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Der zweite Mord

Der zweite Mord

Titel: Der zweite Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Tursten
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fiel ihr auf, dass sie jetzt genauso saßen wie schon bei ihrer ersten Unterredung. Während der vergangenen Stunden hat sich nichts verändert, dachte sie, berichtigte sich aber sofort. Eine wichtige Veränderung war eingetreten. Jetzt wussten sie, dass auch Linda Svensson ermordet worden war.
    »Ich würde Ihnen gerne ein paar Fragen über Linda stellen«, begann Irene.
    Löwanders Hautfarbe veränderte sich ins Grüngrau, er sah aus, als müsse er sich gleich übergeben. Nachdem er ein paar Mal tief Luft geholt hatte, sagte er:
    »Entschuldigen Sie. Aber das alles … nimmt mich ziemlich mit.«
    »Das verstehe ich. Erst die finanziellen Sorgen und dann noch die Morde. Wohl kaum die Reklame, die sich eine Privatklinik wünschen kann«, sagte Irene.
    »Wohl kaum die Reklame, die sich irgendein Krankenhaus der Welt wünschen kann«, sagte Löwander seufzend.
    »Um auf Linda zurückzukommen. Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
    »Am Montag, am zehnten. Sie hatte Frühschicht. Wir haben uns kurz nach der Morgenbesprechung gesehen. Ich war kurz im Schwesternzimmer, um nach einigen Papieren zu suchen, die auf Abwege geraten waren. Sie hätten eigentlich oben im OP liegen sollen.«
    »Was waren das für Papiere?«
    »Spielt das eine Rolle …? Nils Peterzéns internistische Daten. Sein Herz und seine Lunge waren ziemlich schwach. Es blieb kaum genug Zeit, noch alles vor der Operation durchzugehen …«
    »Wie wirkte Linda bei Ihrer Begegnung?«
    »Wie sie wirkte? Wie immer an einem Montagmorgen, wenn viel operiert wurde. Gestresst. Aber auch nicht mehr als gewöhnlich. Sie war ganz einfach so wie immer.«
    »Was hat sie gesagt?«
    Löwander legte seine vor Müdigkeit in Falten liegende Stirn in noch tiefere Falten. Einen Moment lang sah er aus wie fünfzig.
    »Wir sagten hallo und irgendwas über die Kälte … und ich fragte, wo die Papiere seien, und sie half mir beim Suchen. Dann fiel ihr ein, dass sie wahrscheinlich unten bei der Sekretärin liegen.«
    »Sie haben sie dann im Verlauf des Tages nicht mehr gesehen?«
    Löwander schüttelte den Kopf.
    »Ich verbrachte den Nachmittag und Abend auf der Intensivstation, weil es Peterzén sehr schlecht ging. Vielleicht habe ich sie gegen fünf auf dem Korridor gesehen, als sie sich auf den Heimweg machte. Aber ich bin mir da nicht sicher, ob das an diesem Montag war oder eine Woche zuvor … Ich bin unglaublich müde, vollkommen fertig!«
    Er verstummte und legte den Kopf in die Hände.
    »Was hatten Sie für eine Meinung von Linda?«, fragte Tommy.
    »Fröhlich, angenehm. Tüchtige Krankenschwester.«
    »Sie haben nie bemerkt, dass sie irgendein Problem gehabt haben könnte?«
    »Was für ein Problem?«
    »Ich denke da am ehesten noch an irgendein Drogenproblem.«
    Der Arzt schüttelte nachdrücklich den Kopf.
    »Nein. Absolut nicht! Genauso wenig wie Marianne Svärd. Marianne kannte ich nicht so gut, weil sie nachts gearbeitet hat. Aber ich bin mir sicher, dass keine der beiden Drogenprobleme hatte.«
    »Wir haben heute Nachmittag Bescheid von der Pathologie bekommen. Linda Svensson hat keinen Selbstmord begangen. Sie wurde ebenfalls ermordet.«
    Da übergab sich Sverker Löwander. Es ging so schnell, dass er sich nur noch nach vorne werfen und auf den Teppich kotzen konnte. Er erbrach keine größere Menge, da er offenbar nichts im Magen hatte. Ein saurer Geruch verbreitete sich im Zimmer.
    »Entschuldigen Sie«, murmelte er.
    Auf unsicheren Beinen stand er auf und ging auf die Dusche zu. Sie hörten, dass Wasser lief, und anschließend kam er mit Toilettenpapier in der Hand zurück. Eilig wischte er das Erbrochene auf und verschwand erneut in der Toilette.
    Als er zurückkam, öffnete er als Erstes das Fenster. Dafür war Irene dankbar. Der durchdringende Geruch war in dem kleinen Zimmer allmählich unangenehm geworden. Er setzte sich wieder auf den Sessel, fiel aber dieses Mal nicht wieder so hoffnungslos in sich zusammen. Er hielt den Rücken gerade und strahlte plötzlich eine Wachsamkeit aus, die er vorher nicht an den Tag gelegt hatte.
    Sehr förmlich sagte Sverker Löwander:
    »Entschuldigen Sie mein Auftreten.«
    Tommy lächelte freundlich:
    »Wir haben größtes Verständnis dafür, dass es Ihnen nicht gut geht.«
    »Unser Spezialist für die plastische Chirurgie hat mir vorige Woche, ehe er in die Skiferien fuhr, mitgeteilt, dass er sich im Juni pensionieren lassen will. Und heute hat der Anästhesist Konrad Henriksson gekündigt. Er hat bereits eine neue

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