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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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daran, das Bett und die Möbel
     zu verrücken. Ranulf stemmte sogar die Bodendielen hoch, aber sie
     konnten nichts finden. Schließlich standen alle drei mit hochroten
     Gesichtern und schweißüberströmt in der Mitte der Kammer.
     Cranston war sichtlich beschwingt. Er schlug Athelstan und Ranulf auf die
     Schultern und entschuldigte sich, weil er Ranulf angeschrien hatte.
    »Ich spendiere dir den
     besten Rotwein in London«, schwor er. »Und für deinen
     kleinen Freund gibt's auch etwas zu trinken.«
    »Er mag Malmsey, Sir
     John.«
    »Von mir aus kann er in
     dem verfluchten Zeug ein Bad nehmen! Aber bist du sicher?«
    Ranulf nickte.
    »Wenn es so ist,
     sollten wir es mit dem Krug probieren.«
    Er nahm den kleinen Krug, füllte
     ihn aus seinem Weinschlauch bis zum Rand und hob ihn zum Mund.
    »Sir John, seid Ihr
     sicher?«
    »Ach, um Himmels
     willen, Athelstan, ich werde es ja gleich
     herausfinden.« Er trank den Krug bis zum letzten Tropfen leer.
     »A lea jacta est.'« erklärte er. »Die Würfel
     sind gefallen! Jetzt laßt uns zu dem Luder hinuntergehen.«
    Sie stiegen hinunter in den Söller,
     wo die verbissen dreinblickende Rosamund und ein sehr viel nervöserer
     Albric saßen und auf sie warteten.
    »Sir John!« Die
     Frau erhob sich. »Ihr seid jetzt seit einer guten Stunde in meinem
     Hause. Verschwindet endlich!«
    »Ich bin noch nicht
     fertig«, kläffte er und trat dicht vor sie.
    »Ja, was wollt Ihr denn
     noch? Diese lächerlichen Anschuldigungen!«
    Cranston holte tief Luft.
     »Rosamund Ingham und Ihr, Albric Totnes: Ich, Sir John Cranston, der
     Coroner des Königs in dieser Stadt, verhafte Euch wegen Mordes und
     Verrats.«    
    Rosamund wurde bleich und
     starrte ihn an. Albric plumpste auf einen Stuhl und hielt sich den Bauch;
     seine Augen wurden feucht, und sein Mund stand offen. Er war die leichtere
     Beute, das erkannte Athelstan. »Oh Herr«, intonierte er, die
     Psalmen zitierend, »strecke aus Deine Hand und zeige Deine
     Gerechtigkeit.«
    Rosamund hatte die Fassung
     rasch wiedergefunden. »Mord? Verrat? Was soll dieser Unsinn?«
    »Das wißt Ihr
     ganz genau, Mistress.« Cranston holte den kleinen Krug, den er aus
     der Schlafkammer mitgenommen hatte, aus seinem weiten Ärmel. »In
     Anwesenheit von Zeugen gebt Ihr zu, Mistress, daß dieser Krug die
     Medizin Eures verstorbenen Gemahls enthielt, eine Tinktur aus Fingerhut
     oder Digitalis? Eine Medizin, die, wenn ich recht verstehe, das Herz kräftigen
     kann, wenn sie in kleinen Dosen verabreicht wird?«   
    »Ja, so ist es. Was
     wollt Ihr sagen, Sir John? Daß mein Mann zuviel genommen hat? Er hat
     sich immer selbst eingegossen. Niemand sonst durfte den Krug anrühren.«
    Cranston nickte. »Und würdet
     Ihr mir in Gegenwart von Zeugen auch zustimmen, daß dies der Krug
     ist, der in der Kammer Eures Gatten blieb, als ich die Tür
     versiegelte, und daß Euer Gatte ihn im Todeskampf umgestoßen
     hat?«
    »Ja, ja.«
    Ein Geräusch an der Tür
     veranlaßte Cranston, sich umzudrehen. Er rief den alten Diener
     herbei.
    »Gerade zur rechten
     Zeit, mein Freund«, dröhnte er. »Ich könnte noch
     einen Zeugen gebrauchen. Sagt mir, Mistress« - er wandte sich wieder
     der Frau zu -, »habt Ihr schon einmal Fingerhuttinktur gekostet?«
    »Selbstverständlich
     nicht! Sir John, Ihr habt ja getrunken.«
    »Oh ja. Ja, das habe
     ich. Ich habe sogar aus diesem Krug getrunken.«
    Athelstan warf einen raschen
     Blick zu Albric hinüber. Der Mann mochte ein Feigling sein, aber
     seinem Gesicht war anzusehen, daß er bereits erraten hatte, worauf
     Cranston mit seinem Verhör abzielte, und das schien sein Entsetzen
     nur zu steigern.
    »Nun«, fuhr
     Cranston gleichmütig fort. »Fingerhut schmeckt beinahe nach
     nichts. Und so habt Ihr Euren Mann ermordet. Er bewahrte den Hauptvorrat
     seiner Arznei in einer verschlossenen Flasche in der Speisekammer auf. Er
     wußte nicht, daß Ihr vielleicht einen Monat vor seinem Tod die
     ganze Medizin weggeschüttet und durch ganz harmloses Wasser ersetzt
     hattet.«
    »Seid nicht albern. Das
     hätte mein Mann doch gemerkt.«
    Cranston grinste. »Und
     wo ist die Flasche?«
    »Ich habe sie
     weggeworfen!« stammelte Rosamund.
    »So, so«,
     erwiderte Cranston. »Und warum solltet Ihr das getan haben?«
    »Weil sie nicht mehr
     gebraucht wurde.«
    »Quatsch! Weil Ihr den
     Beweis vernichten wolltet. Er hätte nie etwas gemerkt. Schließlich«,
     fuhr Cranston fort, »sehen wir immer

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