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Der zweite Tod

Der zweite Tod

Titel: Der zweite Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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Größe eines Fahrstuhls hatte und die gleiche Beleuchtung. Siri öffnete den Geldschrank, nahm ein großes braunes Kuvert heraus und überreichte es Linda feierlich.
    »Du sollst dich setzen und es nachzählen.«
    Linda ließ sich auf Majas Bürosessel sinken und riss das Kuvert auf. Darin war eine Übersicht aller Bilder mit den Kaufsummen. Die ersten Bilder waren zu dem Preis weggegangen, den Linda mit ihrem Vater festgelegt hatte. Es war ein niedriger Einheitspreis. Dann brach das Galeristenfieber unter den Angestellten aus. Der Kaufpreis für Vivian war sehr hoch. Linda konnte das gar nicht glauben. Jemand hatte fünfzigtausend Kronen dafür bezahlt.
    Linda wollte Rikard anrufen und es sich erzählen lassen. Aber das brauchte sie gar nicht zu versuchen, erklärte Siri. »Der hat bis Weihnachten frei. Aber er hat bestimmt nichts abgezweigt, er mag dich und war ganz stolz auf seinen Preis. Es hat wohl mehrere Angebote gegeben. Er war so cool, auf den richtigen Batzen zu warten.«
     
    Linda fuhr mit der U-Bahn nach Hause. Sie wusste nicht, was sie empfand. So viel. Alles war dabei, Freude, Traurigkeit und Abschiedsschmerz, vor allem das Letzte. Sie wollte nie mehr Abschiedsschmerz spüren, das hatte sie sich nach Mamas Tod geschworen. Aber jetzt sah sie ein, dass man so nicht leben konnte. Eigentlich hatte sie das Paket noch in der Bar auswickeln wollen, aber das konnte sie ja zu Hause tun. Es war fast neun, als sie die Wohnungstür aufschloss. Vom Flur aus sah sie ihn durch die Küchentür. Papa stand vor dem Herd. Es roch nach überbackenem Käse.
    »Entschuldigung«, stöhnte sie. »Ich habe es vergessen!«
    Kjell trat auf sie zu und nahm sie in den Arm. »Was ist denn los mit dir?«, fragte er. Sie blieb ihm die Antwort lange schuldig und ließ sich in seinen Armen hin- und herwiegen.
    Papa servierte, und beim Essen erzählte erst sie und dann er. Sie hatte das schon gefühlt, schon länger. Es gab jemanden in seinem Leben. Sie hieß Ida! Ganz langsam kreisten seine Sätze um eine weitere Neuigkeit. Nachdem er es gesagt hatte, lächelte sie.
    »Es stört dich nicht, dass ich Mama betrogen habe?«
    »Nein, Papa. Ich habe heute mit Johns Frau Tee getrunken. Es stört mich also nicht.«
    Papa lachte. »Hat sie etwas gewusst?«
    »Nein.«
    »Du bist viel zu jung für solche Sachen. Wie willst du dich jetzt noch steigern?«
    »Mir wurden viele Sünden vergeben, weil ich viel geliebt habe. Das sagt Nura.«
    »Sünde? So ein Unsinn! Wo hat sie das denn her?«
    »Das steht in der Bibel.«
    »Gott will, dass man sich die Hände schmutzig macht, merk dir das.«
     
    Es war bald zwei, als sie schlafen gingen. Linda schloss die Tür ihres Zimmers hinter sich und legte das Paket aufs Bett. Sie kappte die Schnüre und öffnete das Papier. Einen Brief fand sie nicht.
    Sie betrachtete verwundert das Bild. Sie saß in dem Ledersessel in der Bar, vor ihr stand eine Tasse Kakao auf dem Tisch und Johns Whiskyglas.
     

Dritter Teil
Was in seinem Herzen war
     

     
     
    Ich habe zu Ende gebracht,
was in meinem Herzen war.
    Lehre des Königs Amenemhet
     

56
    Mittwoch, 12. Dezember
     
    Kjell beugte sich über Sofi herab. Sie lag schlafend auf dem Boden des Besprechungsraums in eine Decke gehüllt. Er berührte sie leicht an der Schulter. Sie erwachte sofort und zuckte heftig zusammen. Er sah sie erschrocken an. Sie strich sich das Haar aus dem Gesicht und wandte den Blick ab. Er flüsterte eine Entschuldigung, ging zum Waschbecken und füllte Wasser in die Kaffeemaschine. Immer wieder warf er verstohlene Blicke zu ihr hinüber. Sie rappelte sich langsam auf und faltete die Decke zusammen.
    Auf einmal stand sie neben ihm und legte ihre Hand zwischen seine Schulterblätter, eine Geste, mit der sie ihr Zurückschrecken ungeschehen machen wollte. »Wie spät ist es?«, fragte sie und sah ihm zu, wie er mit Kaffeepulver und Löffeln hantierte.
    »Sieben Uhr.« Sie machte keine Anstalten wegzugehen. »Kannst du dich noch an den Turmsprunglehrer erinnern, den wir im Sommer befragt haben?«, fragte er. »Miro hieß er.«
    Sie nickte.
    »Wenn man auf dem Bauch landet«, begann Kjell, »dann muss man sofort wieder hinauf und den Sprung wiederholen. Das ist ein ehernes Gesetz beim Turmspringen.«
    Sofi starrte auf die blubbernde Kaffeemaschine.
    »Hör auf, dich in anderen Abteilungen nach einer neuen Stelle zu erkundigen.« Er sprach leise und bestimmt. »Jede Versetzung ist ein Abstieg.«
    Sie zuckte zusammen. Wieso wusste er davon? Sie

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