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Der Zorn Des Skorpions

Der Zorn Des Skorpions

Titel: Der Zorn Des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
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Spur.
    Perfekt.
    Long flog für sein Leben gern.
    Hätte zum Militär gehen sollen. Als Pilot.
    Doch dann hätte er Befehlen gehorchen müssen, und Gehorsam und Teamgeist entsprachen nicht seinem Wesen.
    Er schaltete den Motor aus, wartete, bis die Rotoren langsamer wurden, und holte seinen Computer und seine Reisetasche aus dem Heck.
    In Denver hatte er alle im Ungewissen gelassen, hatte niemanden, nicht einmal Maya, über seine Pläne ins Bild gesetzt. Schon gar nicht Maya. Er stieß die Tür des Hubschraubers auf, sprang zu Boden und stapfte zum Haus. Er wollte nicht zu sehr über seine Verlobte nachdenken, ein schönes Model, das sich weigerte, einen Ehevertrag zu unterzeichnen, und zwar nicht irgendeinen Ehevertrag, sondern wirklich einen anständigen.
    Nicht, dass er es eilig mit der Heirat hatte, sagte er sich auf dem verschneiten Weg durch einen Kiefernstand. Das Haus kam in Sicht.
    Brady musste unwillkürlich lächeln. Er liebte dieses alte, knarzende Haus, hatte in seiner Jugend glückliche Zeiten hier in Montana verbracht. Keine fünfhundert Meter von der Scheune entfernt hatte er seinen ersten Bock erlegt, auf dieser Ranch hatte er Reiten gelernt, lange Zeit bevor er sich einen Namen beim Rodeo machte, hier hatte er im Schlafzimmer seines Alten seine Unschuld an die jüngere Schwester seiner zweiten Stiefmutter verloren.
    Ja, Montana barg ein paar tolle Erinnerungen, und wenngleich er die ganze Welt gesehen hatte, kam er doch, wenn er mal nachdenken musste, immer wieder hierher zurück. Das Haus aus Stein und Zedernholz so nahe am jetzt zugefrorenen Bach, unter dessen Schnee- und Eisdecke keine Spur von Wasser zu sehen war, betrachtete er als sein Zuhause.
    Hier war er frei, dachte er, kramte in den Taschen seiner Thermo-Skihose, zog einen Schlüsselring hervor und ging weiter zu einem Carport, groß genug für ein Wohnmobil oder ein Boot, der die Vierergarage vom Haupthaus trennte.
    In Denver stand er unter Druck. Da war zunächst einmal Maya, die bockig darauf bestand, dass sie mit Hunderten von Gästen in einer Kathedrale heirateten. Sie wollte in einem weißen Kleid mit langer Schleppe und mehr als einem Dutzend Brautjungfern zum Altar schreiten. Dass er zum dritten Mal sein Jawort geben und beteuern würde: »… bis dass der Tod uns scheidet«, war dabei gleichgültig.
    Zum Zweiten war da der Aufsichtsrat, durch die Bank alte Knochen und Nervensägen.
    Drittens war da der liebe alte Dad. Klammerte sich im Pflegeheim noch immer an das Restchen Leben, sah aber aus, als würde er jeden Moment den Löffel abgeben. Brady hatte es von Herzen satt, Fragen nach seinem Vater beantworten zu müssen. Hubert Elmore Long lag im Sterben. Punkt. Was sonst sollte er dazu sagen, abgesehen von dem, was er nicht auszusprechen wagte, nämlich, dass der Alte sich schnellstens vom Acker machen sollte? Was brachte es denn, kaum bei Bewusstsein, weltvergessen, leidend herumzuliegen, verdammt noch mal, wenn doch keine Hoffnung mehr bestand?
    Wütend schloss Brady die Hintertür auf und begann im Schmutzraum, seine Wetterkleidung abzulegen. Er wusste, dass viele glaubten, er wünschte dem alten Mann den Tod, damit er offiziell das Erbe seines Vermögens antreten konnte. Wie viel war es noch gleich? Vierzig, vielleicht fünfundvierzig Millionen? Aber er konnte ja ohnehin schon über das Geld verfügen. Ja, es wäre ganz nett, tatsächlich der Chef von Long International zu sein, aber, zum Teufel, inoffiziell war er es schon lange. Er wollte einfach nicht, dass sein Vater noch länger in diesem Beinahe-Wachkoma verharrte, ein Zustand, den Hubert für sich verabscheut hätte. Er wünschte sich den alten Mann gesund und munter, als einen Mann, der stundenlang auf der Pirsch nach einem Elchbullen war oder eine Kuh mit Geburtsproblemen von ihrem Kalb entbinden konnte. Er wünschte sich den beinharten Manager, der starrsinnig mit den Chinesen oder Saudis oder Gott weiß wem verhandelte – wobei Sprachbarrieren ihn nie daran hinderten, seinen Willen durchzusetzen. Er wollte den eins neunzig großen Mann, der bei ein paar Bieren in der Spot Tavern über einen deftigen Witz lachte oder in einem hochkarätigen New Yorker Hotel Kognak schlürfte und teure Zigarren rauchte.
    Den Kerl hätte Brady gern wiedergesehen. Doch das sollte nicht sein. Die sterbliche Hülle eines Menschen im Regal-Oaks-Pflegeheim mit eiserner Konstitution und dem Willen, um jeden Preis am Leben festzuhalten, also,
dieser
Typ sollte wirklich einfach

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