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Der Zuckerkreml

Der Zuckerkreml

Titel: Der Zuckerkreml Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Sorokin
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und er fing an, mich unter die
     Fuchtel zu nehmen, hat mich eingeladen zum Tee, herzerwärmende Gespräche mit mir
     geführt. Ich hatte also bei den Chefs einen Stein im Brett. Und der Sekretär sagt zu
     mir, hör zu, Sannilein, sagt er, auf den Eintritt in die Partei musst du dich
     vorbereiten, Lenin lesen, Marx lesen und so.
    »Sind das Schriftsteller?«, fragte Petrow.
    »Das waren die Rädelsführer, die die Roten Wirren verzapft
     haben«, erläuterte Slonow streng. »Hört auf dazwischenzureden!«
    »Genau. Ich also in die Werksbibliothek gewetzt, Lenin
     gegriffen, Marx gegriffen und nach Hause zur Tante gedackelt, damals hab ich bei der
     Tante gewohnt, die arbeitete in derselben Fabrik, Brjanmasch, bei der Gütekontrolle.
     Meine Eltern waren geschieden, die Mutter mit einem neuen Mann auf und davon in den
     hohen Norden, und mit meinem Vater waren die Beziehungen besch…eiden. Tja. Und das
     hat der Barybin alles gewusst. So. Und in dem Winter hatte ich ’ne entzündete
     Prostata. Irgendwie erkältet, weiß der Schinder. Bei der Armee hatte ich mir schon
     mal die Eier verkühlt, da hatten sie mitten im Winter ’ne Ausbildung angesetzt,
     Pontonbrücke bauen bei scheiß minus zwanzig Grad, da haben sich alle was weggeholt.
     Jedenfalls hatte ich Schwierigkeiten beim Pissen, ein Ziehen und Stechen da unten,
     alles mau. Ich bin zum Arzt gegangen, ein Bekannter der Tante, der nahm mich außer
     der Reihe dran und schrieb mich ’ne Woche krank. Hat mir irgendwelche Tropfen und
     Tabletten verschrieben, und außerdem sollte ich am übernächsten Tag zur
     Prostatamassage kommen. Wärest du verheiratet, könnte deine Frau das erledigen, hat
     er noch gesagt, so aber musst du zu mir kommen. Gesagt, getan, ich hab meinen Marx
     und Lenin gelesen und gelernt und Dianshi 11 geguckt, und um drei bin ich ans andere Ende von Brjansk zum Doktor gefahren
     wegen der Prostatamassage. Und der tut nichts weiter, als mir den Finger in den
     Arsch zu stecken. So ging das einmal und ein zweites und noch ein drittes Mal. Dann
     bekam ich es satt, den weiten Weg mit dem Bus, zweimal umsteigen undzwischendurch warten, kurz: der totale Anschi… – also ich meine, es ging mir auf
     den Keks. Und ich dachte mir: So ’ne Prostatamassage, die mach ich mir doch selber
     mit links. Meine Tante hatte so ’nen Fleischklopfer, Ganzmetall, mit schön glattem
     Griff. Ich hab mich also ausgezogen …«
    »War die Tante denn zu Hause«, fragte Sanjok zaghaft.
    »Nein, auf Arbeit. Ich hab mich also ausgezogen,
     splitternackt, so ging’s am bequemsten, den Griff von dem Klopfer mit Margarine
     eingeschmiert, mich nach vorne gebeugt und mir das Ding in den Arsch geschoben. Und
     ich merkte, es ging ganz prima. Der Griff war genauso glatt wie ein Finger, nur
     höchstens ein bisschen kühler. So stand ich also vornübergebeugt, hielt den
     Fleischklopfer gepackt und massierte mir die Prostata. Nach kurzer Zeit hatte ich
     den Bogen raus. Tat gut, die Massage, und außerdem war ich froh, nicht durch die
     ganze Stadt zu müssen, selbst ist der Mann, und bald würde ich kuriert sein und
     wieder normal pissen können, ohne Arzt, alles schön zu Hause auf der Couch, Dianshi.
     Und in meinem Hochgefühl langte ich, ohne den Fleischklopfer rauszuziehen, nach dem
     Plattenspieler und schaltete ihn ein, Toto Cutugno, Felicita, volle Lautstärke,
     Prostatamassage mit Musik. Und plötzlich – ich glaub, mich fickt ein …«
    Slonows Hand krallte sich um seinen Arm.
    »Pardon, ihr frommen Leut … Jedenfalls, was sehen meine
     Augen: Die Tante steht im Flur. Und neben ihr Barybin – der Parteisekretär.«
    Slonow, Hufeisen, Sawtschenko, Botscharow und Sawoska
     lachten. Timur, Salman, Sanjok und Petrow lachten nicht.
    »Der Parteisekretär hatte die Tante früher gehen lassen
     und war selber gleich mitgekommen, so als Krankenbesuch.Da standen
     sie nun in ihren Mänteln auf dem Flur, Augen wie Scheunentore. Und ich steh ihnen
     gegenüber, nackig, mit ’nem Fleischklopfer im Arsch und Felicita.«
    Jetzt lachten auch Sanjok und Salman. Timur blickte San
     Sanytsch verständnislos an, Petrow nagte trübselig an seiner Unterlippe.
    »Der Parteisekretär hat auf dem Absatz kehrtgemacht und
     ist aus der Wohnung gerannt!«
    Einhelliges Gelächter – nur Petrow blieb ernst.
    »Feine Schote!«, lobte Slonow, fuhr sich in die Tasche und
     holte ein in ein sauberes Taschentuch gewickeltes Etwas hervor.
    Er faltete das Tuch auseinander. Darin

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