Der Zorn des Highlanders
ankämst. Ich zweifle daran, dass du es unversehrt bis dorthin schaffen würdest. Du bist noch nicht lange vom Fieber geheilt, und das schottische Wetter kann äußerst unfreundlich sein. Du hast nicht genug Essen gestohlen, um damit mehr als einen oder zwei Tage auszukommen. Es gibt hier wilde Tiere, über die man sich Gedanken machen sollte, und zweifellos ist nicht jeder, über den du stolperst, nett und sanft. Dann besteht da noch die Möglichkeit, dass du dich verletzen könntest, und du hättest niemanden bei dir, der dir hilft.«
»Genug«, sagte sie leise, aber bestimmt. »Du musst nicht jede Gefahr aufzählen, die es in Wald und Flur gibt.« Sie verschränkte die Arme über der Brust und starrte wütend auf ihre abgekühlten Füße. »Ich habe vielleicht nicht alles so genau geplant, wie ich es hätte tun sollen.«
Es hatte keinen Sinn, ihm ihre Handlung zu erklären. Selbst wenn sie ihm ihr Herz ausschütten würde, würde Cameron den Grund für ihre Flucht wohl nicht verstehen. Wenn er nicht fühlte, was sie fühlte, konnte er nicht verstehen, wie sehr seine Vorgehensweise sie verletzte oder wie verzweifelt sie sich danach sehnte, diesem Schmerz zu entgehen. Es war dumm gewesen, in der Nacht zu fliehen, diese Reise allein und ungeschützt zu unternehmen. Doch selbst wenn sie all die Gefahren bedacht hätte, wäre sie dennoch aufgebrochen.
»Jetzt sind meine Füße ganz schmutzig«, schimpfte sie.
Obwohl Cameron einen befremdlichen Schmerz im Herzen fühlte, musste er fast lachen. Averys Gesicht zeigte eine seltsame Mischung aus Traurigkeit und Wut. Obwohl er nicht darüber nachdenken wollte, wie tief ihre Gefühle für ihn waren, wusste er, dass er sie verletzte. Er wollte sie aber nicht verletzen.
Der ihm verbliebene Zynismus flüsterte ihm ein, dass er immerhin nie mehr als Leidenschaft von Avery verlangt hatte. Ganz bestimmt hatte er ihr nichts versprochen. Wenn sie es ihrem Herzen erlaubte, sie in tiefere Gewässer zu führen, war das ihre eigene Schuld.
Er seufzte und drängte sie, sich wieder auf die grasbewachsene Böschung zu setzen, damit er ihre Füße waschen konnte. Zwar stimmte es, dass er sie um nichts weiter als Leidenschaft gebeten hatte, aber allmählich begann er zu glauben, dass sie ihm mehr – wesentlich mehr – schenkte. Cameron hätte ihr gerne geholfen. Aber er war durch Familienpflichten und Ehre an seinen Plan gebunden. Außerdem war ihm klar, dass er ein egoistischer Mistkerl war und bis zum Zeitpunkt ihres Abschieds ihre Geschenke begierig entgegennehmen würde.
Nachdem er ihre Füße mit dem Saum seines Umhangs abgetrocknet hatte, nahm er ihn ab und breitete ihn auf dem Boden aus. Ihre Blicke versenkten sich ineinander, und sie widersprach nicht, als er sie beide von ihren Kleidern befreite. Er liebte sie langsam, zärtlich, begrüßte jeden kleinen Seufzer und jedes leise Keuchen. Als ihre Körper sich fanden, hielt er inne, um sie zu betrachten. Er wollte sich an das Gefühl erinnern können, das ihre Hitze in ihm auslöste, an den Ausdruck von Leidenschaft in ihrem Gesicht.
»Du wirst nicht traurig sein«, sagte er, als er begann, sich in ihr zu bewegen.
»Ist das Befehl Nummer drei?«, fragte sie, indem sie ihre Beine und Arme um ihn schlang.
»Ja. Du wirst es nicht zulassen, dass ich dich traurig mache.«
Sie wickelte seine dunklen Strähnen um ihre Finger und zog sein Gesicht näher. »Wie Ihr wünscht, mein Ritter Dunkel-wie-die-Sünde. Wenn wir solche Wonnen miteinander erleben, wie kann ich dann traurig sein?«, flüsterte sie und küsste ihn, bereit für den gemeinsamen Flug zu den Gipfeln der Leidenschaft.
Als die Glut ihres Begehrens sie verließ, spürte Avery ihre Traurigkeit wiederkehren. Doch sie kämpfte dagegen an, während Cameron und sie sich anzogen. Es hatte keinen Zweck, traurig zu sein, es dämpfte nur den Genuss an allem, was sie in der verbleibenden Zeit noch miteinander erleben konnten. Cameron hatte offensichtlich erraten, dass sie mehr für ihn empfand als bloße Leidenschaft. Dass er sich über ihre Gefühle Gedanken machte und sie nicht verletzen wollte, verriet ihr, dass er nicht ganz herzlos war. Das würde nichts ändern, aber sie wollte versuchen, darin etwas Trost zu finden.
Cameron führte sie zu seinem Pferd und hob sie in den Sattel. Bevor er ihr die Röcke glatt strich, küsste er ihren Oberschenkel, dann stieg er hinter ihr auf. Er ließ sein Pferd in Richtung Cairnmoor traben. Als sich Avery an ihn schmiegte, lächelte er
Weitere Kostenlose Bücher