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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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selbst angebracht.«
    »Was ist mit der Wache?«
     fragte Cranston. »Als wir kamen, haben wir doch draußen die
     Garde gesehen.«
    »Als das Bankett
     begonnen hatte, wurde sie ins Rathaus zurückbeordert.«
    »Dann hat mein
     Schreiber offenbar recht«, stellte Cranston in scharfem Ton fest.
     »Wie Ihr es auch deuten mögt, Euer Gnaden: In Eurer Mitte
     befindet sich ein mörderischer Verräter!«
    Schon bei Athelstans Worten
     hatten alle die Brauen hochgezogen. Als der Coroner sie jetzt wiederholte,
     brach große Bestürzung aus.
    »Was redet Ihr da?«
     schrie Goodman und sprang auf; alle höfische Etikette war vergessen.
    »Es ist unerläßlich!«
     rief der stutzerhafte Denny. »Euer Gnaden, wir müssen sofort
     das Gold inspizieren, das jeder von uns in der Truhe der Rathauskapelle
     hinterlegt hat!« Er zog den Schlüssel hervor, der an einer
     Silberkette an seinem Hals hing, ganz ähnlich dem, den Clifford dem
     toten Fitzroy abgenommen hatte.
    »Der Meinung bin ich
     auch«, erklärte der rothaarige Sudbury, dessen Gesicht von dem
     Wein, den er trank, noch röter war als sein Schopf. »Euer
     Gnaden, das ist eine Katastrophe. In unser aller Interesse muß die
     Truhe sofort überprüft werden.«
    Gaunt sah Clifford an, und
     der nickte. Der Regent nahm eine Silberkette ab, die er um den Hals trug.
     Der Schlüssel, der daran baumelte, blinkte im Kerzenschein.
    »Es ist wohl am besten
     so«, pflichtete er bei.
    Clifford rief die Wache, und
     angeführt von vier Soldaten mit Fackeln, marschierten Gaunt und seine
     jetzt bedrückten Gäste, dazu Cranston und Athelstan, durch die
     Gewölbegänge, die breite Holztreppe hinauf und in die kleine
     Rathauskapelle. Für einen Augenblick blieben sie im Eingang stehen,
     spähten in die Dunkelheit und schnupperten den Weihrauchduft; die
     Wache zündete Fackeln an und die Kerzen, die auf dem Hochaltar
     standen. Die Kapelle, ein kleines Juwel mit blankpolierten Marmorsäulen,
     Mosaikfußboden und bemalten Wänden, erwachte zum Leben. Der
     Marmoraltar war mit reinweißen Tüchern bedeckt. Sie gingen
     darauf zu. Gaunt zog die Tücher mit entschlossener Bewegung beiseite.
     Unter dem Altar stand eine lange, mit Eisenbändern verstärkte
     Holzkiste auf vier Säulen. Trotz der schlechten Beleuchtung konnte
     Athelstan die sechs Schlösser an der Seite erkennen.
    »Herausziehen!«
     befahl Gaunt.
    Zwei Soldaten zogen die Truhe
     vor, so daß sie vor dem Altar stand. Schon dieses Unternehmen
     verursachte Bestürzung, denn die Truhe war unerwartet leicht.
     Lautstark befahl Gaunt Ruhe, dann steckte er seinen Schlüssel ins
     Schloß und drehte ihn um; Clifford, der Fitzroys Schlüssel
     hatte, tat es ihm nach, und die übrigen Gildemeister folgten. Die
     Beschläge wurden heruntergeklappt und die Truhe geöffnet.
     Athelstan und Cranston spähten den anderen über die Schultern.
    »Nichts!« hauchte
     Marshall.
    Flinker als der Rest drängte
     sich Cranston nach vorn und hob das Stück gelbes Pergament auf, das
     auf dem Boden der Truhe lag.
    »›Diese Steuer
     wurde eingetrieben«, las er vor, »›von der Großen
     Gemeinschaft des Reiches. Gezeichnet: Ira Dei.‹«
    »Das ist unerträglich!«
     schrie Denny. »Mylord Gaunt, wir sind betrogen worden!«
    Aber der Regent ließ
     sich nur totenbleich auf den Chorstuhl fallen, starrte ins Dunkel und
     bewegte stumm die Lippen. Cranston, der John von Gaunt seit Kindertagen
     kannte, hatte ihn noch nie so verängstigt und ratlos gesehen.
    »Das ist Teufelswerk«,
     murmelte Gaunt.
    Niemand achtete auf seine
     Worte; die Gildemeister schrien und fluchten durcheinander. Clifford stand
     mit offenem Maul da und starrte in die leere Truhe. Cranston packte ihn
     grob an der Schulter.
    »Um Himmels willen,
     Mann!« zischte er. »Laßt die Kapelle räumen. Das nützt
     doch alles nichts.«
    Clifford fuhr aus seinen
     Gedanken hoch und klatschte laut in die Hände. »Mylord Gaunt muß
     über diese Sache nachdenken!« rief er in das Durcheinander.
    »Über welche
     Sache?« kreischte Sudbury. »Mylord Gaunt streckt die Hand aus,
     und wir ergreifen sie. Er redet von Freundschaft zwischen ihm und der
     Stadt -und jetzt sind zwei von uns tot. Das Gold, das wir hier hinterlegt
     haben, ist gestohlen worden, und der Missetäter Ira Dei mordet und
     stiehlt nicht nur, sondern macht uns auch noch alle zum Gespött. Was
     sollen wir unseren Gilden berichten, he? Wie sollen wir unseren Brüdern
     beibringen, daß Tausende Pfund

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