Der Zorn Gottes
Sterling verschwunden sind?«
»Mylord Gaunt wird
etwas unternehmen«, antwortete Cranston. »Er ist der Regent
und handelt im Namen der Krone. Will irgend jemand etwa Hochverrat begehen
und behaupten, Mylord Gaunt sei für all das verantwortlich?« Er
starrte Bürgermeister Goodman an, der mit verdatterter Miene am Altar
lehnte.
»Räumt jetzt die
Kapelle. Mylord Bürgermeister, Ihr solltet noch bleiben.«
Endlich hatte Cranstons
Autorität sich durchgesetzt, und die Gildemeister wanderten murrend
und sich noch ein paarmal umschauend hinaus. Gaunt wartete, bis sich die Tür
hinter ihnen geschlossen hatte, dann hob er das Gesicht.
»Sir John, Bruder
Athelstan, ich danke Euch.« Er erhob sich. »Aber was sollen
wir jetzt tun? Die Gildemeister haben recht. Jeder von ihnen hat tausend
Pfund Sterling verloren. Mountjoy und Fitzroy sind tot, und Ira Dei tanzt
um mich herum, als wäre ich ein verfluchter Maibaum.« Er
gestikulierte wild. Athelstan und Cranston setzten sich, Goodman und Lord
Adam Clifford ebenfalls. Gaunt rieb sich die Augen, dann sah er Cranston
an.
»Was schlagt Ihr vor,
Mylord Coroner?«
Cranston schüttelte den
Kopf. Athelstan entging nicht, daß ein Funke von Ärger im Auge
des Regenten aufsprühte. Sir John würde rasch etwas unternehmen
müssen, wenn er nicht für die Wut im Herzen des Regenten den Sündenbock
spielen wollte.
»Euer Gnaden.«
Athelstan stand auf. Er bemühte sich, seine Müdigkeit abzuschütteln
und das Verlangen nach seiner eigenen, stillen Kirche in Southwark
niederzukämpfen.
»Euer Gnaden«,
wiederholte er, »zwei Männer wurden niederträchtig
ermordet, aber alle Mörder begehen Fehler, und wir müssen die
Ereignisse dieses unheilvollen Tages noch überdenken. Wie jedoch das
Gold aus einer Truhe verschwinden kann, die nur mit sechs einzelnen Schlüsseln
zu öffnen ist, bleibt rätselhaft. Ich habe dazu mehrere Fragen.
Erstens: Wer hat die Truhe angefertigt?«
»Peter Sturmey«,
sagte Clifford, »ein vertrauenswürdiger Schlosser in Diensten
der Krone. Ich bezweifle sehr, daß er in dieser Sache zum Verräter
werden würde. Sein eigener Sohn ist ein Schatzbeamter, der noch vor
kurzem in Colchester beim Eintreiben von Steuern in ein Handgemenge
geriet.«
Athelstan hob die Hand.
»Was ist mit der Truhe? Mylord Regent, dürfen wir sie
vielleicht untersuchen?«
Gaunt grunzte zustimmend.
Goodman schaute zu, als Athelstan, unterstützt von Cranston und
Clifford, die Truhe umdrehte, die Holzwände abklopfte und die Schlösser
betrachtete.
Cranston schüttelte den
Kopf. »Eine solide, anständige Kiste«, sagte er leise und
richtete sich auf. »Geheimfächer hat sie keine.« Er
studierte Beschläge und Schlösser. »Daran hat sich niemand
zu schaffen gemacht.«
Athelstan klopfte sich den
Staub von der Kutte. »Damit wären wir bei meiner dritten Frage.
Könnte es einen Generalschlüssel geben?«
»Unmöglich!«
zischte Clifford. »Jedes Schloß ist einzigartig.« Er zog
zwei der Schlüssel hervor, die die Gildemeister zurückgelassen
hatten. »Ich bin kein Schlosser, Bruder, aber seht sie Euch sorgfältig
an. Schaut!« Er hielt die beiden Schlüssel gegen das
Kerzenlicht. »Seht Ihr die Zacken und Kerben in den Schlüsseln?
Jeder ist deutlich anders als die anderen. Mylord Gaunt hat darauf
bestanden, daß das so ist.«
Athelstan rieb sich die
Lippen, um seine Bestürzung zu verbergen.
»Eure vierte Frage
liegt auf der Hand«, sagte Clifford. »Hat Sturmey von den Schlüsseln
Duplikate hergestellt? Aber dann«, fuhr er hastig fort, als er den
Regent den Kopf schütteln sah, »wäre Sturmey ein Verräter,
der fröhlich seine Schlüssel weitergibt, damit jemand anderes
die Schlösser öffnen kann.«
»Bei den Zitzen des
Satans!« murmelte Cranston. »Wie konnte es geschehen? War die
Kapelle bewacht?«
Goodman zuckte die Achseln.
»Nein, warum auch? Die Truhe war schwer durch das Gold, und bei
sechs Schlössern…« Er ließ den Satz unvollendet.
»Wer hat das alles
geplant?« fragte Athelstan. »Ich meine, die Goldbarren, die
Truhe…«
Clifford verzog das Gesicht
und sah Goodman an. »Der Gedanke, das Gold hier in eine Truhe zu
legen, stammt von Mylord Gaunt«, sagte er. »Aber ich selbst
und Sir Gerard Mountjoy haben Sturmey ausgesucht.« Er lächelte.
»Darauf haben die Gildemeister bestanden.«
»Weil sie mir nicht
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