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Der Zorn Des Skorpions

Der Zorn Des Skorpions

Titel: Der Zorn Des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
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belauschen.
    Die Vorstellung, dass er sie beobachten konnte, verursachte ihr eine Gänsehaut.
Nicht daran denken. Konzentriere dich auf die Suche nach einem Fluchtweg. Wenn er fürchtet, von dir erkannt zu werden, dann hat er wohl auch Angst davor, dass du ihn irgendwie überführen könntest.
    Wenn das der Fall war, dann musste er glauben, sie könnte ihm entkommen. Sie redete sich nicht eine Sekunde lang ein, er hätte vor, sie am Leben oder laufenzulassen, nicht nach all der Mühe, die er auf ihre Entführung verwendet hatte, nicht angesichts seiner Behandlung der anderen Opfer.
    Trotzdem verhielt er sich so, als ob er unsicher wäre.
    Sonst würde er sich nicht scheuen, sie sein Gesicht sehen zu lassen.
    Irgendwie, beschloss sie, als die ersten Strahlen der Morgendämmerung durch das kleine Fenster hoch oben fielen, musste sie ihn enttarnen und flüchten, und das bald. Bevor es zu spät war.
     
    Endlich! Der lang ersehnte Wetterumbruch!
    Brady Long betrachtete zufrieden den aufklarenden Himmel. Nach einer Woche dieser verflucht öden Vorhersage von Minustemperaturen konnte er endlich in seinen JetRanger steigen und den Flug von Denver nach Grizzly Falls antreten. Die Reise war ein bisschen beschwerlich, doch Brady hatte schon immer gern eine Herausforderung angenommen, sei es auf dem Rücken eines besonders übellaunigen Brahmabullen oder beim Aufstieg an einem lotrechten Felsen Tausende von Meilen über der Talsohle, sei es im Hubschrauber, beim Extremskifahren, Fallschirmspringen oder was auch immer ihm den nächsten tollen Adrenalinkick verschaffen sollte.
    Dafür lebte er. Von Natur aus ein Draufgänger, verstand er nichts von Friedfertigkeit oder Angst. Das Leben musste auf der Überholspur gelebt werden, und diejenigen, die den sicheren Weg durchs Leben wählten, in ihren langweiligen, ungefährlichen Spuren immer weitermachten, hielt er schlicht und einfach für Weicheier, Memmen und Waschlappen. Such dir was aus.
    Vielleicht war er mit zu viel Testosteron im Blut zur Welt gekommen, aber es gefiel ihm so, wie es war. Und den meisten Frauen auch; zumindest diejenigen, die ihn interessierten, bestätigten es.
    Oder, so dachte er jetzt, als er seinen Chopper über einen vereisten Fluss steuerte, der durch sein Farmland floss, die Frauen, die sich zu ihm hingezogen fühlten, interessierten sich in erster Linie für den Umfang seiner Geldbörse. Der Name Long stand seit Generationen zunächst für Kupfer-, dann Silber- und schließlich sogar Goldminen.
    Eine Frau mochte Interesse zeigen, weil er gut aussah oder weil er eine Herausforderung darstellte oder weil er furchtlos war oder »reicher als Gott«, wie eine besonders vollbusige junge Blondine eines frühen heißen Sommerabends ihm ins Ohr geflüstert hatte. Ihm war gleich, was sie anmachte, solange er sein Ziel erreichte.
    Ja, der Reichtum der Longs ließ manche in Scharen zu ihm strömen wie Geier auf der Spur eines sterbenden Lamms.
    Und er war der Alleinerbe … nun ja, technisch gesehen nicht. Da war noch Padgett, doch sie war nicht in der Lage, seinen Anspruch auf das Vermögen ihres Vaters anzufechten, ein Vermögen, das in diesem Teil Montanas als legendär galt. Und wie er wusste, hatte sein Vater sich mehr als gründlich die Hörner abgestoßen, so dass immer die Gefahr bestand, dass einer von Huberts Bastarden oder von denen von seiner und Padgetts Mutter etwas spitzkriegte und erbärmliche Forderungen stellte. Doch sollte das der Fall sein, würde er mit einer Gruppe von handverlesenen Anwälten gegen sämtliche Möchtegern-Longs kämpfen, indem er sie entweder als Betrüger oder für andere wie auch immer geartete Leichen in ihren Kellern bloßstellte, oder indem er eine außergerichtliche Regelung anbot. Es war erstaunlich, wie ein paar hundert Dollar eine unangenehme Situation auszuräumen vermochten.
    Der Chopper flog niedrig, die Rotoren knatterten in der frischen Morgenluft. Long inspizierte die schneebedeckten, sämtlich abseits vom Haupthaus gelegenen Scheunen, den Stall und das alte Gehöft.
    Er betrachtete das Terrain rund ums Haus und steuerte den großen Vogel über die Wipfel der Fichten und Tannen hinweg, bis er den Landeplatz entdeckte, einen großen, ebenen Kreis knapp hundert Meter vom Haupthaus entfernt. Ja, da lagen Massen von Schnee, doch dieser Chopper war für die Bewältigung winterlicher Wetterbedingungen gebaut, und Long landete problemlos im hohen, eisigen Pulverschnee. Die Kufen des JetRangers hielten die

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