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Der zweite Tod

Der zweite Tod

Titel: Der zweite Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Scholten
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sich so geäußert hatte. Später hatte Mari sich heimlich mit dem Mann getroffen und ihn instruiert, sich in der folgenden Zeit sexuell uninteressiert zu zeigen. Die Frauen waren von dem Verhaltenswechsel irritiert, übernahmen dann selbst den treibenden Part, und als das nichts nutzte, wurden die meisten aggressiv. So aggressiv, dass sie schlugen. Eine hatte gebissen. Madeleine hatte ihn nie geschlagen, aber einmal in einem anderen Zusammenhang zugebissen.
    In Kjells Augen machte Maris Entdeckung die Frauen noch liebenswerter. Ihr Paarungsverhalten war in jedem Fall ausgefallener als das der Männer, daran änderte auch Maris Arbeit nichts. Er verließ das Café, schlenderte den Sveavägen hinunter und verbarg sich im Eingangsbereich der überfüllten Buchhandlung. Eine Viertelstunde lang sah er Ida beim Kassieren und Einsortieren einer Ergänzungslieferung zu. Einmal blickte sie für einen Moment in seine Richtung und strich sich die Haare aus dem Gesicht. Sie sah ihn nicht.
     

18
    Polizeiinspektorin Sofi Johansson saß am Mittag im Schlafanzug am Küchentisch ihrer Wohnung in der Sofiagatan. Der Küchenboden war voller Skizzen und Notizen. Am frühen Nachmittag zog sie sich an und fuhr mit der grünen Linie zu Peterssons Wohnung. Dort versuchte sie, am Computer neue Informationen über den Server zu finden. Technisch ließ sich das Passwort nicht umgehen. Nur die ehrliche Lösung öffnete die Tore. Sie musste also weiter an der Entschlüsselung arbeiten. Dazu zog sie alle Bücher aus den Regalen, die von Hieroglyphen handelten, und stapelte sie auf dem Boden um den Tisch herum. Sie zog auch Bücher über den Diskos zurate, denn das Zeichengitter des Passworts glich äußerlich den Entzifferungstabellen, die in Peterssons Unterlagen viel Raum einnahmen. Von den Zeichen auf dem Diskos hatte Sofi keine Ahnung, aber das Prinzip war nicht schwer zu erkennen: Eine Tabelle gab Auskunft über die Häufigkeit eines Zeichens, eine andere darüber, wie oft ein bestimmtes Zeichen neben einem anderen vorkam. So versuchte man zu ermitteln, ob ein Zeichen für einen Laut, eine Silbe oder eine Bedeutung stand. Ein Zeichen kam dort auffallend oft vor, ein Kopf mit einem Irokesenhaarschnitt. Die Diskos-Hieroglyphen sahen bei weitem nicht so vollendet aus wie die Hieroglyphen der Ägypter.
    Alles wirkte so unproportioniert und verschoben wie ein Athener Vorort.
    Eine Sache ließ sie aufmerksam werden.
    Die Diskos-Schrift bestand aus fünfundvierzig verschiedenen Zeichen.
    Das Eingabefeld für das Passwort hatte fünfundvierzig Stellen.
    Das Zeichengitter des Passwortzettels hatte aber fünfzig Zeilen, verdammt. Das waren fünf zu viel. Wie sollte sie von fünfzig auf fünfundvierzig kommen? Am einfachsten wäre es doch gewesen, wenn man aus jeder Zeile im Gitter eine Stelle im Passwort bilden könnte. Aber dann war das Passwort am Ende immer noch fünf Stellen zu lang.
    Sie hatte tausend Ideen, dies zu lösen. Aber bei keiner hatte sie den Eindruck, auf die Lösung gestoßen zu sein. Man musste es einfach ausprobieren und die Lösung eingeben. Welche Ideen sollte sie für die drei Versuche auswählen, die der Computer ihr gestattete? Wer sich so ein System ausdenkt, baut doch auch Fallen ein. Sie musste eine Lösung finden, die sie überzeugte, bevor sie sie eintippte. Petersson könnte bedeutungslose Zeichen eingebaut haben.
    Und eine weitere Sorge beschlich sie. Das ganze Gitter könnte ein Scherz sein. Petersson hatte über das Passwort die Überschrift »Passwort« notiert. Als schriebe man über ein Fenster »Schöne Aussicht«, dachte Sofi.
    Sie hatte die Buchstabenfolgen bereits zahlreichen Fachleuten vorgelegt. Niemand hatte sie als Sprache erkannt. Am Ende hatte sie eine beunruhigende Idee. Wenn es nun die Diskos-Sprache selbst war?
     
    Kjell kehrte erst um Viertel nach eins zu Alva Sundins Studentenwohnung zurück. Diesmal öffnete Alva selbst die Tür. Sie trug Jeans und einen Pullover, auf dem man noch die Knicke sehen konnte. Er hatte lange gefaltet im Schrank gelegen. Vielleicht trug sie ihn nur zu besonderen Gelegenheiten.
    Kjell dachte an Stoffpuppen, bei denen die Haare angeklebte Wollfäden sind. So sahen Alvas Haare aus. Ihre Aussprache klang, als stammte sie aus Schonen oder dem südlichen Småland. Er war sich nicht sicher, ob sie wirklich von dort stammte. Ihre Nasenflügel waren so schmal, dass sie damit wahrscheinlich nur Schonisch und Französisch sprechen konnte.
    Ungefragt goss ihm das blasse Mädchen

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