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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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gesehen. Denken Sie einmal nicht an ein Gespenst, sondern überlegen Sie sich, wer es gewesen sein könnte!«
    Siv Persson antwortete nicht. Sie verschränkte die Arme noch fester und presste die Lippen aufeinander. Tommy ging auf sie zu und legte ihr leicht eine Hand auf die Schulter. Sie zuckte zusammen, schüttelte die Hand aber nicht ab.
    »Wir wollen Sie nicht erschrecken, aber wir glauben, dass die Stadtstreicherin Gunnela Hägg ermordet wurde, weil sie den Mörder gesehen hat. Ihre Zeugenaussage lässt darauf schließen.«
    Tommy machte eine Pause, damit Siv Persson das Gesagte verdauen konnte, dann fuhr er fort:
    »Sie sind die einzige noch lebende Zeugin. Der Mörder ist lebensgefährlich, und zwar buchstäblich. Öffnen Sie nicht die Tür, wenn es klingelt und Sie nicht wissen, wer es ist. Und auch wenn Sie wissen, wer vor der Tür steht, sollten Sie es sich genau überlegen, damit es nicht zufällig eine Person ist, die sich als Schwester Tekla verkleidet hat.«
    »Pfui! Sie versuchen wirklich, mir Angst einzujagen!«
    »Dafür habe ich gute Gründe. Wir haben heute Vormittag Linda gefunden. Tot.«
    Siv Persson schwankte, als hätte ihr jemand einen kräftigen Schlag versetzt. Irene nahm die Krankenschwester beim Arm und führte sie zum Sessel im Wohnzimmer. Sie sank in sich zusammen und starrte vor sich hin. Kaum hörbar flüsterte sie:
    »Wie?«
    »Wie sie gestorben ist?«, fragte Irene zurück.
    Siv Persson nickte wortlos.
    »Sie wurde erhängt an derselben Stelle gefunden, an der sich Schwester Tekla das Leben genommen hat. Sie hing von einem der Dachbalken auf dem Speicher. Die Pathologin glaubt, dass sie seit ungefähr einer Woche tot ist.«
    »Dann ist sie in derselben Nacht wie Marianne gestorben«, sagte Siv Persson tonlos.
    »Das ist wahrscheinlich. Aber wir wissen es nicht sicher.«
    »War es … Selbstmord?«
    »Das wissen wir nicht. Wir müssen die Obduktion abwarten. Aber in Hinsicht darauf, was Marianne und Gunnela Hägg zugestoßen ist, muss ich meinem Kollegen zustimmen. Seien Sie vorsichtig. Sie sollten den Gedanken aufgeben, dass es sich um ein Gespenst gehandelt haben könnte! Gespenster ermorden niemanden. Das tun nur Menschen.«
    Das Gesicht der Krankenschwester sah aus wie eine Totenmaske. Es war vollkommen leblos. Sie nickte jedoch, um zu verstehen zu geben, dass sie gehört hatte, was Irene gesagt hatte.
    »Kommen Sie zurecht? Wollen Sie, dass ich jemanden anrufe?«
    Mit Mühe schüttelte die Krankenschwester den Kopf.
    »Ich bin es gewohnt, allein zurechtzukommen. Aber … wie kann jemand nur so grausam sein! Einfach junge Mädchen zu ermorden! Und diese arme Stadtstreicherin … Furchtbar!«
    Beide Polizisten nickten zustimmend. Unbegreifliche Grausamkeiten spielten sich in der alten Klinik ab.
     
    »Schwester Siv hat Recht. Das Ganze ist unbegreiflich, weil wir kein Motiv haben. Hätten wir ein Motiv, dann wäre es viel einfacher, dem Mörder auf die Spur zu kommen«, seufzte Irene.
    Tommy nickte. Sie saßen im Auto und fuhren die kurze Strecke zur Löwander-Klinik. Es war gegen drei, und sie wollten das Gespräch mit Sverker Löwander fortsetzen.
    Da klingelte das Autotelefon. Tommy nahm ab. Er sagte nicht viel und hörte fast nur zu. Daraus schloss Irene, dass der Kommissar am anderen Ende war. Sie beendeten das Gespräch. Ernst und verbissen sagte Tommy:
    »Das war Andersson. Die Stridner hat ihn gerade von der Pathologie aus angerufen. Linda wurde ermordet. Erst wurde sie mit einem Stück Flaggenleine erdrosselt und dann mit der restlichen Flaggenleine aufgehängt. Für die Schlinge hatte der Mörder die Leine doppelt genommen. Deswegen fehlte auch ein so langes Stück.«
    »Die Schlinge, mit der sie erdrosselt wurde, und die Schlinge, an der sie hing, sind also zusammen sechs Meter lang?«
    »Yes.«
    Schweigend fuhren sie den Rest der Strecke.
     
    Sverker Löwander war leichenblass. Er sah aus, als sei er vollkommen am Ende. Irene fragte sich, ob er an einer lebensbedrohlichen Krankheit litt. Seine Haare hatte er immer noch nicht gewaschen, und nach seinem Schweißgeruch zu urteilen, hätte ihm eine Dusche auch nicht geschadet. Er wirkte wie ein Mann, um den herum die Welt in Trümmer geht. Und so ist es auch, dachte Irene.
    »Setzen Sie sich.«
    Der Arzt sparte sich alle Höflichkeitsfloskeln.
    Vornübergebeugt saß er wie schon am Morgen auf dem Sessel der Bereitschaftswohnung. Tommy setzte sich auf das ungemachte Bett, und Irene zog sich den Schreibtischstuhl heran. Es

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