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Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Titel: Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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Garten hebt Dahmer mit dem Spaten einige Vertiefungen aus. Dann schleppt er den Leichnam aus dem Haus. Auf der Rückseite des Hauses befindet sich zwischen dem Fundament des Gebäudes und dem darunter liegenden Felsgestein ein Hohlraum. In dieser Höhle zerstückelt Dahmer den Toten mit einem Küchenmesser. Die einzelnen Teile erscheinen ihm aber immer noch zu groß, um sie in der harten Erde vergraben zu können. Vielleicht wäre das auch zu unvorsichtig. Er erinnert sich an seine Experimente mit den Tierkadavern: wie er sie in Säurebäder legte, bis sich das Gewebe aufgelöst hatte und die Knochen sauber freigelegt worden waren.
    Noch immer steht ein Faß mit Salzsäure im Schuppen.
    Im Lauf der nächsten Tage verbringt Dahmer noch weiter zerkleinerte Körperteile der Leiche ins Säurefaß. Wenn sich das Gewebe von den Knochen gelöst hat, schafft er die Knochen in den Hohlraum unter dem Haus und zerschlägt sie mit einem Hammer in kleinste Splitter. Die meiste Mühe bereitet ihm der Schädel. Aber auch den zertrümmert er schließlich so weit, daß er die einzelnen Teile im Garten verscharren kann.
    Nach zwei Wochen beendet er sein Werk. Es ist nun doch ganz vorteilhaft, denkt er, allein zu wohnen.
    Das Glück und das Unglück der Einsamkeit halten jedoch nicht lange an. In diesem Sommer wird die Ehe der Eltern geschieden. Jeff weiß noch immer nicht, wo sich die Mutter mit seinem jüngeren Bruder aufhält. Vielleicht wohnt sie bei ihrem Freund, mit dem sie seit einiger Zeit eine Affäre hat. Aber der Vater, der seit der Trennung von seiner Frau in einem Hotel gewohnt hatte, taucht nun plötzlich wieder auf – allerdings mit einer Freundin, die Shari heißt.
    Der Vater sagt, er mache sich Sorgen, weil Jeff von seiner Mutter verlassen worden sei. Er weiß, daß Jeff Alkoholiker ist und sich nicht um seine berufliche Weiterbildung kümmert.
    Der Vater, das merkt Jeff mit feinem Gespür, ist verunsichert. Der Vater hatte sich in den letzten Jahren, als es mit der Ehe bergab ging, immer mehr in sein Labor zurückgezogen. Das Verhältnis zwischen Vater und Sohn ist gestört. Beide sind verschlossene Naturen, es kam kaum ein Gespräch zwischen ihnen zustande. Die Monologe des Vaters hörte sich Jeff meist schweigend an. Und jetzt, bei der Rückkehr des Vaters, ist es nicht anders. Der Vater hat ein schlechtes Gewissen, wegen der Scheidung und all der Vorgänge, die zur Scheidung geführt hatten. Und nun zieht er mit einer Freundin wieder im Haus ein und erwartet auch noch, daß Jeff sie akzeptiert. Gewiß, Shari ist eigentlich eine ganz charmante Frau, die alles versucht, Jeffs Zuneigung zu gewinnen. Doch so sehr Jeff das Alleinsein im leeren Haus haßte, so sehr verabscheut er es jetzt, daß er nicht mehr sein eigener Herr ist und Rücksichten nehmen und Vorschriften beachten soll: nicht zu viel Alkohol! Kein Rauschgift! Keine Fremden ins Haus! Und täglich die immer gleiche Frage: »Hast du dich endlich für ein bestimmtes Studienfach entschieden?«
    Schließlich hat Jeff das Drängen des Vaters satt und antwortet: »Irgendetwas, das mit Wirtschaft zu tun hat.«
    Natürlich interessiert Jeff Wirtschaft überhaupt nicht. Er hat Angst vor dem Studium, weil es ihm zu anstrengend ist. Er weiß selbst, daß er bald in Suff und Drogen abrutschen und sich in zweifelhafte Freundschaften verstricken würde. Schwule haben es nach wie vor schwer, nach ihren Normen zu leben. Er verflucht seine homosexuelle Veranlagung, empfindet sie als Unglück und hat schon mehrmals daran gedacht, sich deshalb umzubringen.
    In diesem Sommer fühlt sich Dahmer trotz Rückkehr des Vaters ins Haus einsamer als je zuvor. Der Vater und Shari leben ihr stinknormales Turtelleben. Und er ist allein mit seiner Erinnerung an die Leiche. Allein mit der Erinnerung an die Explosion seiner Affekte: Haß, Wut, Triumph, Orgasmus, Befreiung, Macht. Dieser Rausch der Tötung und des sexuellen Vergnügens danach kann doch nicht für immer vorbei sein! Wie ihn das Stöhnen und Keuchen des Todeskampfes angefeuert hatte! Der rasende Herzschlag des Opfers! Die aufgerissenen wissenden Augen! Das entblößte Geschlecht, der noch immer warme Mund, der ihn willig aufnahm. . .
    Das alles nie wieder?
    In diesem Sommer gleitet Jeff in eine Welt, die nicht mehr die Welt des Vaters und Sharis ist. Es ist eine Welt, die von Leichen bevölkert und von monströsen Spielen mit Toten erfüllt ist. Jeff merkt nicht, wie er langsam in dieses Schattenreich versinkt und die

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