Der zweite Tod
Finanzierung so gut wie geplatzt. Immer wieder sind jedoch größere Geldbeträge auf das Konto einbezahlt worden, und immer in bar.«
Kjell strich sich übers Kinn. »Ich frage mich, wie sie das am Jahresende dem Finanzamt verkaufen wollte. Wir können zum Spaß einmal annehmen, dass das Geld von Petersson stammt.«
»Das ist sogar sehr wahrscheinlich«, glaubte Snæfríður. »Mari Svahn ist dreiundzwanzig, aber wir haben keinerlei Verbindungen zu anderen Menschen entdeckt. Außer zu Kartl Pjätürrrssson.« Obwohl Snæfríður mit gutem Schwedisch glänzen konnte, sprach sie Namen immer noch oft isländisch aus, vor allem, wenn sie gehetzt war. »Das Geld stammt aber nicht von seinem Bankkonto. Es gibt keine Abhebungen, die sich im Betrag irgendwie mit den Einzahlungen deckten. Und Pjätürrrssson hat Mari auch nicht als Angestellte deklariert. Seit ihrem Studienabschluss vor einem Jahr bezieht sie kein offizielles Einkommen.«
»Warum überhaupt der Umweg über das Bargeld?«, fragte Henning. »Egal ob von Petersson oder nicht, das Geld ist nicht legal, wenn ihr mich fragt.«
»Mari Svahn hat nach dem Tod ihres Vaters die Bank gebeten, das Haus zu übernehmen. Die Bank sagt, das sei mit großen Verlusten verbunden, aber auf die Dauer ohnehin nicht zu vermeiden. Was soll sie auch mit dem Riesenklotz? Sie hat in der Vergangenheit große Summen in das Haus und die medizinische Versorgung ihres Vaters gesteckt. Dennoch erbt sie jetzt einen Berg von Schulden.«
»In Schweden kann man Schulden nicht erben«, erklärte ihr Henning.
»Es gibt immer Schulden zu erben, mein Guter. Das Geld muss sie über ihren eigenen Namen beschafft haben.«
Henning lachte ernst auf und schüttelte den Kopf. Das bedeutete, dass er besorgt war. »Wenn ihr mich fragt, ist das das Mordmotiv. Der Vater ist tot, sie lässt alles stehen und liegen, holt sich das Geld für ein neues Leben von Petersson und legt sich am Mittelmeer an den Strand.«
»Wie sieht es mit dem Erbe aus?«, fragte Kjell.
Henning und Snæfríður schüttelten den Kopf.
»Petersson hat sich wohl nicht darum gekümmert«, glaubte Henning. »Jedenfalls hat er kein offizielles Testament hinterlegt. Vielleicht untermauert das unsere Vermutung. Mari kann ja gewusst haben, dass es kein Testament gibt, das sie begünstigt.«
Die Klingel ertönte, und Linda Cederström stürmte zur Tür. Barbro trug ein grünes Abendkleid. Linda genoss die fauvistische Kombination des Grüns mit dem Orange ihrer Haare und hatte spontan die Idee zu einem Bild. Barbro trug ein funkelndes Collier um den Hals. In der Linken hielt sie eine durchsichtige Konsum-Einkaufstüte mit Windeln und Babykram. Auf dem rechten Arm saß die kleine Emelie, die sich an Barbros langen Ohrringen festkrallte und sie sich in den Mund stecken wollte. Barbro verzog vor Schmerz das Gesicht.
Linda hatte sich sorgfältig gekämmt, um einen zuverlässigeren Eindruck zu machen. Das Babysitten war die Gegenleistung für die Fahrstunden. Es war die erste Nacht. Linda war sehr aufgeregt und nahm Barbro geistesgegenwärtig die Tüte ab.
»Und wenn ich im Schlaf auf sie draufrolle?«
»Deswegen bringe ich sie lieber hierher als zu Henning.«
In der Küche erklärte Barbro ihr, wie man ein zweijähriges Kind satt bekam, ohne es dabei umzubringen. Anschließend gab es eine Reihe weiterer Ratschläge. Linda hörte gespannt zu. Sie gingen in Lindas Zimmer.
»Und dann hast du noch den grünen Ed.« Barbro zog ein viereckiges Ding aus der Tasche.
Linda betrachtete Ed ratlos. Er war aus weißem Plastik, zwei Metallstifte ragten daraus hervor. »Warum heißt er grüner Ed?«
Barbro schaltete das Licht aus und steckte Ed in die Steckdose. Er verbreitete einen schwachen grünen Schimmer. »Deshalb.«
»Und warum Ed?«
Barbro seufzte. »Denk mal scharf nach, du Physikgenie.«
»Kann sie einschlafen, wenn du nicht da bist?«
»Wenn Ed brennt, schläft sie.«
»Ed!«, rief Emelie begeistert.
Barbro schaltete das Licht wieder ein. Sie hatte es eilig, in die Oper zu kommen, verabschiedete sich von ihrer Tochter, ohne zu versäumen, auch ihr einige Ratschläge zu geben, damit nichts schiefgehen konnte.
15
»Magst du die Bilder?«, fragte die Bedienung. Sie hieß Maja.
Ida nickte und lächelte. Sie hätte der Frau gerne von ihr und Linda erzählt. Das Wochenende war eine ihrer liebsten Erinnerungen, und ganz unmerklich hatte sich danach bei ihr die Haltung verändert, ob sie einmal Kinder haben wollte.
»Sie sind von
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