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Der Zorn Gottes

Der Zorn Gottes

Titel: Der Zorn Gottes
Autoren: Paul Harding
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und als er bei dreißig angekommen war, trat er mit aller
     Kraft gegen die klapprige Tür, daß sie aus den rostigen Angeln
     flog. In dem Haus war es schmutzig und muffig, und als sie durch den Flur
     liefen, ließ ein schrecklicher Gestank Athelstan würgen. Sie hörten
     laute Stimmen; auch Benedictas war darunter. Sie fanden sie in einer
     kleinen Kammer im Hinterhaus, zusammen mit dem Reliquienhändler und
     seinem jungen Gehilfen. Benedicta war kreideweiß, und auch die
     beiden Betrüger erbleichten vor Schrecken über den Tumult und
     Cranstons Gebrüll. Vor ihnen auf dem Tisch lag der abgeschlagene Kopf
     eines rothaarigen Mannes mit halbgeschlossenen Augen; die violetten Lippen
     klafften auseinander. Wenn die beiden Reliquienhändler hätten
     fliehen können, wären sie verschwunden, aber so kauerten sie
     sich in eine Ecke, als der Coroner den Schädel packte und hochhob.
     Benedicta hatte genug gesehen; sie preßte eine Hand vor den Mund und
     stürzte zur Tür hinaus auf die Straße.
    »So, so, meine Böckchen!«
     Cranston grinste. »Ihr seid beide verhaftet.«
    »Weshalb?« rief
     der Reliquienhändler.
    »Wegen Diebstahls von
     Eigentum der Krone, mein Freund, wegen Fälschung, wegen betrügerischer
     Handlungen und wegen Blasphemie. Das ist nicht der Kopf von Johannes dem Täufer;
     er gehört Jacques le Roux, dem französischen Piraten, der in der
     Themsemündung gefangengenommen und nach Recht und Gesetz hingerichtet wurde!«
     Cranston schaute sich in der Kammer um. »Mein Gott, hier stinkt es
     schlimmer als bei den Metzgern von Newgate!«
    Athelstan vor sich
     herschiebend, ging er zur Tür hinaus; dann zog er den Schlüssel
     aus dem Schloß und sperrte die beiden sehr bedrückt aussehenden
     Reliquienhändler ein.
    »Türen und Fenster
     gibt's hier nicht, Athelstan. Die Gauner können drinbleiben, bis ich
     den Schlüssel an die Bezirksbehörden übergeben habe. Jetzt
     wollen wir sehen, was dieses Schatzhaus noch so alles enthält.«
    Athelstan folgte ihm, gab
     aber nach einer Weile angeekelt von den Dingen, die sie entdeckten, auf
     und ging zu Benedicta auf die Straße hinaus.
    »Bei den Zähnen
     der Hölle!« flüsterte er, Cranston zitierend. »Man
     sollte das Haus bis auf die Grundmauern niederbrennen.«
    Cranston aber kam
     stolzgeschwellt heraus. Er zog die Haustür hinter sich zu und schloß
     sie ab.
    »Benedicta«,
     sagte er, »du bist ein Engel. Wo sonst soll ein Reliquienhändler
     einen Kopf finden, den er als Heiligenschädel verkaufen kann - wenn
     nicht auf dem Richtplatz?« Der Coroner rieb sich die Hände.
     »Wieder ein kleiner Sieg für den alten John, hm?«
    Sie gingen zurück zur
     Cheapside und warteten, während Cranston die Behörden
     informierte und zu dem Haus schickte. Einer der Büttel aß
     gerade eine Fleischpastete und mampfte unverschämt, während
     Cranston mit ihm redete. Der Coroner grinste nur, als er die Männer
     davonmarschieren sah.
    »Ich habe ihnen nicht
     gesagt, was sie erwartet«, sagte er heiter. »Aber der Kerl mit
     seiner Fleischpastete wird bald eine kurze, einprägsame Lektion
     erhalten.«
    Er führte die beiden zurück
     ins »Heilige Lamm Gottes« und lachte laut, als
     Benedicta sich fragte, wie jemand dumm genug sein könne, solchen
     Gaunern zu vertrauen.
    »Dumm!«
     wiederholte er. »Du kannst in jede beliebige Stadt in England,
     Frankreich oder jenseits des Rheins gehen, und du wirst Männer
     finden, Kirchenfürsten, hochgebildete und intelligente Priester, die
     ein Vermögen für einen schmutzigen Knochensplitter oder einen
     Lumpenfetzen ausgeben. Weißt du, hier in London habe ich von einem
     Kaufmann gehört, der hundert Pfund Sterling für ein Mundtuch
     bezahlt hat, mit dem St. Cuthbert sich die Lippen abgetupft hat. Bei den
     Eiern des Teufels!« Murmelnd entschuldigte er sich bei Benedicta.
     »Aber bei den Zähnen der Hölle! Ich wünschte, alles wäre
     so leicht. Bruder, hat unser Ausflug ins Rathaus irgendwas geklärt?«
    Cranston ließ seinen mächtigen
     Hintern auf einen Stuhl sinken und schaute seinen Schreiber
     mitleidheischend an. »Athelstan«, flehte er, »früher
     oder später wird der Regent meinen Bericht verlangen.«
    Der Bruder starrte auf die
     Tischplatte. »Mal sehen«, begann er langsam. »Wir
     wissen, warum Mountjoy und die beiden anderen ermordet wurden. Nicht wegen
     einer geheimen Sünde oder wegen persönlicher Rivalitäten,
     sondern um dem Regenten Knüppel zwischen die Beine zu
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