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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Harding
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du mitkommen?«
    Die Frau nickte.
    »Was ist denn los,
     Bruder?« fragte Cranston neugierig.
    Athelstan grinste. »Nichts
     weiter, Sir John. Aber der Mörder könnte an einer Zuckerpflaume
     klebenbleiben.«
    Er ließ sich kein
     weiteres Wort entlocken. Murrend ging Cranston mit ihnen durch die
     Cheapside zum Rathaus und über Gänge und Höfe in den
     kleinen Garten, wo Mountjoy erstochen worden war. Ein aufgeblasener
     Beamter wollte sie aufhalten, ergriff aber die Flucht, als Cranston ihn
     anknurrte. Benedicta schaute sich um, bestaunte den bronzenen Falken auf
     dem Springbrunnen und das klare Wasser, das aus Leopardenmäulern in
     den kleinen, von Lilien und anderen Wildblumen gesäumten Kanal strömte.
     Sie huschte durch den Laubengang aus dünnen, mit Weidenschnüren
     zusammengeflochtenen Stangen und bewunderte die Weinranken und Rosen, die
     sich um sie rankten. Als sie herauskam, war ihr Gesicht ganz rot vor
     Aufregung.
    »Das ist wunderschön!«
     rief sie.
    Athelstan deutete auf die
     kleine, umfriedete Laube. »Der Schauplatz des Mordes«, sagte
     er nüchtern. »Dort wurde Mountjoy umgebracht.«
    Sie blieben am Zaun stehen.
     Wieder fragte sich Athelstan, wie der Mörder an den wilden Hunden
     vorbei zu Sir Gerard hatte vordringen können.
    »Kommt, Sir John, laßt
     uns ein Maskenspiel veranstalten.«
    Athelstan zog den Coroner am
     Ärmel, öffnete das kleine Tor und führte ihn in den Garten.
     »Setzt Euch auf die Rasenbank.« Er grinste. »Benedicta,
     du mußt so tun, als seist du ein Wolfshund.«
    Beide grinsten und zuckten
     die Achseln, taten aber, was Athelstan wollte. Cranston ließ sich
     auf die Rasenbank fallen und nahm einen großen Schluck aus seinem
     Weinschlauch.
    »So«, flüsterte
     Athelstan. »Sir Gerard sonnt sich mit seinen Hunden im Garten.
     Irgendwann an diesem Nachmittag wird er erstochen. Die Klinge wird tief in
     den Körper gestoßen; dennoch leistet er keinen Widerstand, und
     auch die wilden Hunde versuchen nicht, ihn zu verteidigen.«
     Athelstan ging zurück zum Gartentor und deutete auf die Ziegelmauer
     des Rathauses, die den Garten zur einen Seite begrenzte. »Von dort
     konnte ein Mörder nicht kommen.« Er drehte sich um. »Über
     den Zaun hinter Sir Gerard konnte er kaum klettern, denn der Sheriff und
     seine Hunde hätten ihn sofort bemerkt. Auch durch das Tor konnte er
     mit gezücktem Dolch nicht hereinkommen.«
    »Und wenn doch?«
     fragte Benedicta. »Wenn es ein Freund war, den die Hunde gewähren
     ließen, weil ihr Herr ihn herzlich begrüßte?« 
    »Mountjoy hatte keine
     Freunde«, knurrte Cranston.
    »Nein.« Benedicta
     wedelte mit den Händen. »Der Mörder kommt ganz dicht
     heran, zieht erst dann seinen Dolch und stößt ihn Sir Gerard in
     die Brust.«
    Athelstan schüttelte den
     Kopf. »Möglich ist es«, sagte er, »aber kaum
     wahrscheinlich. Sir Gerard hätte zumindest gesehen, wie der Dolch
     gezogen wurde; der Mörder dürfte ihn kaum in der Hand gehabt
     haben, als er den Garten betrat. Es wäre zu einem Kampf gekommen, und
     die Hunde wären alarmiert worden. Vergiß nicht, Sir Gerard
     wurde ermordet, ohne daß es die Spuren eines Kampfes gegeben hätte.«
    Benedicta streckte ihm die
     Zunge heraus.
    »Es gibt nur eine Möglichkeit«,
     brummte Cranston und deutete auf die Zaunpfähle am unteren Ende des
     Gartens. »Der überdachte Gang zwischen der Küche und dem
     Rathaus.«
    »Da sind Lücken im
     Zaun«, fügte Benedicta hinzu.
    Athelstan schüttelte den
     Kopf. »Zu schmal, um einen Dolch mit solcher Wucht und Genauigkeit
     hindurchzuwerfen. Paßt auf und wartet hier.« Er nahm Cranstons
     Dolch, der dem des Mörders ziemlich ähnlich war, ging zurück
     ins Rathaus den dunkel überdachten Gang hinunter. Er blieb stehen,
     und durch Lücken im Zaun sah er Cranston gegenüber auf der Rasenbank sitzen. Er schob den
     Dolch durch die Lücke, sie war breit genug, aber er hatte recht:
     Niemand konnte einen Dolch hindurchwerfen. Athelstan kratzte sich am Kopf
     und kehrte zurück in den Garten. »Ein Rätsel«,
     murmelte er. »Kommt, laßt uns in den Bankettsaal gehen.«
    Cranston sah Benedicta an und
     zog eine Grimasse, aber er folgte dem nachdenklichen Ordensbruder in den
     Bankettsaal. Der Raum lag verlassen da, und die Tische standen noch so wie
     an jenem schicksalhaften Abend. Athelstan löcherte Cranston mit
     Fragen.
    Wer hatte wo gesessen? Was
     hatten sie gegessen? Wie spät hatte es angefangen?
    Dann spazierte er

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