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Der Zusammenbruch

Der Zusammenbruch

Titel: Der Zusammenbruch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emile Zola
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erstreckt, da wuchs sein Erstaunen noch mehr, als er sah, daß die ganze Heeresgruppevon Châlons sich seit dem Morgen zurückzog, um hier zu biwakieren. Tatsächlich dehnten sich von einem Ende des Horizonts zum andern, bis Saint-Thierry und la Neuvilette und von da auf der andern Seite bis an die Straße nach lagen Zeltreihen; abends würden hier die Feuer von vier Armeekorps leuchten. Offenbar hatte der Plan, vor Paris in Stellung zu gehen, um dort die Preußen zu erwarten, die Oberhand behalten. Und darüber fühlte er sich sehr glücklich. War das nicht auch das Verständigste?
    Den Nachmittag des 21. verbrachte Maurice damit, durchs Lager zu bummeln, um etwas Neues zu hören. Es ging sehr frei her; die Manneszucht schien noch mehr nachgelassen zu haben; die Leute gingen und kamen, wie es ihnen paßte. Er ging schließlich ruhig wieder nach Reims hinein, wo er einen Wechsel über hundert Francs einlösen wollte, den er von seiner Schwester Henriette erhalten hatte. In einem Café hörte er einen Sergeanten über den schlechten Geist von achtzehn Bataillonen Mobilgarde der Seine reden, die man gerade wieder nach Paris zurückgeschickt hatte: das sechste Bataillon vor allem hatte fast seine Offiziere umgebracht. Drunten im Lager wurden die Generäle täglich beschimpft, und die Soldaten grüßten seit Fröschweiler selbst den Marschall Mac Mahon nicht mehr. Das Café füllte sich mit Stimmen; ein heftiger Streit entstand zwischen zwei friedlichen Bürgern über die Kopfzahl, die der Marschall unter seinem Befehl gehabt haben sollte. Der eine sprach von dreihunderttausend, das war verrückt. Der andere zählte verständiger die vier Korps auf: das zwölfte, das mit Mühe und Not im Lager durch Zuhilfenahme eines Marschregiments und einer Division Marineinfanterie vervollständigt worden war; das erste, dessen Reste seit dem 14. in Auflösung zurückkamen und dessenBestände so gut es ging aufgefüllt worden waren; schließlich das fünfte, ohne Kampf vernichtete, das auf der Flucht, in die es mitgerissen war, sich aufgelöst hatte, und das siebente, das eben ausgeladen wurde, ebenfalls entmutigt und ohne seine erste Division, die es erst teilweise in Reims wiederfand; höchstens Hundertzwanzigtausend Mann, wenn man die Divisionen Bonnemain und Margueritte der Reservekavallerie mitrechnete. Aber als der Sergeant sich in den Streit hineinmischte und die Heeresgruppe mit wütender Verachtung als einen Haufen Menschen ohne jeden Zusammenhang darstellte, eine Herde Unschuldiger, die von Schwachköpfen zur Schlachtbank geführt wurde, da wurden die beiden Bürger unruhig und zogen voller Angst sich bloßzustellen ab.
    Draußen versuchte Maurice sich Zeitungen zu besorgen. Er stopfte sich die Taschen voll mit allen Nummern, die er kaufen konnte, und las sie im Gehen unter den Bäumen der prachtvollen Baumgänge, die die Stadt umsäumten. Wo waren nur die deutschen Heere? Scheinbar waren sie verlorengegangen. Zwei standen zweifellos bei Metz; das erste, das General Steinmetz befehligte, beobachtete den Platz; das zweite, das des Prinzen Friedrich Karl, versuchte am rechten Moselufer aufwärts zu gehen, um Bazaine den Weg nach Paris abzuschneiden. Aber die dritte Gruppe, die des Kronprinzen von Preußen, die siegreiche Gruppe von Weißenburg und Froschweiler, die das erste und fünfte Korps verfolgte, wo war die in Wirklichkeit bei diesem Gewirr sich widersprechender Nachrichten? Lag sie noch bei Nancy? War sie vielleicht im Anmarsch auf Châlons, daß man deshalb das Lager so eilig aufgab und alle Speicher, die Ausrüstungsgegenstände, Lebensmittel, Vorräte aller Art in Brand steckte? Übrigens fingen die Verwirrung und die widerspruchsvollstenVermutungen hinsichtlich der Pläne, die man den Generälen unterschob, schon wieder an. Jetzt erst erfuhr Maurice, als ob er von aller Welt getrennt gewesen wäre, von den Ereignissen in Paris: wie die Niederlage wie ein Blitzschlag auf das ganz von seinem Siege überzeugte Volk niedergefahren war, der furchtbaren Erregung auf den Straßen, der Einberufung der Kammern, dem Sturz des liberalen Ministeriums, das das Plebiszit veranstaltet hatte, dem Kaiser, der seiner Würde als Oberbefehlshaber entkleidet und gezwungen war, den Oberbefehl an den Marschall Bazaine abzugeben. Seit dem 16. war der Kaiser in Chalons, und alle Zeitungen sprachen von einem großen, am 17. abgehaltenen Kriegsrat, dem der Prinz Napoleon und die Generäle beigewohnt hätten; über die wirklich getroffenen

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