Der zweite Buddha
Rechenschaft von Ihnen verlangen.«
»Soll sie doch... Ich hatte was im Atelier zu erledigen.«
»Sicher«, sagte ich beiläufig, »Sie hatten dort was zu erledigen. Sie hatten ja auch einen Schlüssel. Und Dean Crockett ist wahrscheinlich vom Atelier aus ermordet worden.«
Er trat zwei Schritte zurück und krachte mit der Hüfte gegen die Schreibtischkante, ohne es auch nur zu bemerken. »Er... was?« flüsterte er rauh.
»-mordet«, ergänzte ich und fuhr fort: »Und kurz davor hatten Sie eine Auseinandersetzung mit ihm, in deren Verlauf Sie ihn am Rockaufschlag packten, woraufhin er Sie quer durchs Zimmer segeln ließ und sich Ihre Aufdringlichkeit verbat... Na ja, und jetzt wird die Polizei vermutlich rasend gern wissen wollen, was sie anschließend gemacht haben; das werden Sie doch verstehen... So, und jetzt müssen Sie mich bitte entschuldigen, ich habe etwas Dringendes zu erledigen.«
Ich ließ ihn stehen und ging zu meinem Büro hinüber. Während ich die Tür öffnete, sah ich mich nach ihm um. Er stand wie versteinert. Auch Eva Ennis beobachtete ihn, aber alle Bewunderung war aus ihrem Gesicht verschwunden. Dann machte ich die Tür hinter mir zu.
»Morgen, Elsie«, grüßte ich und ließ mich in den Schreibtischsessel fallen.
»Morgen, Donald... Wissen Sie, daß Bertha Sie verzweifelt sucht und alle Welt verrückt macht deswegen?«
»Soll ruhig ein bißchen verzweifeln, die Gute... Hören Sie, Elsie, die Anmeldung wird gleich anrufen und sagen, daß mich ein gewisser Palmer sprechen will. Der soll erst mal warten, ja?«
»Psychologie des Alltags, was? Kapitel siebzehn: Vom Umgang mit Besuchern!«
»So ungefähr, ja. Legen Sie ihn ein bißchen auf Eis.«
»Ist recht... Aber was soll ich Bertha sagen?«
Ich warf einen Blick auf die Uhr und entschied: »Also von mir aus — melden Sie ihr, daß ich da bin.«
»Sie möchten gleich ‘rüberkommen, hat sie gesagt«, wandte sie ein.
»Trotzdem. Rufen Sie erst mal an, bitte.«
Elsie nahm den Hörer ab, wählte den Hausanschluß und schob den Apparat zu mir hinüber.
»Hallo - Bertha?!« meldete ich mich. »Ich bin wieder zurück.«
Ich hörte, wie sie tief Luft holte. Und dann ging es los: »Ach nee — tatsächlich? Schon zurück? Das ist ja nicht zu fassen! Sag mal, wo treibst du dich eigentlich dauernd rum? Ich brauche dich dringend brauche ich dich, und kein Mensch Weiß, wo du steckst. Du benimmst dich wie ein Aufsichtsratsvorsitzender auf Urlaub. Aber du bist keiner, merk dir das! Und auf Urlaub bist du schon gar nicht! Ich habe Arbeit für dich. Du kommst jetzt sofort zu mir rüber, und...«
»Was für Arbeit?« unterbrach ich ihren Redeschwall.
»Das wirst du gleich hören. Mach, daß du rüberkommst!«
»Ich kann jetzt nicht«, widersprach ich. »Im Vorzimmer wartet schon jemand auf mich.«
»Dann laß ihn gefälligst warten!«
»Ist mir recht«, sagte ich friedfertig, »das hatte ich ohnehin vor.«
Damit legte ich den Hörer auf die Gabel, lehnte mich im Sessel zurück und brachte meine Füße auf dem Tisch unter. Da klingelte das Telefon. Ich schob es mit dem Fuß zu Elsie Brand hinüber und zündete mir eine Zigarette an.
»Mr. Lionel Palmer möchte Sie sprechen«, meldete sie.
»Soll warten«, entschied ich und verfolgte träumerisch die Rauchkringel, die langsam zur Decke emporkräuselten. Da flog plötzlich die Tür auf, und jemand kam ins Zimmer gewuchtet. Es hörte sich an wie eine Sturmgeschützabteilung, die einen Angriff fährt. Aber es war nur Bertha.
»Derartige dumme Witze kannst du dir nächstens sparen!« schrie sie mich an. »Wenn ich sage >Komm!<, dann kommst du gefälligst, verstanden? Und jetzt nimm die Beine vom Tisch und schreib endlich den Bericht für Crockett!«
»Was für einen Bericht?« erkundigte ich mich gähnend.
»Ich habe Crockett gesagt, daß er jeden Tag einen Tätigkeitsbericht bekommt.«
»Wie aufmerksam von dir.«
»Laß die Witze. Sag mir lieber, was mit dem Buddha und mit dem Blasrohr ist.«
»Den Buddha«, begann ich, zog die Schreibtischschublade auf und stellte die Statuette vor mich auf die Platte, »den habe ich hier.«
Das machte doch einen gewissen Eindruck auf sie. »Na endlich«, knurrte sie. »Und das Blasrohr?«
»Ach ja, das Blasrohr... das ist auch wieder da. Im Augenblick hat es die Polizei.«
»Gut«, meinte Bertha befriedigt, »es war ja auch langsam Zeit, daß du... was sagst du da? Polizei?«
»Ja, ganz recht, die Polizei. Dein Freund Sellers hat sich nämlich
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