Der Zuckerkreml
gleich mal,
was wir da gedreht haben.«
»Von mir aus«, sagte der Kameramann und zuckte die breiten
Schultern.
Der Regisseur legte seinen Arm um ihn, und sie verließen
gemeinsam das Zelt.
»Ich will auch mitgucken«, sagte »Iwan«, die Zigarette
ausdrückend, und stand auf.
»Und wo du bist, da will ich sein, trullahopp, trullahopp,
hopp, hopp!«, trällerte der »Amerikaner« undklatschte sich dazu
einen geschickten Trommelwirbel auf die Knie.
Sie gingen hinaus. Nach ihnen auch die Maskenbildnerinnen.
Einzig die Szenaristin blieb im Zelt. Die Zigarette in der
einen, den Whisky in der anderen Hand, abwechselnd rauchend und nippend, lief sie in
dem kleinen quadratischen Raum erregt hin und her. Blieb zuletzt vor dem Kühlschrank
stehen. Auf ihm lag der Deckel einer Duralight-Schachtel. Die Szenaristin hob ihn
an. Ein Zuckerkreml verbarg sich darunter. Der Drehstab hatte ihn schon kräftig
dezimiert. Die Szenaristin brach die Kuppelkreuze von der Erzengelkathedrale ab und
warf sie in ihren Whiskybecher. Versetzte den Becher in kreiselnde Bewegung und
trank den Inhalt mit einem Schluck.
Pfeifend atmete sie aus und, den schmalen Handrücken vor
den Mund gepresst, wieder ein. Warf den Becher auf den Zeltboden, trat mit dem
Stöckel darauf.
»Der Sieg ist unser!«
Und im Stelzschritt verließ sie das Zelt.
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UNDERGROUND
An der Station Beljajewo kämpfte sich Arina mit vielen
anderen aus der U-Bahn und trieb im trägen Menschenstrom in Richtung Ausgang.
Passierte die Reihe metallener Drehkreuze, stieß mit der Schulter die zerkratzte
Glastür mit der Aufschrift Ausgang auf und
fand sich im Fußgängertunnel wieder, der schummrig, schmutzig und kaum weniger voll
mit Menschen war: Leute, die von der Arbeit heimkehrten, kauernde Bettler in den
Ecken, Abgebrannte, die sich mit ihren orangenen Bechern dazwischendrängten und
münzenklappernd ihr »Barmherzigkeit und kein Opfer!« psalmodierten; dazu die
schmachtenden Gesänge der Nautilusse mit ihren wohlgestutzten Bärten, fliegende
Händler mit heißen Broten und der lebenden Abendausgabe der Auferstehung, zwei betrunkene Landstreicher,
die sich mit einem grell gekleideten und geschminkten Chinesen in den Haaren hatten,
ein zottiger Straßenköter kläffte. Arina drängte zur Treppe, deren Stufen voller
Müll waren – nur hinaus aus der stinkenden Unterführung! Begierig sog sie die
frische Frühlingsluft ein.
Oben war Moskau, der zwölfte Mai. Die Uhr über dem großen U zeigte 18:21.
Arina zog ihr Kopftuch gerade und zupfte an ihrem
Kattunkleid, fühlte nach, ob Geldbörse, Transportmarke und Fernspreche noch in der
Gürteltasche steckten. Alles noch da.Arina seufzte erleichtert
und lief eilig an den Buden und Marktständen vorbei zur Konstantin-Leontjew-Straße.
Für ihre neunzehn Jahre sah Arina noch recht jung aus, ein
großes, mageres Mädchen mit ruhigen, freundlichen, klugen braunen Augen im nicht
sonderlich hübschen Gesicht.
Mit Mühe drängte sie sich durch die Schlangen vor den vier
üblichen Lebensmittelständen, schlug einen Bogen um die Ansammlung von Usbeken, die
mit allerlei Armaturteilen in den Händen neben vier riesigen Containern hockten, an
deren Frontseite das lebende Bild eines die Sonne verschlingenden Drachens nebst der
Aufschrift Chuangwei 17 prangte, lief an der Garküche vorbei und kam an das erst unlängst
abgefackelte fünfstöckige Gebäude der Handelsgenossenschaft Buslai. Unübersehbar an
der rußgeschwärzten Fassade das Bekennerzeichen der Opritschniki: Hundekopf und
Besen im roten Kreis.
Arina lief um das Haus herum, von dem immer noch ein stark
brandiger Geruch ausging, unter ihren Halbschuhen knackten Glasscherben und
verkohlte Holzscheite. Nun konnte sie schon die Leontjew-Straße mit ihren
Siebengeschossern sehen und ging darauf zu. Auf dem Hof von Nummer 3 saß ein
graubärtiger Messerschleifer und rauchte, neben sich auf einem Dreibein die
Schleifbank. Arina ging hin.
»Schleifen Sie auch kleine Scheren, Väterchen?«, fragte
sie ihn.
»Ich schleife alles, mein schönes Kind.«
Arina entnahm ihrer Börse eine kleine Nagelschere und
reichte sie dem Alten. Der dreht die Schere kurz in seinen hornigen Fingern.
»Acht Kopeken«, bestimmte er.
»Gut«, sagte Arina und nickte.
Der Schleifer spannte die Schere in seine Bank und
schaltete ein. Rot blitzende Laserstrahlen fuhren zischend über die
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