Der Zorn Des Skorpions
heute gehen könnte, und ich muss zu meinen Kindern und zur Arbeit zurück.«
»Morgen, hat er meiner Meinung nach gesagt.« Schwester Patterson ließ sich nicht so ohne weiteres hinters Licht führen. »Aber ich prüfe das, Detective.«
»Gut.«
Die Schwester zog sich zurück, und Alvarez, jetzt wieder ernst, sagte: »Mal ehrlich, Pescoli, ich weiß, wir zwei sind wie Feuer und Wasser und sicher nicht immer einer Meinung, aber … was wir anpacken, das schaffen wir.«
»Ach ja?«
»Es gab eine Zeit, da wusste ich, dass dieser Perverse dich in seiner Gewalt hatte. Ich erkannte, dass deine Initialen Teil seiner Botschaft waren, und ich glaubte, dieser Psychopath hätte dich schon umgebracht.« Ihre Augen leuchteten dunkel. »Ich war fast sicher, dass wir deine Leiche an einen Baum gebunden finden würden.«
»Aber so war’s nicht.«
»Nicht ganz. Herrgott, Pescoli, was hast du dir dabei gedacht? Allein loszufahren? Dich von dem Mörder erwischen zu lassen!« Sie regte sich jetzt schrecklich auf, ihre Wangen röteten sich, und sie war aufgebrachter, als Pescoli die sonst so beherrschte Alvarez je erlebt hatte.
»Ich hatte nur noch meine Kinder im Kopf. Ich habe Hicks nicht darum gebeten, mir ein Loch in den Reifen zu schießen!«
»Ich weiß, aber er hat dich manipuliert. Irgendwie hat er dich manipuliert!«
»Er hat alle manipuliert.«
»Hm … ja.« Alvarez trat einen Schritt auf das Bett zu. »Das stimmt zwar, aber wenn du mich jemals wieder dermaßen in Angst und Schrecken versetzt, muss ich dich womöglich eigenhändig erschießen, und das ist kein Witz!«
Pescoli nickte. »Du darfst gern meine Waffe benutzen.«
Der Zorn in Alvarez’ Blick löste sich in Wohlgefallen auf, und sie lachte kurz und fassungslos. »Du bist …«
»Ich weiß, ich weiß. Ich bin alles, was du verabscheust, aber, sieh mal, wir haben ihn schließlich erwischt, nicht wahr?«, hob Pescoli hervor. »Und ich lebe.«
»Ja, so ist es, Partnerin.« Alvarez, die dem offenbar nichts entgegenzusetzen hatte, seufzte schwer. »Wir haben ihn erwischt.«
EPILOG
S ilvester
»Also, Cowboy, wollen wir aufs neue Jahr anstoßen?« Pescoli saß auf dem Sofa in ihrem Wohnzimmer, in dem der Weihnachtsbaum bereits ziemlich tot aussah.
Santana in seinem Schaukelstuhl auf der anderen Seite des Kaffeetisches zog fragend eine Braue hoch. »Womit? Mit Cola light?«
»Ich dachte eher an Champagner.«
»Du nimmst doch noch Schmerzmittel.«
»Und du bist eine Spaßbremse!«, zog sie ihn auf, froh, dass sie ihn hochnehmen konnte.
»Lass uns lieber warten, bis du wieder hundertprozentig gesund bist.«
»Das könnte Jahre dauern.«
»Vielleicht auch nur bis zum nächsten Jahr.«
»Das bricht in einer Stunde an.« Sie suchte eine bequemere Stellung auf dem Sofa, spürte Schmerzen in der Schulter und seufzte. »Ich hasse es, krank zu sein.«
»Tatsächlich?«
Regan lächelte. Sie erinnerte sich nicht an die Tortur ihrer Lebensrettung. Man hatte ihr gesagt, sie sei »tot« gewesen. Sie sei blau gewesen und hätte nicht mehr geatmet. Wenn Santana sie nicht aus dem eisigen See gezogen und eine Herz-Lungen-Reanimation durchgeführt hätte, wäre sie vielleicht nie wieder zu sich gekommen.
Jetzt erschien es ihr undenkbar. Und obwohl ihr Einbruch ins Eis und ihr Überlebenskampf erst eine Woche zurücklagen, war ihr, als wäre seitdem eine Ewigkeit vergangen.
Billy Hicks’ Leiche war noch nicht gefunden worden, alle Rettungsversuche waren fehlgeschlagen. Auch eine Suche hatte nichts ergeben.
Doch Pescoli und ihre Kollegen im Büro des Sheriffs von Pinewood County rechneten fest damit, dass der Unglücksstern-Mörder im Frühling, sobald das Tauwetter einsetzte, an die Oberfläche kommen würde. Wenn das Wetter umschlug, würden sie die Suche wieder aufnehmen, aber nicht jetzt. Bis dahin trieb Hicks in seinem nassen Grab. Was Pescoli nur recht sein konnte.
Elyssa O’Learys Leiche war gefunden worden, an einen Baum in den Bergen oberhalb von Cougar Basin gebunden. Als Pescoli von ihrem Tod erfuhr, hatte sie sich persönlich verantwortlich gefühlt und sich innig gewünscht, dass sie sie hätte retten können. Doch Elyssa war offenbar das letzte Opfer des Mörders gewesen.
Das FBI und das Büro des Sheriffs hatten die Stollen der Mine durchsucht und Hicks’ Unterschlupf auf den Kopf gestellt. Regan hatte ihnen von seinen Akten und Kästen mit Fotos von potenziellen Opfern berichtet, und die Öffentlichkeit konnte wieder aufatmen. Sie
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