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Der Zusammenbruch

Der Zusammenbruch

Titel: Der Zusammenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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führten die die Mündung bedienenden beiden Leute erst die Kartusche ein, die in Serge eingehüllte Pulverladung, die sie sorgfältig mit dem Ladestock hineinstießen, und dann die Granate selbst, deren Führungsringe in den Zügen knirschten, hinterher. Der Richtkanonier legte rasch das Pulver mit einem Stoß der Kartuschenadel bloß und steckte die Schlagröhre ins Zündloch. Und Honoré, der diesen ersten Schuß selbst abfeuern wollte, lag halb über den Lafettenschwanz hingebeugt; er handhabte die Stellschraube, um die Schußweite einzustellen, und gab mit fortgesetzten kurzen Handbewegungen dem Richtkanonier, der hinten mit seinem Hebel das Geschütz unmerklich mehr nach rechts oder nach links wendete, die Richtung an.
    »So muß es richtig sein«, sagte er endlich und stand auf.
    Der Hauptmann hatte seinen langen Körper vornübergebeugt und den Aufsatz geprüft. Bei jedem Geschütz stand der zweite Richtkanonier mit der Abzugschnur in der Hand bereit, um die Schlagröhre abzuziehen, die gezahnte Schneide, die den Zündsatz in Brand steckt. Nun ertönte langsam der Befehl nach Nummern:
    »Erstes Geschütz, Feuer! ... Zweites Geschütz, Feuer! ...
    Die sechs Schüsse gingen los, die Geschütze liefen zurück und wurden wieder vorgebracht, während die Wachtmeister feststellten, daß ihr Feuer viel zu kurz gegangen war. Sie stellten es wieder ein, und der Vorgang wiederholte sich in derselben Weise, und gerade diese langsame Genauigkeit, diese kaltblütig verrichtete mechanische Arbeit hielt den Mut der Leute hoch. Das Geschütz, das Tier, das sie liebten, versammelte sie wie eine kleine, durch eine gemeinsame Beschäftigung geeinigte Familie um sich. Es war das Band, der einigende Gedanke, alles war nur für das Geschütz da,der Munitionswagen, all das übrige Fuhrwerk, die Pferde, die Menschen. Von ihm ging der starke Zusammenhalt der ganzen Batterie aus, die Festigkeit und die Ruhe eines gut geführten Haushaltes.
    Laute Zurufe der 106er hatten die erste Salve begrüßt. Endlich würde nun den preußischen Geschützen das Maul gestopft werden! Aber die Enttäuschung folgte unmittelbar, als sie sahen, daß ihre Granaten unterwegs liegenblieben oder meistens schon in der Luft krepierten, ehe sie das Gestrüpp da hinten erreichten, in dem sich die feindliche Artillerie verbarg.
    »Honoré sagt, gegen seins wären die andern Geschütze Klötze ...« fing Maurice wieder an. »Ach, mit seinem möchte er am liebsten schlafen, so eins gibt es gar nicht noch mal! Sieh' mal, wie er mit ihm liebäugelt und wie er es auswischen läßt, damit es nicht zu heiß wird.«
    So scherzte er mit Jean, und beide wurden infolge des schönen, ruhigen Mutes der Artilleristen wieder vergnügt. Aber die preußischen Batterien hatten sich mit drei Schüssen eingegabelt: erst ging ihr Feuer zu weit, dann aber wurde es so genau, daß ihre Granaten auf die französischen Geschütze fielen; diese dagegen konnten noch immer ihr Ziel nicht erreichen, so sehr sie sich auch bemühten, ihre Reichweite zu vergrößern. Einer von Honorés Bedienungsmannschaften wurde getötet, der links an der Mündung. Der Körper wurde zur Seite geschoben und der Dienst ging mit derselben sorgfältigen Regelmäßigkeit weiter, ohne irgendwie rascher zu werden. Von allen Seiten regnete es nun Geschosse und Einschläge; aber bei jedem Geschütz gingen die Bewegungen in derselben schulmäßigen Weise vor sich, Kartusche und Granate wurden eingeführt, der Schuß eingestellt, der Aufsatzgerichtet, die Schnur abgezogen, die Räder wieder vorgebracht, als nähme diese Arbeit die Leute so sehr in Anspruch, daß sie darüber Hören und Sehen vergäßen.
    Aber was Maurice vor allem in Erstaunen versetzte, war die Haltung der Fahrer, die fünfzehn Meter weiter hinten, das Gesicht dem Feinde zugekehrt, steif auf ihren Gäulen saßen. Da saß Adolf mit seinem breiten Brustkasten und dem mächtigen blonden Schnurrbart in seinem roten Gesicht; es gehörte sicher ein tüchtiger Teil Mut dazu, nicht einmal mit den Augen zu zwinkern, wenn sie so sahen, wie die Granaten genau auf sie zuflogen und sie sich nicht mal auf die Daumen beißen durften, um sich etwas abzulenken. Die Bedienungsmannschaften hatten doch was, woran sie denken konnten; die Fahrer dagegen sahen nur den Tod vor sich und hatten vollste Muße, über ihn nachzudenken und ihn zu erwarten. Sie mußten so dem Feinde zugekehrt stehen, weil, wenn sie umgekehrt gestanden hätten, ein unwiderstehlicher Drang zur Flucht

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