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Der zweite Gral

Der zweite Gral

Titel: Der zweite Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris von Smercek
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Briggs grinste, »ich hatte bloß unverschämtes Glück.«
    Die Zuhörer lachten, während Briggs grinsend wartete, bis wieder Ruhe eingekehrt war.
    »Zugegeben«, fuhr er dann fort. »Die Erforschung von Gedächtnismolekülen steckt noch in den Kinderschuhen, aber stellen Sie sich das gewaltige Potenzial vor, das dieser Wissenschaftszweig birgt! Denken Sie nicht nur an die Übertragung von Ängsten oder kleinen, andressierten Kunststückchen. Denken Sie weiter! Stellen Sie sich vor, Sie könnten durch die Einnahme synthetisch erzeugter Wissensstoffe eine neue Sportart erlernen. Oder eine Sprache. Oder Sie könnten durch eine einfache Spritze Ihr gesamtes Studium abdecken. Vielleicht wäre es mithilfe von Gedächtnismolekülen endlich auch möglich, jene neunzig Prozent unseres Gehirns zu aktivieren, die bis dato ungenutzt in uns schlummern. Ich glaube – nein, ich weiß, dass die Gedächtnisforschung uns Möglichkeiten offenbaren wird, von denen wir bisher nicht einmal zu träumen wagten.« Er blickte in die Runde. »Haben Sie noch irgendwelche Fragen?«
    Dutzende von Händen hoben sich.

29.
    E s war wieder ein trüber Vormittag in Isfahan, kalt und regnerisch. Das Wetter passte zu Lara Mosehnis Stimmung. Schon drei Stunden lang führte sie Gespräche, nicht nur mit Sherif Kaplan und dem an den Rollstuhl gefesselten Amir Bin-Sal, sondern auch mit sämtlichen Nachbarn des Japaners. Aber falls dieser sich von irgendjemandem hatte versorgen lassen – sei es mit Nahrungsmitteln oder anderen Bedarfsgegenständen -, war es zumindest niemandem aufgefallen.
    Lara kehrte in ihre Wohnung zurück und öffnete den Briefkasten. Sie rechnete lediglich mit der Tageszeitung, entdeckte zudem jedoch ein Schreiben, abgestempelt in New York.
    In ihrer Wohnung schaute sie sich die Post näher an. Sie riss den Umschlag auf und leerte dessen Inhalt auf den Tisch: ein nicht entwickelter 36er-Film und ein Brief, geschrieben von Anthony Nangala. Augenblicklich schnellte Laras Puls in die Höhe.
    Sie warf noch einmal einen Blick auf den Umschlag. Der Poststempel war vom vergangenen Montag. Anthony musste den Brief kurz vor seiner Entführung verschickt haben. Seitdem war er per Post unterwegs gewesen, rund um den halben Globus. Im Grunde war es sogar erstaunlich, dass der Brief für die Strecke von New York nach Isfahan nur eine Woche benötigt hatte.
    Anthony schrieb, er habe seit der Rückkehr aus dem Sudan nach New York das Gefühl, verfolgt zu werden – vom schwarzen Dämon aus Wad Hashabi. Besser gesagt, von den schwarzen Dämonen, denn es waren mehrere. Bei ihrem letzten Streifzug durch Wad Hashabi sei er ihnen in die Quere gekommen.
    Außerdem schrieb er:
Habe im sudanesischen Küstendorf Aqiq einen Fischer namens Fasil Mgali ausfindig gemacht. Soweit ich seinem Kauderwelsch entnehmen konnte, verschwinden die Menschen aus Wad Hashabi immer dann, wenn kurz zuvor der »Sandmann des Oktopus« im Hafen von Aqiq aufgetaucht sei. Genaueres kann ich noch nicht dazu sagen.
Der beiliegende Film enthält Aufnahmen aus Wad Hashabi, die Mgalis Aussage unterstreichen. Glaube, ich bin auf eine heiße Spur gestoßen. Hoffe, ich verbrenne mir nicht die Finger daran. Melde dich bei mir. Könnte ein wenig Unterstützung gebrauchen! Anthony
    Lara schluckte. Diese Zeilen waren Anthony Nangalas letztes Lebenszeichen. Kurz nachdem er den Brief verschickt hatte, war er gekidnappt worden und seitdem wie vom Erdboden verschluckt.
    Sie fragte sich, ob sie ihm hätte helfen können, hätte man sie nicht ins Gefängnis von Anarak gesperrt. Eine unerträgliche Vorstellung. Lara fühlte sich scheußlich.
    Um auf andere Gedanken zu kommen, beschloss sie, den Film zum Entwickeln zu geben. Ein wenig frische Luft würde ihr gut tun. Ein paar Blocks weiter befand sich ein kleines Fotostudio.
    Als sie auf die Straße trat, regnete es noch immer.

30.
    A m Morgen versuchte Emmet Walsh vergeblich, sein Auto gegen eines mit intakter Klimaanlage zu tauschen. Doch alle infrage kommenden Modelle waren vermietet oder in Reparatur. Er spielte mit dem Gedanken, den Wagen zurückzugeben und sich bei einer anderen Mietwagenfirma umzusehen, ließ sich jedoch vom Mann hinter dem Schalter beschwatzen und gab sich schließlich mit einem Preisnachlass zufrieden.
    Den Rest des Vormittags verbrachte er damit, die Bücherei von Port Sudan nach Informationen über die mysteriösen Vorkommnisse in Wad Hashabi zu durchstöbern. Der Bibliothekar erwies sich als überaus hilfsbereit und

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