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Der Zorn des Highlanders

Der Zorn des Highlanders

Titel: Der Zorn des Highlanders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannah Howell
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hätte er Leargan gestehen wollen, dass er in einem beständigen inneren Kampf mit sich selbst lag, um nicht an Avery festzuhalten. Er musste sich immer wieder vorsagen, dass ausschließlich sein Begehren und vielleicht auch eine gewisse Zuneigung zu dieser Frau daran schuld waren, dass er bei der Ausführung seines Plans manchmal – wenn auch nur kurz – zögerte. Dass zwischen ihm und Avery mehr als nur Zuneigung und Leidenschaft sein könnte, wagte er nicht einmal zu denken. Darin lag eine bittere Ironie.
    Als sie ins Lager ritten, sah Cameron alle Leute vor seinem Zelt versammelt. »Sie ist gestorben«, flüsterte er. Ihn lähmte eine so große Angst vor dem, was er zu sehen oder hören bekommen würde, dass er nicht einmal absteigen wollte.
    »Oder geheilt«, sagte Leargan, indem er aus dem Sattel sprang. »Cameron, es gibt nur eine Möglichkeit herauszufinden, was geschehen ist.«
    Widerwillig stieg Cameron ab und ging langsam auf sein Zelt zu. Nur einen Schritt von der Menschenansammlung entfernt blieb er unvermittelt stehen. Cameron stand vor Verblüffung der Mund weit offen, aber ein schneller Blick auf Leargan verriet ihm, dass es seinem Cousin nicht anders erging.
    Jemand sang. Doch die Bezeichnung ›singen‹ reichte Camerons Ansicht nach einfach nicht aus, um zu beschreiben, was aus seinem Zelt drang. Die kraftvolle Stimme, ihr vollendeter Klang und die in ihr schwingenden Gefühle übertrafen alles, was er bisher an Gesang vernommen hatte. Cameron konnte sehr gut verstehen, dass seine Leute wie gebannt davon waren. Er erlebte es ebenfalls wie ein Wunder.
    Das Lied war ziemlich bekannt: eine französische Ballade über eine unglückliche Liebe, die Cameron bisher als Süßholzgeraspel eines Minnesängers verhöhnt hatte. Jetzt war aller Hohn verschwunden. Er konnte sogar nachempfinden, warum Klein-Rob weinte und warum keiner den großen Mann damit aufzog.
    Kaum war das Lied verklungen, wurde eine Hand aus dem Zelt gestreckt. Sie winkte ein paar Mal, bevor sie wieder im Inneren verschwand. Leargan und Cameron wären beinahe umgestoßen worden, als alle Umstehenden plötzlich hastig davoneilten. Trotz des Durcheinanders gelang es Cameron, Donald festzuhalten.
    »Wer hat da gesungen?«
    »Gillyanne«, erwiderte Donald.
    »Diese Stimme gehört der kleinen Gillyanne?«, Leargan, bemühte sich gar nicht, seine Überraschung zu verbergen.
    »Ja. Ich weiß nicht, wo sie sie versteckt. Sie bringt Klein-Rob immer zum Weinen.«
    »Warum habe ich sie noch nie zuvor gehört?«, fragte Cameron.
    »Weil sie erst singt, seit Avery krank ist, und nur, wenn Ihr nicht im Lager seid. Anne sagt, es beruhigt Avery, aber Klein-Gilly ist schüchtern. Also hat Anne ihr gesagt, dass wir sie wegen des Singens nicht belästigen werden. Anne hat uns allen das Versprechen abgenommen, dass wir den Gesang nicht beachten. Aber ich glaube, sie unterschätzt, wie schön er ist. Also tun wir nur so, als würden wir ihn nicht beachten.«
    »Ach, und das war also Annes Hand, die aus meinem Zelt kam. Sie hat euch damit zu verstehen gegeben, dass das Mädchen fertig ist und ihr euch davonmachen sollt.« Als Donald nickte und einen nervösen Blick auf das Zelt warf, musste Cameron fast lächeln. »Verschwinde, Junge. Geh und hol mir etwas zu essen und Wasser, damit ich mich waschen kann. Ich bin in meinem Zelt.«
    Sobald Donald weg war, sagte Leargan: »Meinst du, das kleine Mädchen weiß, wie das klingt?«
    »Wahrscheinlich nicht«, erwiderte Cameron. »Gillyanne weiß vermutlich, dass sie gut singt, aber nicht, dass sie damit erwachsene Männer zum Weinen bringt. Es ist schwer zu erklären, und bestimmt wirkt darum jedes Kompliment wie eine höfliche Schmeichelei.«
    »Wie wahr. Aber jetzt mache ich mich lieber davon, damit auch ich so tun kann, als hätte ich nicht eben einen Engel gehört.«
    Cameron lächelte flüchtig. Dann trat er in sein Zelt, eben als Gillyanne herauskam. Sie errötete leicht, und Cameron merkte, dass sie vermutete, er habe ihren Gesang gehört. Es erstaunte ihn, dass jemand mit einem so ungewöhnlichen Talent so schüchtern sein konnte.
    »Wie geht es Avery?«, fragte er. »Hat ihr das kalte Bad geholfen?« Er trat ans Bett und strich mit seinen Fingern über ihre Wangen. »Sie fühlt sie ein bisschen kühler an.«
    »Ja«, pflichtete ihm Anne bei. »Wenn sich herausstellt, dass es wirklich hilft, baden wir sie vielleicht noch einmal, auch wenn sie es überhaupt nicht mochte.«
    »Wurde sie wach genug, um sich in

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