Der Zuckerkreml
Goldrubel.«
Abrupt blieb Iwan stehen.
Der Regisseur war aufgesprungen, nestelte in starker
Erregung an seiner Brille, hob die geballte Faust.
»Hundert goldene, Wanja!«, sprach der Amerikaner, ergriff Iwans
Hand und legte den Beutel hinein.
Iwan tat noch einen gierigen Zug und warf die Zigarette
weg.
»Was braucht ihr?«, fragte er mit belegter Stimme.
Der Amerikaner fixierte ihn aufmerksam durch seine dunkle
Brille.
»Was wir brauchen, Wanja, ist die Geheimkombination, die
Zugang zum internen Funkverkehr eurer Flugzeugtransporter mit den Atomsprengköpfen
verschafft. Die diese merkwürdigen Manöver über der Nordgrenze eures Reiches
fliegen.«
Iwan ließ sich ins Gras fallen. Schüttelte heftig den
Kopf.
»Nein. Das tue ich nicht. Auf gar keinen Fall.«
Der Amerikaner ließ ein leises Lachen hören, legte Iwan
die Hand auf den Kopf und sprach, mit einem verschlagenen Blick in Richtung der
untergehenden Sonne:
»Du wirst. Und zwar genau so, wie ich es dir sage.«
Es folgte eine quälend lange Pause.
»Im Kasten!«, brüllte der Regisseur und rannte auf die
Darsteller zu.
»Im Kasten! Hurra, wir haben’s im Kasten!«, jubelte er und
fiel ihnen um den Hals.
Die Szenaristin schlug erst einmal ein schwungvolles
Kreuz, dann eilte sie ihm hinterher.
»Im Kasten, Mensch! Verdammt noch mal …« Der Regisseur
küsste seine Akteure ab, drückte und zwickte sie. »Es ist im Kasten, meine Lieben!
Ihr Helden!«
Die Szenaristin im knallengen Kleid, groß und kantig, mit
ewigem Kindergesicht, trat hinzu, umarmte »Iwan«, schmiegte sich an ihn.
»Gott sei Dank … Mir wollte das Herz im Leibe zerspringen
…«
»War es denn zufriedenstellend?«, fragte der »Amerikaner«, die
Brille abnehmend, in nüchternem Ton.
Der Regisseur boxte ihn gegen die Schulter.
»Ob es zufriedenstellend war? Du bist ein Genie!«
»Was mich betrifft – ich hab was im Stiefel, das juckt wie
verrückt!« Iwan lachte erleichtert und fuhr sich mit der Hand in den Stiefel.
»Irgendein verdammtes Viech ist mir da reingekrochen und kitzelt, aber wie!«
»Mann, Alter!«, rief der Regisseur und umarmte seinen
»Iwan«.
»War wohl nicht ganz schlecht?«
»Es war optimal. Optimal!«
»Und den Sonnenuntergang haben wir auch!«, sagte der
Kameramann, ein untersetzter, graubärtiger Profi.
»Nicht zu fassen! Auch das noch! Hurra!«
Der Regisseur drehte aufgekratzt den rasierten Kopf hin
und her, ruckelte immer wieder an seiner Brille. »Da, schaut! In einer Minute ist er
weg! Dann wäre Sense gewesen. Wir aber haben ihn, Scheiße noch mal!«
»Jegor, ich bitte dich inständig, lass das Fluchen sein!«,
mahnte die Szenaristin, bevor sie ihm um den Hals fiel.
Der Regisseur griff die Szenaristin bei den eckigen
Schultern, schüttelte sie.
»Aber wir haben ihn, den Untergang, begreifst du denn
nicht, Awdotja? Das war dermaßen knapp!«
»Anderthalb Minuten!«, bestätigte die Kameraassistentin.
»Da hörst du’s! Anderthalb Minuten! Dann wär’s vorbei
gewesen!«
»Gebt mir doch endlich mal einen Stuhl, dass ich den
Stiefel loswerde!«, brüllte »Iwan«.
»Einen Stuhl auf den Dreh!«, brüllte die
Kameraassistentin.
»Und der Kuckuck hätt’s uns um ein Haar verschissen,wie?«, lachte der »Amerikaner« und zündete sich eine Zigarette
an.
»Ach ja, richtig.« Das Gesicht des Regisseurs verdüsterte
sich. »Schafft mir den Geräuschemacher her!«
»Bin schon da, Meister Jegor!«
Ein ärmlich gekleideter, buckliger junger Mann kam geeilt.
»Bitte um Nachsicht, dass mir das eine Mal was danebenging …«
»Das eine Mal!«, brüllte der Regisseur, sein Gesicht wurde
rot. »Einmal ist keinmal, wie? Einmal Arschficken macht noch nicht schwul? Mach,
dass du wegkommst! Morgen hast du frei, dass du’s weißt!«
»Verzeiht mir, der Teufel hat mich geritten!«
»Schieb’s bloß nicht auf den! Verschwinde!«
Der Regisseur drängte ihn beiseite und sah sich um.
»So. Genug für heute!«
»Darf man zu Tisch bitten, Jegor Michailowitsch?«, wollte
eine füllige Frau wissen.
»Man darf nicht nur, man muss!«
»He-errschaften! Es ist an-ge-rich-tet!«, rief sie, die
Hände wie einen Trichter um den Mund gelegt.
Der Regisseur winkte den Darstellern, klatschte ein
paarmal in die Hände.
»Schluss jetzt. Hopp, hopp ins Zelt!«
Alles strömte vom Drehplatz in das grüne Zelt, das weiter
hinten unter Birken errichtet war. Dort standen Tisch und Stühle,
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