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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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gehört, daß eine Ratte einen Leichnam angeknabbert
     hat?«
    »Oh ja, Pater, die
     fressen alles.«
    »Und du erlegst sie mit
     Fallen oder mit Frettchen?«
    »Aye, und manchmal auch
     mit Gift, mit Belladonna oder Nachtschatten, wenn sie besonders gerissen
     sind.«
    Athelstan bedankte sich lächelnd
     und ging zur Tür.
    »Pater!«
    Athelstan drehte sich noch
     einmal um. »Nein, Ranulf, bevor du fragst - Bonaventura ist nicht zu
     verkaufen. Aber wir können ihn ja als Mitglied eurer Zunft eintragen.«
    Und Athelstan verabschiedete
     sich von Ranulf und seiner Familie. Er hatte die Gasse halb hinter sich,
     den Kopf immer noch voll von Ratten, Giften, Fallen und Frettchen, als er
     plötzlich mit offenem Mund stehenblieb: Er hatte eine Idee. Lächelnd
     schaute er hinauf zum heller werdenden Himmel.   
    »Oh Herr, gesegnet bist
     Du«, flüsterte er. »Und wunderbar sind Deine Wege.«
    Beinahe im Laufschritt kehrte
     er zum Haus des Rattenfängers zurück und hämmerte an die Tür.
     Ranulf geriet in helle Aufregung, als Athelstan ihn bei der Schulter
     packte.
    »Pater, was ist denn?«
    »Du mußt
     mitkommen. Sofort, Ranulf! Du mußt mit mir zu Sir John kommen!
     Ranulf, bitte, ich brauche deine Hilfe.«
    Der Rattenfänger ließ
     sich nicht zweimal bitten. Er ging ins Haus, rief seiner Töchter ein
     paar Anweisungen zu, küßte seine Kinder, nahm Ferox mit, der
     wohlverwahrt in einem kleinen Käfig saß, und eilte mit
     Athelstan durch die Straßen von Southwark hinunter zur London
     Bridge.
    *
    Rosamund Ingham erbleichte,
     als sie auf Sir Johns beharrliches Klopfen die Tür öffnete. Sie
     blieb in der halb offenen Tür und funkelte erst den Coroner an, dann
     Athelstan, hinter dem Ranulf stand. »Was habt Ihr, Mistress?«
     begrüßte Cranston sie. »Ihr seht aus, als hättet Ihr
     ein Gespenst gesehen!«
    »Was wollt Ihr?«
    »Ihr habt mich gestern
     abend gebeten, die Siegel von der Tür Eures verstorbenen Gatten zu
     entfernen, und deshalb bin ich hier.« Er stieß die Tür
     weiter auf. »Wir können doch hereinkommen, oder? Ich danke
     recht sehr.«
    Er sah Albric in dem mit
     Steinplatten ausgelegten Hausflur stehen, und schon aus dieser Entfernung
     konnte Cranston erkennen, daß der junge Stutzer sichtlich Angst
     hatte.
    »Dann bringe ich Euch
     am besten gleich hinauf zu seiner Kammer.« Rosamund hatte ihre
     Fassung rasch wiedergewonnen, und auf ihrem schnippischen Gesicht stand
     wieder ein wenig von der alten Härte.
    Athelstan winkte sie weiter.
     »Wenn Ihr so gut sein wolltet, Mistress.«
    Cranston zwinkerte ihm zu.
     »Für einen Mönch, Bruder, hast du eine nadelspitze Zunge!«
    »Ordensbruder!«
     zischte Athelstan.
    »Na, noch besser«,
     wisperte Cranston, als sie die Treppe hinaufstiegen.
    Athelstan senkte den Blick,
     um Mistress Inghams wippende Hüften nicht anzustarren. Durch und
     durch kokett, dachte er und wußte, daß Cranston ein gröberes
     Wort benutzt hätte. Er warf einen Blick zu seinem dicken Freund, der
     hinter ihm ging. Auf den Lippen des Coroners spielte ein Lächeln,
     aber seine hellblauen Augen waren hart vor Wut. Oben angekommen, riß
     Cranston die Siegel von der Tür und stieß sie auf.
    »Warum sind die hier?«
     Rosamund deutete mit zierlichem Finger auf Athelstan und Ranulf.
    »Erstens, weil sie
     Beamte sind wie ich!« blaffte Cranston. »Und zweitens,
     Mistress, weil ich sie hierhaben will. Ihr habt doch sicher nichts
     dagegen?«
    Rosamund schob sich zwischen
     Sir John und die offene Tür. »Ihr habt die Siegel abgenommen!«
     zischte sie. »Jetzt geht!«
    »Ach, wußtet Ihr
     das nicht?« Cranston zog die Brauen hoch. »Wenn der Coroner
     des Königs ein Zimmer entsiegelt, muß er sich davon überzeugen,
     daß alles so ist, wie er es verlassen hat. Ich habt doch sicher
     nichts dagegen?«
    Die Frau preßte die
     Lippen zusammen, und Cranston ließ alle Schauspielerei fallen.
     »Ich bin nicht als Freund des verstorbenen Sir Oliver hier«,
     knurrte er und warf einen Blick auf Rosamunds schwarzes Kleid. »Ich
     nehme an, das Requiem war kurz und süß?«
    »Es war vor einer
     Stunde zu Ende.«
    Cranston schob sie beiseite.
     »Ich bin der Coroner des Königs«, erklärte er.
     »Ich wünsche diesen Raum zu besichtigen, und ich wäre Euch
     dankbar, Mistress, wenn Ihr und diese Kreatur da unten sich bereithalten würdet,
     mir gewisse Fragen zu beantworten.«
    Rosamund rauschte davon, aber
     Athelstan sah die Angst in ihrem Gesicht und wußte,

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