, welchen Preis er für den Betrug seiner Schwester gezahlt hatte. Plötzlich gab es eine Erklärung dafür, warum er seit ihrer Abreise so schrecklich litt. Doch besonders die Erkenntnis, dass er nichts dagegen unternehmen konnte, verdüsterte sein Gemüt. Jetzt bot ihr eigener Bruder
Weitere Kostenlose Bücher