Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Titel: Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
Vom Netzwerk:
Mangel nicht so groß wie hier in der Hauptstadt.
    Nach dem Essen geht Petiot ins Arbeitszimmer. In den Sessel zurückgelehnt, ein Glas Rotwein vor sich, überdenkt er den vergangenen Tag. Das Bild von der Verschleppung des jüdischen Professors durch die Gestapo drängt sich in seine Erinnerung. Was man als Pariser über die Verfolgung der Juden in Deutschland gehört hat, ist nun plötzlich auch hier im besetzten Teil Frankreichs Wirklichkeit geworden.
    Ob der Professor jemals wiederkehren wird? Was wird aus seiner Wohnung? Seinen Büchern und Gemälden, den antiken Möbeln? Schade, denkt Petiot, daß ich nicht einfach hinübergehen und mir das alles krallen kann. Was geht da alles verloren, wird verschleudert oder fällt den Nazis in die Hände. Ob die Wohnung des Professors versiegelt ist? Oder bewacht wird? Eine chaotische Zeit. Ein Mensch verschwindet im Nichts. Seine Heimstatt löst sich auf, zerfällt, nichts bleibt. Dabei hätte der Professor wirklich klüger sein müssen. Hätte er das alles verkauft und mit dem Geld einen Schlepper bezahlt, der hätte ihn dann aus der deutschen Besatzungszone in die unbesetzte Zone gebracht. Dort hätte er in Sicherheit gelebt. Aber die menschliche Trägheit! Jeder hofft, das Gewitter wird vorüberziehen und ihn nicht treffen. Das hat der Professor auch gehofft. Man müßte Schlepper sein, die verdienen sich heutzutage eine goldene Nase. Allerdings unter steter Lebensgefahr. Die Deutschen knallen jeden ab, der illegal die Besatzungszone verläßt und sogar noch Juden hinüberschmuggelt.
    Allerdings. . .
    Petiot springt auf. Er springt immer auf, wenn er einen genialen Einfall hat.
    Schließlich könnte auch ich als Schlepper arbeiten! Und ohne jedes Risiko! Natürlich müßten es reiche Juden sein, denen ich zur Flucht verhelfen will. Sie werden alles dafür geben, um sicher in die NONO zu kommen, in die Zone non occupée, die unbesetzte Zone, die jenseits der Demarkationslinie liegt. Jenseits! Und die Demarkationslinie, die das Diesseits vom Jenseits trennt, würde hier sein, in meinem Haus. Und niemand wird nach denen fragen, die ich ins Jenseits hinübergebracht habe. Irgendwann würden sie sowieso vernichtet, wie lästiges Ungeziefer.
    Die schöpferische Idee ist geboren. Nun gilt es, sie praktisch umzusetzen. Er überlegt sich, daß es unklug wäre, die Grenze zum Jenseits in seine Räume in der Rue Caumartin zu legen. Wie soll er seine Opfer unauffällig hierher bringen? Wie sich der Leichen entledigen? Er braucht ein eigenes einsames Schlachthaus.
    Nach sorgfältiger Suche hat er das dafür geeignete Grundstück gefunden: eine Villa in der Rue Lesueur mit Garten und mehreren Nebengebäuden. Das Haus Nr. 21 stammt aus dem vorigen Jahrhundert und ist seit Jahren verödet. Die Ställe, Schuppen, Remisen da hinter sind ungenutzt und halb verfallen. Petiot bezahlt insgesamt 450 000 Francs für den gesamten Komplex.
    Petiot beschafft sich Baumaterial und Maurer. Er läßt eine hohe Mauer um das Grundstück errichten, das nun wie eine Festung gesichert ist. In einem Stall liegen zwei Gruben, welche die aus dem Haus hierhin abgeleiteten Fäkalien aufnehmen. Petiot läßt die Gruben entleeren, säubern und mit Kalk weißen. An der Decke über den Gruben wird ein Flaschenzug montiert. Damit lassen sich die schweren Steinplatten, die die Gruben verschließen, leicht heben und wieder senken.
    Nebenan auf dem Hof befindet sich ein niedriger Ziegelbau. Auch hier erteilt Petiot den Handwerkern seltsame Rekonstruktionsaufträge. In das stallähnliche Gebäude werden zwei Räume eingefügt, der eine nur etwa zehn Quadratmeter groß. Er sei als Sprechzimmer vorgesehen, erklärt Petiot. Daran schließt sich ein noch kleinerer Raum an, in dem die Apparaturen untergebracht werden sollen. Die Bauverhältnisse erlauben für diesen Raum nur eine dreieckige Form. Er ist fensterlos, erhält eine schalldichte Tür und ist durch eine Klingel mit dem »Sprechzimmer« davor verbunden. In die Tür wird ein Okular eingebaut, damit Petiot die Tätigkeit der Apparate vom Sprechzimmer aus kontrollieren könne. Die Handwerker werden gut bezahlt und wundern sich längst nicht mehr über die verrückten Baupläne des Doktors.
    Endlich, im November 1941, ist alles fertig. Die Kulisse, die Dr. Petiot für seine neue Rolle als Schutzengel der Verfolgten braucht, ist genau nach seinen Entwürfen hergerichtet worden. Das Schlachthaus kann in Betrieb genommen werden.
    Nicht nur die Beendigung der Umbauten

Weitere Kostenlose Bücher