Der Zuckerkreml
die Schauspieler
ließen sich nieder, zwei Maskenbildnerinnen gingen daran, sie abzuschminken und
umzukleiden. Der Regisseur zog eine Flasche schottischen Whisky aus der Tasche – Dewar’s, zwölf Jahre gelagert – und
schenkte hastig in eine Reihe Plastikbecher aus.
»Schnell-schnell-schnell …«
»Jegor Michailowitsch, wollen Sie schon was sehen?«,
fragte ein Kameraassistent, ins Zelt hereinschauend.
»Später!«, brüllte der Regisseur, die Whiskyflasche vor ihm
abschirmend. »Tanja! Dass mir hier keiner reinkommt!«
Die Szenaristin nahm ihm die Flasche aus der Hand.
»Gib sie mir. Da ist sie sicher.«
Sie schob den Whisky in ihre Tasche und diese unter den
Tisch, entnahm dem Kühlschrank eine Flasche russischen Korn und stellte sie in die
Mitte.
»Sind Bartträger genehm?«, fragte der Kameramann, den Kopf
hereinsteckend.
»Georgijewitsch! Wo bleibst du denn!«
Der Regisseur streckte ihm einen Becher hin.
Auch die anderen, mit Ausnahme der Maskenbildnerinnen,
nahmen sich einen.
»Auf uns!«, verkündete der Regisseur, die Brille
zurechtrückend.
Alle tranken. Der Regisseur zog eine Packung Rodina hervor
und riss sie auf. Etliche Hände bedienten sich.
»Das hätten wir also!«, sagte der Regisseur nach dem
ersten Zug.
»Ich hatte, ehrlich gesagt, nicht geglaubt, dass wir das
heute in den Kasten kriegen«, sagte die Szenaristin, die gleichfalls gierig an ihrer
Zigarette saugte.
»Ich auch nicht!«, lachte der Kameramann.
»Und ich hab’s irgendwie gewusst, stellt euch vor!«, sagte
»Iwan«.
»Die dritte Klappe!«, sagte der Regisseur, dem das Blut in
den runden Kopf stieg. »Es ist immer wieder rätselhaft. Immer ist es die dritte, die
hinhaut, verdammt noch mal. Das muss doch was bedeuten!«
»Die Heilige Dreifaltigkeit«, sagte der Kameramann und
kraulte sich bedächtig den Bart.
»Ach, ich denke, das ist eher Schicksal, Jegoruschka!«,
lachte die Szenaristin.
»Awdotja, mein Augenstern!«, sagte der Regisseur und griff nach
ihrem langen Arm. »Leute, lasst uns trinken auf diese großartige Frau! Wie schon
Jean Gabin sagte: Das Drehbuch macht den Film, das Drehbuch und nix sonst!«
»Da bin ich anderer Meinung«, widersprach der Kameramann.
»Anderer Meinung«, äffte der Regisseur ihn nach. »Was du
nicht sagst. Schenk lieber ein!«
Der Kameramann beugte sich unter den Tisch nach dem
Whisky.
»Dürfte ich lieber einen Wodka haben?«, fragte der
»Amerikaner«, der sich mit einer feuchten Papierserviette das Gesicht wischte.
»Aber natürlich!«
Die Szenaristin goss ihm einen Wodka ein.
Die anderen bekamen Whisky nachgeschenkt.
Eine der Maskenbildnerinnen nahm den leeren Whiskybecher
des Amerikaners zur Hand, roch daran, leckte.
»Höchlich merkwürdig, wie das riecht.«
Der Regisseur hob seinen Becher.
»Auf dich, Awdotja!«
Alle tranken.
Der Regisseur atmete geräuschvoll aus und sog im nächsten
Moment an seiner Zigarette.
»Die Idee mit dem Tisch und das alles … Genial, kann ich
nur sagen!«
»Ich hab Sodbrennen von dem Nutella«, lachte Iwan. »Wie
können die bloß so einen Dreck essen!«
»Die Arschfickerei wird nicht durchgehen, schätze ich
mal«, sagte der Kameramann und stieß schnaufend Rauch aus.
»Unke doch nicht, Mann!«, brüllte der Regisseur.
»Darüber sollten wir jetzt nicht nachgrübeln, Wasja«,sagte die Szenaristin begütigend und legte die Hand auf die
Schulter des Kameramanns.
»Ich grüble ja gar nicht, ich sage nur.«
»Ob sie es durchgehen lassen oder nicht, wer will das
voraussehen«, stellte der Regisseur fest, während er den restlichen Whisky
ausschenkte. »Ich bin nicht Yeti Fedi, das ist klar. Aber ich darf mir doch wohl
auch einmal eine entschiedene Äußerung herausnehmen. Das ist doch mein gutes Recht,
oder etwa nicht? Und das wissen die da oben sehr wohl!«
»Natürlich …«
Alles nickte und pflichtete ihm bei.
»Ihr habt euch jedenfalls heute selber übertroffen,
Jungs!«, sagte der Regisseur und klopfte den Darstellern die Schultern. »Auf euch!«
Alle tranken.
»Uff! Ich bin, scheint’s, schon ein bisschen besoffen«,
sagte der Regisseur und grinste blöde.
»Du bist müde, Jegoruschka, das ist es«, sagte die
Szenaristin und legte den Arm um ihn. »Steig in den Tank und schlaf ein bisschen.«
»Nein-nein.«
Der Regisseur leckte sich die Lippen, rückte die Brille
zurecht und überlegte.
»Weißt du was, Georgi, schauen wir doch lieber
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