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Der Zorn Des Skorpions

Der Zorn Des Skorpions

Titel: Der Zorn Des Skorpions Kostenlos Bücher Online Lesen
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seinem Schloss.
    Es fängt wieder an zu schneien. Winzige Flocken wirbeln und tanzen, verändern allmählich die Landschaft, behindern die Sicht, dämpfen die Geräusche des Tages.
    Ich folge problemlos dem Lauf des Bachs, aus der Erinnerung, nachdem ich diesen Weg in der Vergangenheit Dutzende Male gegangen bin.
    Schnell.
    Als ich mich zwischen dicht stehenden Kiefern und Tannen hindurchzwänge, entdecke ich in etwa hundert Metern Entfernung das Haus. Das Dach ist dick verschneit, die Gauben stehen vor, ihre Fenster sind dunkel. Doch im Hauptgeschoss brennt Licht, schimmert warm im grauen Morgen und lädt mich ein.
    Ich muss mich sehr zusammenreißen, um nicht zu lächeln, doch ich ermahne mich, den Mord nicht auszukosten, bevor er begangen ist, bevor Brady Long seinen letzten rasselnden Atemzug getan hat. Erst dann werde ich in meinem Erfolg schwelgen können, erst, wenn endlich die Gerechtigkeit triumphiert.
    Durch einen dichten Stand kahler Espen folge ich dem Wildwechsel und entdecke den Hubschrauber, totenstill, die langen Rotoren bewegungslos. Eine dünne Schneeschicht bedeckt bereits die Cockpitfenster.
    Näher am Haus biege ich in Richtung der Garage am anderen Ende des Gebäudes ab, fort von den Fenstern des Arbeitszimmers und Wohnbereichs. Obwohl ich weiß gekleidet und sicher bin, mit der Schneelandschaft zu verschmelzen, muss ich vorsichtig sein. Es ist sehr wichtig, dass ich ihn wirklich überrasche.
    An der Tür horche ich. Richtig. Musik tönt aus den Lautsprechern im Haus. Brady Long ist durch und durch ein Gewohnheitstier. Was mir die Arbeit ungemein erleichtert.
    Die Hintertür ist nicht verriegelt, also benötige ich keinen Schlüssel. Flink und geräuschlos durchquere ich die Küche und gelange in den Hauptflur. Von der Eingangshalle aus spähe ich ins Wohnzimmer. Es ist leer.
    Mein Herz klopft jetzt ein bisschen schneller. In meinem Skianzug schwitze ich im Haus und schiebe mir die Skibrille auf den Kopf zurück, da die bernsteinfarbenen Gläser zu beschlagen beginnen. Ich muss völlig klare Sicht haben. Tödliche Präzision ist unbedingt notwendig.
    Ich nähere mich der offenen Tür zum Arbeitszimmer. Richtig, dort hält Brady sich auf. Er sitzt in einem großen lederbezogenen Lehnstuhl, die Füße hochgelegt, eine Zigarre in der einen Hand. Auf dem Schreibtisch steht ein Drink. Bourbon vermutlich. Im Kamin brennt ein Feuer, auf dem Schreibtisch sind Papiere ausgebreitet. Natürlich. Huberts Testament. Brady Long ist so grauenvoll berechenbar.
    Er hat die Augen geschlossen und singt irgendeinen Rocktitel aus den Achtzigern mit, formt die Worte, als wäre er der Frontmann einer berühmten Hard-Rock-Band. Was für ein Idiot.
    Ich habe das Gewehr schon angelegt. Ich ziele. Aber ich will, dass er einen Augenblick der Angst erlebt, dass er mich sieht und erkennt, dass ihm die längst fällige Gerechtigkeit widerfährt. »Long!«, brülle ich, und er reißt schlagartig die Augen auf.
    Im Bruchteil einer Sekunde erkennt er mich und hört auf zu singen. »Was zum Teufel …?« Aber er weiß es. Sein erschrockenes Gesicht sagt alles. Er will sich bewegen, aufspringen. Zu spät!
    Ich drücke ab.

11. KAPITEL
    S ich auf seinen Gehstock stützend, überschritt Ivor Hicks die Grenze zwischen dem staatlichen Land und den Ländereien von Hubert Long, einem ausgemachten Schweinehund. Wie Ivor gehört hatte, hatte Hubert nicht mehr lange zu leben, und das konnte ihm nur recht sein.
    Trotzdem behagte es ihm nicht, sich auf staatlichem Land zu bewegen oder auch in Long-Territorium einzudringen, doch an diesem Morgen verspürte er den Drang und wusste auch, warum.
    Die Aliens. General Crytor, der elende Reptiliengeneral, der Ivor damals in den Siebzigern aufs Mutterschiff entführt hatte, benutzte ihn immer noch für seine Experimente. Ließ ihn nach seiner Pfeife tanzen. Wie einen Leibeigenen, der ihm hörig war. Der unsichtbare Chip, den diese außerirdischen Schweine Ivor unter die Haut gepflanzt hatten, zwang ihn, Crytor zu Willen zu sein, und war wohl auch die Ursache für seine schlimme Arthritis. Na ja, das und die verfluchte Kälte. Trotz der dicken Jacke und der Strumpfmütze, Stiefel und Handschuhe spürte er die Kälte, die auch kleine Schlückchen Jim Beam nicht abwehren konnten, bis in die Knochen. Diese ekelhaften orangefarbenen zweibeinigen Ausgeburten mit ihren Echsenköpfen und Schlangenaugen. Crytor, der Anführer, war der Schlimmste von allen, doch da waren auch andere, die kopfnickend wie

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