Der zweite Tod
erst jetzt auf, obwohl sie den Namen spanisch ausgesprochen hatte. »John Osborne wohnt ganz oben im Haus.
Er ist aus Amerika und ein berühmter Maler. Dort arbeite ich seit einem Jahr. Und er hat gefragt, ob ich auch bei Petersson arbeiten will. Für mich ist das gut, zwei Kunden in einem Haus! Aber alle sind verrückt dort!«
Er bedankte sich und bat Teresa, bei einer Phantomzeichnung von Maria mitzuhelfen.
Um drei Uhr brach Sofi mit einem Laptop zur Wohnung von Carl Petersson auf, wo sie eine Kopie von der Festplatte seines Computers anlegen wollte. Sie versprach sich viel davon, denn Peterssons Computer war ein zwei Jahre altes Modell. Nach einem flüchtigen Blick in die Betriebseinstellungen war sie zu dem Urteil gekommen, dass er auch schon längere Zeit verwendet worden war. Auf der Festplatte hatte sie jedoch verdächtig wenige Dateien gefunden. Bestimmt war auf der Festplatte vieles gelöscht worden. Gelöschte Festplatten wieder zum Sprechen zu bringen, war eine von Sofis Stärken.
Die erste Auswertung des Zimmers hatte jedoch auch ergeben, dass Petersson das meiste handschriftlich erledigt und notiert hatte. Den Computer hatte er anscheinend nur für gewisse Zwecke verwendet, die Sofi noch nicht ganz verstand. Worauf sie in den Verzeichnissen stieß, das waren vor allem Endfassungen wissenschaftlicher Texte, während sich Notizen und Entwürfe dazu in handschriftlicher Form fanden.
Petersson hatte die gelöschten Dateien so fachmännisch beseitigt, dass selbst Sofi nichts mehr ausrichten konnte. Von nun an traute sie ihm alles zu.
Während Teresa beim Phantomzeichner saß, ließ sich Kjell von Viktoria berichten, was die Befragung der Nachbarn ergeben hatte. Aber bisher waren sie auf niemand gestoßen, der Petersson näher kannte oder gar etwas von den Ereignissen in der Nacht mitbekommen hatte. John Osborne hatte man nicht angetroffen. Viktoria konnte aber sagen, dass es sich nicht um ein Phantom wie Sahlin handelte, denn die Nachbarin aus dem fünften Stock hatte ihn am Vormittag das Haus verlassen sehen. Wie immer hatte er ihren Gruß nicht beachtet. Das hatte sich die Nachbarin gut gemerkt.
Kjell sah auf die Uhr. Für heute war es zu spät, um noch hinauszufahren. »Ich kümmere mich selbst darum«, sagte er zu Viktoria.
Am Abend wollte er Linda nach Osborne fragen. Wenn er wirklich als Maler bekannt war, dann musste Linda seinen Namen schon einmal gehört haben.
6
Um sieben Uhr trafen sich die vier wieder im Besprechungsraum zur »Abendandacht«. Nicht jeder Tag wurde von einer Besprechung eingeleitet und beendet, aber wenn sich so viel ereignet hatte, musste man sich am Ende austauschen.
Kjell konnte sich nicht mehr konzentrieren, den anderen ging es ebenso. Henning machte sich ein Bier auf. Alle waren seit der Nacht auf den Beinen.
Barbro hatte herausgefunden, dass die Bankverbindung, die sie unter der Schreibtischunterlage bei dem Passwort gefunden hatten, Peterssons Privatkonto war. Es war in ein Girokonto und mehrere Sparkonten aufgeteilt. Insgesamt befanden sich zehn Millionen Kronen darauf. Zudem existierten noch andere Guthaben. Petersson besaß Aktien. Durch diese Geldgeschäfte hatte er sein Erbe über die Jahre in ein solches Vermögen verwandelt. Das Erbe seiner Eltern hatte aus vier Millionen Kronen und zwei Immobilien bestanden.
»Ich habe Snæfríður vom Wirtschaftsdezernat gebeten, mir zu helfen«, erzählte Barbro. Vor Müdigkeit nuschelte sie schon ein wenig. »Sie bringt als gebürtige Isländerin alle Voraussetzungen mit, um Licht in dubiose Geldkreisläufe und Scheingeschäfte zu bringen.« Alle lachten. »Sie glaubt, dass alles rechtmäßig erworben ist und immer ordentlich versteuert wurde. Alles klar und nachvollziehbar. Sie hat mit dem Steuerberater telefoniert und die Steuererklärungen eingesehen. Was vor unseren Augen sichtbar ist, hat er rechtmäßig erworben. Unter den schwedischen Steuerzahlern kann Petersson als einer der Vorbildlichsten gelten.«
Die Wohnung in der Västmannagatan war Peterssons Eigentum. Die anderen Immobilien aus dem Erbe seiner Eltern hatte Petersson vor einigen Jahren verkauft und den Erlös in Aktien investiert, die sich gut entwickelt hatten.
»Ich habe vorhin mit Hans telefoniert«, sagte Henning. »Er hat bei der Leiche eine kleine Narbe an der Hüfte entdeckt. Das war der Hinweis auf die Herzerkrankung. Die Narbe ist höchstens wenige Wochen alt. Sie entsteht beim Einführen eines Herzkatheters. Den Kardiologen
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