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Der zweite Gral

Der zweite Gral

Titel: Der zweite Gral Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris von Smercek
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Als Emmet die Wasseroberfläche durchbrach, befand sein Kopf sich plötzlich inmitten des Suchlichtkegels. Irgendjemand brüllte etwas. Das Schlauchboot wendete und raste plötzlich beängstigend schnell auf Emmet zu. Gleichzeitig legten die beiden Schützen ihre Gewehre an. Emmet konnte zwar keine Schüsse hören, sah aber das Mündungsfeuer, und um seinen Kopf herum spritzten dutzende kleiner Fontänen auf.
    Ehe er wieder ins schützende Nass hinabgleiten konnte, durchfuhr ihn plötzlich ein heftiger Schmerz am Oberarm. Die Verletzung brannte wie Feuer, aber er wusste, dass er sie ignorieren und sich auf das Treiben über Wasser konzentrieren musste, wenn er die Nacht überleben wollte. Er holte so viel Luft er konnte, biss die Zähne zusammen und tauchte ab. Irgendwo über ihm drehte das Schlauchboot seine Kreise.
    Sie werden so lange nach mir suchen, bis sie mich haben, dachte Emmet. Oder mich für tot halten.
    Ihm kam eine Idee. Dem Fluchtimpuls folgend, hatte er blindlings versucht, so schnell wie möglich Abstand zur Jacht zu gewinnen. Jetzt wurde ihm klar, dass er genau das Gegenteil tun musste. Seine Ausrüstung baumelte an einem Seil am Heck der Harmattan. Wenn es ihm gelänge, sie zu erreichen, würde er seinen Häschern entkommen.
    Er wartete, bis das Schlauchboot sich ein Stück weit entfernt hatte, um ein letztes Mal Luft zu schnappen. Dann tauchte er zurück zur Harmattan.
    Von unten wirkte die Jacht unheimlich: ein großer, stromlinienförmiger Rumpf, dessen schwarzer Schattenriss sich vor dem Lichtkranz der Schiffsbeleuchtung abhob wie ein Hai vor der Sonnenkugel. Emmet tauchte zum Heck und fand sofort, was er suchte. Eilig griff er nach dem Mundstück seiner Sauerstoffflasche, um ein paar Mal tief Luft zu holen. Danach fühlte er sich trotz seines schmerzenden Arms wieder besser.
    Während er im Wasser schwebte, legte er seine Ausrüstung an. Die Taucherbrille befüllte er mit ein paar Luftblasen, bevor er sie übers Gesicht zog. Jetzt endlich kam er sich der Situation gewachsen vor.
    Er warf einen Blick auf seine blutende Wunde, dachte unweigerlich an Haie und überlegte, ob er den Rückweg zur Küste sofort antreten solle. Doch da er wusste, dass die aufsteigenden Luftblasen ihn verraten konnten, beschloss er, so lange unter dem Rumpf der Harmattan auszuharren, bis die Männer ihre Suche einstellten.
    Eine halbe Stunde später war es so weit. Aus drei Metern Tiefe beobachtete Emmet, wie das Schlauchboot wieder an Bord geholt wurde. Auch das Beiboot, das inzwischen aus dem Hafen zurückgekehrt war, wurde aus dem Wasser gehievt. Danach dauerte es nicht mehr lange, bis die Schiffsdiesel angelassen wurden und die Jacht sich in Bewegung setzte.
    Emmet tauchte auf. Seine Sauerstoffflasche war inzwischen fast leer. Er zog die Taucherbrille ab und spuckte das Mundstück aus. Als er der Jacht hinterhersah, erkannte er, wie einige Männer ein paar leblos wirkende Gestalten aus den Kisten im Beiboot holten und unter Deck trugen.
    Eine frische Brise streifte übers Meer. Langsam schwamm Emmet zur Küste zurück.

31.
    Zur selben Zeit im Briggs-Center
Santa Barbara, Kalifornien
    D oktor Thomas Briggs stand am Panoramafenster seines Büros und nahm die Abendidylle, die sich ihm bot, genießerisch in sich auf. Sein Institut, das er vor Jahren gegründet hatte und seitdem leitete, befand sich rund hundertfünfzig Kilometer von Los Angeles entfernt. Es lag etwas außerhalb von Santa Barbara, eingebettet in die sanften Küstenhügel Kaliforniens. Von hier oben hatte man einen wunderschönen Blick.
    Obwohl es tagsüber neblig und kühl gewesen war, versprach der Abend schön zu werden. Vom Pazifik wehte nur noch eine laue Brise zum Festland; die untergehende Sonne spiegelte sich in der Weite des Ozeans. Einige Segelboote kreuzten vor der Küste, und Surfer hatten sich mit ihren Brettern am Strand versammelt, um ihrer Leidenschaft zu frönen. Früher hatte Briggs ebenfalls gesurft, aber diese Zeiten waren längst vorbei. Heute gab es für ihn nur noch das Institut, insbesondere seit seiner Scheidung.
    Das Briggs-Center, ein Sanatorium für Patienten mit organischen Schäden und Verschleißerscheinungen, war ein flaches, funktionelles Gebäude. Auf den Bildern der Ansichtskarten, die an der Anmeldung auslagen, sah es aus wie ein riesiger Bungalow. Es verfügte über sechzig Krankenzimmer mit ebenso vielen Betten, einen hochmodernen OP-Saal, einen dreißigköpfigen Stab von Ärzten, Krankenpflegern und weiterem

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