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Der Zuckerkreml

Der Zuckerkreml

Titel: Der Zuckerkreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Sorokin
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fiel ihm aus dem Gesicht.
    Er erschlaffte, seine Beine regten sich wieder. Die
     Wachsoldaten schnallten ihn ab. Hose und Unterhose festhaltend, erhob sich Sawoska
     in aller Ruhe, wies sein zersäbeltes Gesäß den Wachsoldaten vor: »Hübsch, nicht? Wie
     ein Bild von Repin!«
    »Gefangener, gehen Sie an Ihren Platz!«, erwiderte der
     Soldat, die breiten Jochbeine unter der Filzmütze unbewegt.
    Sawoska knöpfte sich fertig zu und ging zurück zu seinen
     Kollegen.
    »Gut gehalten!«, lobte der Vorarbeiter und klopfte ihm auf
     den Rücken.
    Matjucha schmiss die abgenutzte Rute beiseite, schüttelte
     kurz und routiniert die rechte Hand aus, dann fuhr er mit ihr in den Kanister und
     zog eine neue Rute hervor, schwang sie einmal probehalber. Salzige Tropfen flogen
     umher, blitzten in der Sonne.
    »Lieber Gott, mach mich stark«, murmelte Petrow undzog den weißblonden Kopf zwischen die breiten, fraulich weichen
     Schultern.
    Salman spuckte aus und ging entschlossen auf die Tanjuscha
     zu, schon im Gehen löste er den Strick, der seine Hosen hielt. Die Wachsoldaten
     griffen zu, legten ihn lang und schnallten ihn an. Salmans platter, stark behaarter
     brauner Hintern trug auch schon seine Spuren, wenn auch nicht so üppig wie der von
     Sawoska.
    »Bismillah rahmani rahim …«, murmelte Salman und drehte
     den Kopf von den zuschauenden Arbeitern weg.
    Matjucha nahm Maß und zog seine Rute über Salmans Hintern.
     Salman knurrte.
    »Halt dich wacker, Dschigit!«, rief Hufeisen mit dem
     Anflug eines Lächelns.
    Der Scharfrichter züchtigte Salman genauso leichthändig,
     flott und ohne zu hasten wie zuvor Sawoska. Der Tschetschene knurrte ausgiebig,
     zeigte aber ansonsten keine Regung. Der magere, sehnige Körper klebte an der
     Tanjuscha wie festgewachsen. Jedes Schwirren, jeder Hieb rief bei Salman ein Knurren
     hervor. Knurrend blickte er in die fernen Berge.
    »Das macht er gut!« San Sanytsch kratzte sich beifällig
     die graue Kinnbürste.
    »Salman kriegst du mit der Rute nicht klein«, sagte
     Botscharow, der finster zuschaute.
    »Gegerbt, wie der ist«, nickte Sawoska.
    Am tiefblauen, wolkenlosen Himmel segelten sechs Geier,
     überflogen die Mauer von Russland nach China.
    Salmans Knurren war gleichbleibend laut, wurde auch nicht
     grimmiger; reglos auf der Tanjuscha liegend, bettete er jeden Schlag darin ein.
     Matjucha kam zu Ende und schmiss die gebrauchte Rute hinter sich. Salman wurde
     abgeschnallt, er erhob sich, zog die Hosen hoch, fluchte dabei auf Tschetschenisch.
    Nun schauten alle auf Petrow. Der, wie er es merkte, zuckte
     zusammen, als hätte er schon den ersten Schlag von ihnen allen bekommen, dann
     schleppte er seinen massigen Körper schicksalsergeben zur Bank.
    »Mach dir nicht ins Hemd, Petrucchio, Matjucha hat ein
     Händchen für die Sache«, suchte Sawoska ihn zu beruhigen.
    »Vielleicht bist du ja schon bisschen müde, Matjucha?«,
     rief San Sanytsch und lachte hämisch.
    »Gefangene, Gespräche einstellen!«, befahl einer der
     Wachsoldaten.
    Petrow ging mit eingezogenem Kopf, man konnte meinen, er
     hätte einen Korb Hohlblocksteine auf den Schultern. Matjucha, Gerte bei Fuß,
     wartete. Leckte sich die schweißigen Lippen.
    Petrow setzte sich auf die Tanjuscha, ließ sich seitlich
     darauf fallen, so als wäre es die untere Pritsche im Schlafwagenabteil, streckte die
     dicken Beine und begann sich schwerfällig auf den Bauch zu drehen.
    »Mach hin, was zappelst du so!«, sagte einer der Soldaten,
     fasste Petrows Arm und schnallte ihn fest.
    Der andere kümmerte sich um die kräftigen Fußknöchel.
    »Und was ist mit den Hosen?«, fragte Matjucha missmutig.
     »Soll ich die dir ausziehen?«
    Petrow drehte seinen weißen Leib ächzend zurück auf die
     Seite, fuhr sich mit der noch unangeschnallten Hand unter den Bauch, löste die
     Schnur und schaffte es unter Drehen und Winden seines Robbenkörpers, Hose und
     Unterhose ein Stück nach unten zu ziehen. Unzufrieden riss Matjucha sie weiter nach
     unten, rollte das Leibchen auf. Auch Petrows großer weißer Hintern war vernarbt,
     jedoch kein Vergleich mit Salman oder gar Sawoska.
    Und kaum hatte Matjucha mit der Rute ausgeholt, da jaulte Petrow in
     die Tanjuscha hinein:
    »Verge-e-e-bung! Oh-oh, Verge-e-e-bung!«
    Klatschend ließ Matjucha die schwarze Rute auf dem großen,
     weißen Rund niedergehen. Der Hintern zuckte, doch der Rest des Körpers blieb
     unbeweglich liegen, das Gesicht an der knallheißen Metallkeramik der

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