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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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finde es schwer zu glauben, Benedicta, daß Cranston tatsächlich
     jemanden jagt, der solche grausigen Dinge stiehlt.«
    Sie verschränkte die
     Arme und starrte in den Dunst über der Flußmitte.
    »Manchmal hasse ich
     diesen Ort«, murmelte sie. »Ich habe schon daran gedacht,
     irgendwohin aufs Land zu ziehen - wo es friedlich und sauber ist.«
    »Das darfst du nicht.«
     Athelstan biß sich gleich auf die Lippe. Dann sah er sie an. »Wenn
     du fortgingest, Benedicta, würde ich dich vermissen.«
    »Sehr wahr.« Sie
     grinste. »Und wer würde sich um Euch und Cranston kümmern?«
    Sie hasteten über die Brücke
     und nach Eastchepe, folgten den Gassen zur Mark Lane und nach Aldgate und
     bogen dann nach rechts in die Straße, die zu den schimmernden
     Sandsteingebäuden des Minoritinnenklosters führte. Die Sonne
     ging auf, und Athelstan wischte sich den Schweiß von der Stirn.
    »Wir hätten reiten
     sollen«, brummte er. »Der Himmel allein weiß, warum ich
     hier bin.«
    »Sie hat doch sonst
     niemanden.«
    »Aye«, knurrte
     er. »Das genügt als Grund.«
    Die Nonnen begrüßten
     ihn freundlich und bestanden darauf, daß er und Benedicta sich im
     Refektorium erfrischten, bevor die Novizenmeisterin, eine stämmige,
     aber sehr freundlich blickende Nonne, ihnen erzählte, was in der
     vergangenen Nacht geschehen war.
    »Wir fanden sie auf dem
     Boden liegend«, begann sie. »Halb erwürgt von
     dem Bettlaken, das sie sich um den Hals geschlungen hatte. Wenn es nicht
     gerissen wäre, und niemand das Gepolter gehört hätte
     …« Sie spreizte die Hände. »Dann müßte
     ich Euch jetzt mit Bedauern ihren Tod melden. Bruder Athelstan, was können
     wir tun? Wir haben hier ein Mädchen, ein Kind noch, das Selbstmord
     begehen könnte!«
    Der Bruder stand auf. »Laßt
     mich zu ihr.«
    Die Novizenmeisterin führte
     sie durch einen Torbogen auf einen kühlen Gang und klopfte an eine
     Zellentür. Eine andere Nonne öffnete, und die Novizenmeisterin führte
     sie hinein zu Elizabeth Hobden, die mit dunklen Augen und bleichem Gesicht
     drinnen auf der Bettkante saß. An ihrem zarten weißen Hals
     leuchtete ein violetter Bluterguß.
    »Wie geht es Anna,
     ihrer Amme?« fragte Benedicta.
    »Oh, der geht es gut.
     Sie ißt und trinkt, als wäre morgen der Jüngste Tag«,
     antwortete die Nonne.
    Athelstan nahm einen Schemel
     und setzte sich zu Elizabeth. Er blickte zu den beiden Nonnen auf. »Schwestern,
     würdet Ihr uns bitte ein Weilchen allein lassen? Lady Benedicta
     bleibt bei uns.«
    Die Nonnen gingen. Benedicta
     blieb an der Tür stehen, und Athelstan ergriff die schlaffe Hand des
     Mädchens.
    »Elizabeth, schau mich
     an.«
    Sie hob den Blick. »Was
     wollt Ihr?« murmelte sie.
    »Ich will helfen.«
    »Das könnt Ihr
     nicht. Sie haben meine Mutter ermordet, und jetzt bin ich eine Verfemte.«
    Athelstan sah das Mädchen
     an; dann fiel sein Blick auf das Kruzifix, das hinter ihr an der Wand
     hing. Er nahm es ab und hielt es dem Mädchen vors Gesicht.
    »Elizabeth, glaubst du
     an Christus?«
    »Ja, Pater.«
    »Dann leg deine Hand
     auf dieses Kruzifix und schwöre, daß dein Vorwurf wahr ist.«
    Das Mädchen stürzte
     sich förmlich auf das Kreuz. »Ich schwöre es!« sagte
     sie mit fester Stimme. »Beim Leib Christi, ich schwöre es!«
    Athelstan hängte das
     Kreuz wieder auf und hockte sich neben sie. »Jetzt versprich mir
     etwas.«
    Das Mädchen starrte ihn
     an.
    »Versprich mir, daß
     du keine Dummheiten mehr machen wirst. Gib mir eine Woche Zeit«, bat
     er. »Nur eine Woche. Ich werde sehen, was ich tun kann.«
    Das Mädchen nickte, und
     Athelstan zuckte zusammen, als er den Hoffnungsschimmer in ihrem Blick
     sah.
    »Ich tue, was ich kann«,
     wiederholte er. Sanft tätschelte er ihr die Hand und ging dann
     hinaus.
    »Was könnt Ihr
     denn tun?« fragte Benedicta, als das Tor des Minoritinnenklosters
     sich hinter ihnen geschlossen hatte.
    »Ich weiß nicht«,
     antwortete Athelstan. »Aber vielleicht fällt Cranston etwas
     ein.« Er seufzte. »Ich hatte eigentlich vorgehabt, Sir John
     zumindest bis Montag in Ruhe zu lassen. Aber ich werde ihn wohl daran
     erinnern müssen, daß das Böse niemals ruht.«
    Durch Aldgate und Cornhill
     gingen sie zurück in die Stadt. Der Pranger an der Ecke der Poultry
     war voll mit Übeltätern, die wegen Ruhestörung am
     Freitagabend verhaftet worden waren, und in dem großen Eisenkäfig
     am Wasserspeicher drängten sich Nachtschwärmer und

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