Der Zweite Tod
kannte drei der aufgeführten Personen. »Und vor ges tern?«
»Ich bin um acht gekommen und abends um sechs mit dem Wagen zurückgefahren.«
Barbro beendete das Verhör und ging in ihr Büro zurück. Zusammen mit Sofi suchte sie alle fünf Namen im Personalverzeichnis der SHF. Leider handelte es sich ausschließlich um Frauen. Am Montag hatte eine gewisse Selma Hildingson den Wa gen in der ent sprechenden Zeit ausgelie hen.
»Hat aber nicht ausgestempelt«, sagte die Spinne im Netz nach einem kurzen Blick in den Computer.
Barbro rief bei SHF an, ließ Selma ans Telefon holen und fragte, was sie am Montag getan habe. Selma war in der Buchhaltung und hatte am Montag dasselbe getan wie an den dreihundert Montagen davor, nämlich Belege verbucht und abgeheftet.
»Du warst nicht außer Haus?«
»Herr gott, jetzt wäh rend des Jah resabschlus ses?«
»Bist du schon mal mit dem blauen Honda gefahren?«
»Hm?«
»Bist du dienst lich unter wegs?«
»Wohl kaum. Der Jahresabschluss!«
Barbro zog sich beim Aufstehen ihre Jacke über die Schultern und eilte in die Garage. Sie fuhr zu SHF. Dort gab es zwei Empfangssek retä rin nen. Sie be stätig ten ihr, dass es vier Autos gebe, die privat und dienstlich genutzt wurden. Barbro verlangte eine Liste darüber, welchen Mitarbeitern sie am Montag den Schlüssel ausgehändigt hatten. Es gab eine solche Liste, doch sie war für die Zeit am Montag für sämtliche Fahrzeuge leer. Die beiden Sek re tä rinnen be standen da rauf, dass sie die Schlüs sel die ganze Zeit unter Verschluss gehabt hatten. Barbro erkundigte sich nach Dupl ikat en und wurde an Fohli ns Sekret ärin verwiesen.
Sie fuhr wieder zurück. Es lag Schneematsch auf den Straßen, und der Verkehr floss zäh. Sie kam erst um zwei Uhr wieder im Prä sidium an. Die Ver höre hat ten noch nicht begon nen. Sofi war mit ihrer Auswertung noch nicht fertig. Barbro betrat Verhörraum zwei, wo Helena Äkesson vor einer Tasse Kaffee, einer Thermoskanne und dem schwedischen Tagblatt saß. Barbro grüßte kurz und flüchtig. Helena rückte sich auf dem Stuhl zurecht.
»Ich brauche die Wagenschlüssel für die vier Autos«, sagte Barbro. »Wo liegen die?«
Hel ena sah sie erschrocken an. Barbro bemerkte erst jetzt, dass sie den Kern der Sache getroffen hatte.
»Ja«, begann Helena lang und breit. »Wir haben Reserveschlüssel bei der Geschäftsleitung.«
»Gut, prima.« Sie zog das Fahrtenbuch aus der Mappe, schlug den Montag auf und deutete auf den Namen der Buchhalterin. »Wer hat hier den Schlüssel von dir bekommen?« Barbro sah sie hart an und musste den Gedanken an Emelie verdrängen, der in ihr immer wieder aufstieg. Sie durfte jetzt nicht milde dreinbli cken.
»Ich habe kei nen Schlüs sel he rausgege ben.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. »Jeder in der Geschäftsleitung hat Zugriff darauf.«
»Da gibt es einen Mann mit kurzen Haaren und schwarzer Lederjacke.« Sie zog den Farblaserausdruck aus der Mappe und hielt ihn Helena hin. »Sag mir, wer das ist.«
Helena beugte sich vor, um das Bild zu betrachten, und ließ sich wieder gegen die Lehne des Stuhls zur ückf all en. Dann sah sie Barbro in die Augen. »Ich habe einen fünfzehnjährigen Sohn. Er kommt um fünf aus der Schule.«
»Kann er sich heute selbst versorgen?«
Sie nickte.
Barbro verstand, dass Helena Äkessons Bemerkung mehr grundsätzlicher Natur gewesen war, eine, die nicht nur diesen Abend betraf, sondern den Rest des Lebens.
»Der arbeitet nicht bei uns, kommt aber oft zu Fohlin. Er geht ein und aus. Ich weiß nicht, was der tut.«
Barbro reichte der Frau Schreibblock und Kugels chreiber. »Notier bitte, wann er zuletzt da war.«
59
Dieselbe Zusammensetzung wie am Morgen traf sich um drei Uhr wieder im Besprechungsraum. Jetzt ging alles um Sofi. Sie spielte die Aufzeichnung des Telefonats zwischen Tyra und Kenneth Fohlin am Morgen vor. Tyra berichtete atemlos, dass jemand vor der Tür stehe und klingle. Kenneth beruhigte sie und sagte, das sei wie erwartet die Polizei. Sie solle öffnen und alles so ma chen wie be sprochen.
Sofi stoppte die Aufnahme. »Die Sache ist aber anders und nicht zu unserem Vorteil. Fohlins Mobiltelefon war am Wochenende wirklich die ganze Zeit in der Villa, und Tyra hat ihn vom Telefon der Eltern aus mehrmals auf dem Festtelefon der Villa angeru fen und jedes Mal ei nige Mi nuten lang mit ihm gesprochen.«
»Wir müssen davon ausgehen, dass er es nicht selbst getan hat«, erwiderte Kjell gelassen.
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