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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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glubschäugiger und
     banger aus als sonst. Sudbury und Bremmer waren sichtlich in Schweiß
     geraten. Marshall kratzte sich den kahlen Schädel und wollte ihnen
     nicht in die Augen sehen, und Denny hatte alles Stutzergebaren
     fallengelassen und starrte Sir John so unverwandt an wie ein erschrockenes
     Kaninchen, das sich einem Hermelin gegenübersieht.
    Goodman räusperte sich.
     »Sir John, Ihr wolltet uns sehen?«
    »Verdammt, das kann man
     wohl sagen!« Cranston legte seine massigen Arme auf den Tisch.
     »Wir wollen nicht um den heißen Brei reden. Meister Sturmey,
     der Schlosser, wurde beauftragt, eine besondere Truhe für die
     Goldbarren zu bauen. Sie wurde mit sechs verschiedenen Schlössern
     ausgestattet. Jeder von Euch hatte einen Schlüssel, und doch wurde
     das Gold herausgenommen. Sturmey ist tot, und bevor Ihr fragt:
    Jawohl, er wurde ermordet,
     weil ihn jemand gezwungen hatte, einen zweiten Satz Schlüssel zu
     machen.« Cranston wischte sich mit dem Handrücken über den
     Mund. »Nun mögt Ihr fragen: Warum? Was könnte einen
     angesehenen Handwerksmeister wie Sturmey dazu bringen, sich in Diebstahl
     und Verrat verwickeln zu lassen? Die Verlockung des Goldes? Nein, so war
     Sturmey nicht. Ein anderer Vorteil? Nein, meine Herren. Er war das Opfer
     eines Erpressers.«
    Der Bürgermeister und
     die Gildeherren starrten Cranston an wie Verbrecher, die vor einem
     strengen Richter sitzen.
    »Vor fünfzehn
     Jahren«, fuhr der Coroner fort, »war ich stellvertretender
     Coroner in Cordwainer und Farringdon. Sir Christopher« - er lächelte
     den Bürgermeister an -, »Ihr erinnert Euch doch sicher an meine
     Tage in jenem Amt, denn auch Ihr wart ja ein Justizbeamter. Da gab es
     einen Skandal, nicht wahr? Gewisse Anschuldigungen wurden dem königlichen
     Rat vorgetragen: Mächtige Kaufleute seien verwickelt in die
     fleischliche Verführung von Chorknaben und Pagen der
     St.-Pauls-Kathedrale. Sicher erinnert Ihr Euch noch, nicht wahr?«
     Cranston räusperte sich. »Zwei Kaufleute wurden gehängt,
     gestreckt und gevierteilt, weil dieses schmutzige Treiben zum Tod eines
     der Jungen führte. Tja.« Cranston lehnte sich zurück und
     faltete die Hände über dem Bauch. »Die Ermittlungen führten
     zu wohlhabenden, mächtigen Bürgern, die alle befragt wurden, und
     auf der Liste dieser Bürger standen auch der verstorbene Sir Gerard
     Mountjoy, der verstorbene Sir Thomas Fitzroy, Philip Sudbury, Alexander
     Bremmer, Hugo Marshall und James Denny.«
    »Aber wir waren
     unschuldig!« fauchte Bremmer. »Geschwätz und Klatsch von
     boshaften Zungen!«
    »Ich habe nie etwas
     anderes behauptet«, erwiderte Cranston. »Aber da steht noch
     ein Name: Peter Sturmey, Schlosser. Wie dem auch sei, die Ermittlungen
     wurden irgendwann abgeschlossen, sonst wären an jedem Galgen der
     Stadt die fauligen Früchte erblüht. Im Verlaufe dieser
     Ermittlungen aber offenbarte Sturmey, gegen den keine Vorwürfe
     erhoben worden waren, die Existenz eines Männerbordells in einer
     Gasse bei Billingsgate. Erstens: Die Namen, die ich gerade aufgeführt
     habe, sind alle an der jetzt in Frage stehenden Angelegenheit beteiligt.
     Zweitens: Sturmey, der ebenfalls in die Sache verwickelt war, wurde jetzt
     ermordet im Wasser am Kai bei Billingsgate aufgefunden.«
    »Kommt endlich zur
     Sache«, sagte Goodman leise.
    »Oh, ich denke, es
     liegt auf der Hand«, warf Athelstan ein. »Selbstverständlich
     waren alle der hier Anwesenden unschuldig im Sinne der vor fünfzehn
     Jahren erhobenen Vorwürfe. Sturmey aber war schuldig, zumindest vor
     den Augen Gottes. Als Gras über die Sache gewachsen war, schwieg er.
     Er arbeitete hart in seinem Handwerk, auf das er sich gut verstand, aber
     er führte sein heimliches Doppelleben weiter. Die Jahre vergingen.
     Sturmeys Ruf als Schlosser sprach sich herum, und man betraute ihn mit
     dieser besonderen Aufgabe. Leider aber erinnerte sich jemand an die
     Vergangenheit, behielt Master Sturmey im Auge und fand heraus, daß
     der Schlosser immer noch ein Doppelleben führte.«
    »Es ist, wie mein
     Schreiber sagt«, fuhr Cranston fort. »Sturmey wurde mit zwei
     Dingen erpreßt: mit der Vergangenheit und, was wichtiger ist, mit
     der Gegenwart. Wahrscheinlich fertigte er aus lauter Angst einen zweiten
     Satz Schlüssel an. Am Tag, als er starb, hatte man ihn nach Billingsgate
     bestellt, einen Ort, den unser Schlosser nur zu gut kannte - zu seiner,
     wie er glaubte, letzten Begegnung

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