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Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske.

Titel: Der Zwang zur Serie. Serienmörder ohne Maske. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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seiner Frau verstört, daß er sich deshalb völlig in seine Arbeit zurückgezogen habe. Erst später, zu spät, habe er allerdings begriffen, daß er selber unfähig gewesen sei, seiner Frau die Liebe zu geben, die sie erwartet hatte, so daß er mitschuldig an ihren seelischen und körperlichen Störungen geworden sei. In jener Zeit hatte Jeff eigentlich gar keinen Vater, wie dieser selbst eingestand: »Ich floh in mein Labor, wo das Leben weniger heikel war und wo ich sämtliche Reaktionen unter Kontrolle hatte. Hier fand ich Erholung vom häuslichen Durcheinander. Das Labor war für mich wie ein schützender Hafen im Sturm.«
    Von der seelisch labilen, nur auf ihre wirklichen oder eingebildeten Leiden fixierten Mutter vernachlässigt, vom Vater, der der Familie in sein Labor entfloh, allein gelassen, war Jeff völlig auf sich selbst zurückgeworfen. Seine Einsamkeit vertiefte sich. Für Zehn- bis Zwölfjährige ist eine solche Isolation verhängnisvoll, denn sie macht die Kinder unfähig zu normalen zwischenmenschlichen Kontakten. Mit Beginn der Pubertät weitet sich die Kontaktlosigkeit auch auf den sexuellen Bereich aus. In einem Alter, wo normale Jungen sich für Mädchen zu interessieren beginnen oder erste Freundschaften schließen, konzentriert sich ein solcher Einzelgänger nur auf sich selbst und taucht immer mehr in eine Phantasiewelt ein. Sie ist ein Ersatz für zwischenmenschliche Kontakte. Naturgemäß erhalten diese Phantasien in der Pubertät eine zunehmend sexuelle Prägung, formen sich als sexuelle Gewaltvorstellungen: »Allein dort, in ihrer eigenen Welt, haben sie die totale Kontrolle.« Hier werden die Opfer von einst die Täter von morgen. Da ihnen in der Kindheit keine moralischen Grenzen gesetzt, keine Gebote und Verbote vermittelt worden sind, fühlen sie sich nun berechtigt, ihre Gewaltphantasien jetzt auch in der Wirklichkeit auszuleben. Sie beginnen mit anscheinend »harmlosen« Gewalttaten, quälen Tiere oder schwächere Kinder und sehen sich, wenn sie nicht bestraft werden, durch den Erfolg be lohnt. Der Täter fühlt sich bald als Held, dem alles erlaubt ist. Sexualität verbindet sich bei der krankhaften Persönlichkeit stets mit Brutalität, Demütigung, Zerstörung, Unterwerfung, Kontrolle und Rache. Ressler resümiert: »Was als Phantasievorstellung beginnt, endet als Teil eines Mordrituals.«
    Ressler nennt diese jungen Männer tickende Zeitbomben, die nur auf den richtigen Anlaß für die Explosion warten. Dieser Anlaß, der den ersten Mord auslöst, ist oft eine starke seelische Belastung, eine Enttäuschung beispielsweise, ein Verlust. Die Mordserie des russischen Serienmörders Tschikatilo erreichte immer dann einen Höhepunkt, wenn er seine Arbeitsstelle verlor. Dahmer beging seinen ersten Mord, als seine Eltern sich trennten und ihn allein im Haus zurückließen. Seine Mordserie steigerte sich rasant, als er arbeitslos wurde und seine Wohnung räumen sollte. Er war nicht mehr in der Lage, mit diesen erneuten Schwierigkeiten fertig zu werden. Mit weiteren Morden reagierte er seinen Frust ab.
    Mit dem ersten Mord, meint Ressler, werde eine Grenze überschritten und eine Rückkehr unmöglich. Kommt der Mörder unentdeckt davon, ist der Weg frei für immer neue lustvolle Wiederholungen: »Nun, da er den ersten Mord hinter sich hat, benötigt er keinen äußeren Anlaß mehr.
    Der Mörder befindet sich jenseits der Grenze und plant die nächsten Verbrechen regelrecht. Anders als das erste geschehen sie nicht mehr aus einem Impuls heraus. Von nun an wird er sich seine Opfer sorgfältig auswählen, den Mord nach allen Regeln der Kunst begehen und dem Opfer weitaus mehr Gewalt antun als beim ersten Mal. So wird der einsame Junge aus einem abweisenden Elternhaus zum Serienmörder.«
    Die umfangreichen Untersuchungen über Serienmörder bringen Ressler letzthin zum gleichen Ergebnis wie Alice Miller, die sagte, in jedem Leben eines solchen »Ungeheuers« könne man die logische Folge seiner Kindheit entdecken. Der Verbrecher inszeniere als Erwachsener die Ängstigung und Entwürdigung des Kindes, das er einst selbst war. Jeder Verfolger sei erst einmal Opfer gewesen und sein Sadismus aus den Phantasien eines Kindes entstanden, das aus seiner verzweifelten Situation einen Ausweg gesucht habe.
    Solche soziopsychologischen Erklärungen für die Entwicklung eines Serienmörders könnten vermuten lassen, der Serienmörder sei sich der Ursachen und Motive seiner Taten bewußt. Ressler hat in

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