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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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trauten!« fauchte Gaunt. »Ich hatte nichts zu tun mit dem Bau
     der Truhe, der Herstellung der Schlösser oder der Gestaltung der Schlüssel.
     Ich und die Gildemeister haben entschieden, das alles lieber unseren
     werten Beamten zu überlassen. Sie haben Truhe und Schlüssel
     heute morgen geradewegs aus Sturmeys Werkstatt hergebracht.« 
    »Und bevor Ihr fragt«,
     warf Lord Adam ein, »keiner von ihnen hatte jemals alle sechs Schlüssel
     auf einmal in seinem Besitz. Drei hat der Bürgermeister gekauft,
     Mountjoy den Rest. Fitzroy und Sudbury waren Zeugen der Transaktion, und
     Stadtbüttel haben die Truhe hergetragen.«
    Cranston spähte mit
     schmalen Augen ins Dunkel, wie er es immer tat, wenn er in Gedanken
     versunken war.
    »Sir John!« rief
     Athelstan. »Was ist denn?«
    Cranston schmatzte - ein
     sicheres Anzeichen dafür, daß er trotz der späten Stunde
     allmählich seinen Rotwein vermißte.
    »Sturmey«, sagte
     er. »Der Name Sturmey sagt mir etwas. Wie kommt das, hm? Warum
     sollte ein angesehener Schlosser, dessen Dienste die großen und
     vornehmen Herren in Anspruch nehmen, in meiner Erinnerung eine Saite
     erklingen lassen?«
    Athelstan grinste. Cranstons
     Gedächtnis war wunderbar. Er kannte die Gauner von London beim Namen
     und die meisten auch von Ansehen, und sogar im dichten Treiben der
     Cheapside konnte er Taschendieben und Beutelschneidern seine Warnung zubrüllen.
    »Woran erinnert Euch
     Sturmeys Name denn?« wollte Gaunt sofort wissen.
    Der Coroner schüttelte
     den Kopf. »Das fallt mir noch ein.« Er verbeugte sich. »Mylord
     Regent, wenn Ihr mich und meinen Schreiber jetzt entschuldigen wollt - wir
     müssen diesen Schlosser unbedingt noch heute abend besuchen. Wo wohnt
     er?«
    »In der Lawrence Lane,
     Ecke Mercery«, antwortete Clifford.
    Cranston grinste Athelstan
     an, der ihn erschöpft und wütend anfunkelte. »Dann wollen
     wir dem Meister Schlosser in der Lawrence Ecke Mercery einen Besuch
     abstatten und ihm ein paar Fragen stellen, wie?« Noch einmal
     verneigte er sich vor dem Regenten. Gaunt wandte den Blick ab. Cranston
     zuckte die Achseln und verließ die Kapelle, gefolgt von einem
     niedergeschlagenen Athelstan.
    »Cranston!«
    Sir John drehte sich um.
     Gaunt stand auf der Altartreppe.
    »Ihr wißt, daß
     die Gildemeister wiederkommen werden. Oh, sie werden vernünftig sein.
     Sie werden eine gewisse Frist setzen, bis sie
     ihr Gold und die Antwort auf ihre Fragen bekommen.« Er drohte mit
     dem Finger. »Auch ich brauche Antworten, Mylord Coroner. Innerhalb
     von höchstens zehn Tagen.« Er ließ die unausgesprochene
     Drohung in der Luft hängen. Cranston machte auf dem Absatz kehrt und
     marschierte aus der Rathauskapelle.

 
    Fünf
    Draußen blieb Cranston
     stehen und schaute zum Mond hinauf. »Der Teufel soll auf sie pissen!«
     fluchte er. »Verdammte Säcke! Was für stinkende Scheißkübel!
     So eine Sauerei! Diese dreckigen, käferköpfigen, fettbäuchigen,
     verräterischen Schweine!«
    Athelstan lächelte.
     »Mylord Coroner, Ihr sprecht von unseren Brüdern in Christo,
     den Gildemeistern?«
    »Jawohl, Mönch,
     von denen spreche ich.« Cranston zerrte seinen wunderbaren
     Weinschlauch unter dem Mantel hervor und trank in herzhaften Zügen.
     »Oh Gott!« schnaufte er. »Was für eine Sauerei! Wie
     wurde Fitzroy ermordet, Bruder? Er hat das Gift nicht vor dem Essen
     genommen, und an seinen Speisen und seinem Besteck fanden sich keine
     Spuren irgendeiner Droge.«
    Athelstan schüttelte den
     Kopf. »Ihr seid mir voraus, Sir John. Ich denke immer noch über
     Mountjoys Tod nach.« Der Ordensbruder spähte über die
     dunkle Cheapside zu den Laternenhörnern an den großen
     Kaufmannshäusern, und er dachte an die Worte seines alten Lehrers
     Pater Paul. »Die Wurzel aller Sünden«, hatte der alte
     Bruder gedröhnt, »ist der Stolz. Und das Gegenteil von Liebe
     ist nicht Haß oder Gleichgültigkeit, sondern Macht. Macht
     verdirbt, und das Streben nach Macht ist ein Weg, der geradewegs in die Hölle
     führt.«
    Und auf diesem Weg sind wir
     jetzt, dachte Athelstan; hier drängen sich mächtige Männer
     mit unstillbarer Gier nach den besten Dingen im Leben. Wir alle sind Mörder,
     schloß er, und ihn fröstelte trotz der warmen Nachtluft. Er fühlte
     sich wie ein maskierter Schwertkämpfer, der im Stockfinstern in ein
     Turnier gestoßen wurde, bei dem es von Mördern wimmelte.
     »Ich will nach Hause«, flüsterte er, ehe er sich

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